Schöpfungsgeschichte

Aus Spielerinfos von Alathair
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Im welchem Ursprung beginnt die Geschichte der Welt Alathair? Die Schöpfungsgeschichte beschreibt die Erschaffung der Welt durch Eluive, die Entstehung der Rassen und Völker und erklärt den Grund für den beständigen Kampf zwischen den beiden Gottheiten Alatar und Temora.

Wer die Geschichte nicht direkt im Wiki lesen möchte, kann sie sich gerne auch hier als PDF Datei ziehen.

Kapitel Eins - Der Gesang der Götter

Dort, wo sich Dunkelheit und Stille zusammengefunden hatten, weilte Eluive und lauschte dem Nichts. Wie die Noten eines Liedes reichten sich ihre Gedanken die Hände und formten eine Melodie, die sich wie ein Sonnenstrahl einen Weg durch die Finsternis bahnte und das leere Schweigen mit Leben erfüllte. Eluive sang zu dieser Melodie und die harmonischen Klänge verneigten sich zu Gestein.
»Es hat also begonnen«, dachte Horteras, als er den Gesang seiner Schwester in der Ferne hörte. Er hatte sie gewarnt – und doch war die Melodie so schön, dass sie seine zweifelhaften Gedanken bannten und er in Frieden den Klängen lauschen konnte.
Und Eluive sang weiter, denn sie erwartete zwei Kinder. Sie wusste, dass der Klang ihrer Stimme dazu gemacht war, neue Welten zu formen. So wollte sie eine Welt schaffen, auf der ihre beiden Kinder leben und aufwachsen könnten. Das Gestein nahm Form als, als ihr Gesang weiter durch ihn durchdrang. Wie ein Wurm fraß er sich durch das harte Material; übrig blieben Berge, Höhlen und Täler. Als Eluive der Melodie gebot, sich niederzulegen, gehorchte sie. Flüsse und Sehen entstanden, deren Plätschern noch heute daran erinnert, wie der schöpferische Gesang klang.
Eluive betrachtete das Werk ihrer Musik und sie war zufrieden. Ihre Kreativität war jedoch lange nicht ausgeschöpft. Gestirne hatten sich aus den Klängen gebildet, die weit zu hören gewesen waren. Ihnen gebot Eluive, Instrumente zu spielen. In der göttlichen Harmonie mit dem Wasser und den Instrumenten der Gestirne wurde das Land fruchtbar und Eluive gebot den Pflanzen, in die Höhe zu wachsen. Gräser, Sträucher, und Kräuter wuchsen so heran. Sie war angetan von der Vielfalt der Pflanzen und erschuf größere Pflanzen, die alle anderen überragten. Eluive schenkte ihnen sogar ein eigenes Lied, das Lied des Waldes.
Entzückt von ihrer Schöpfung betrachtete Eluive die neue Welt. Doch etwas fehlte in der harmonischen Landschaft. Leben. Es fehlte Leben, welches Veränderung bringen sollte. So schuf Eluive die Tiere in ihrer Vielfalt und ein jedes auf seine eigene Art und Weise fähig, mit dem Leben und seiner Umwelt unbefangen umgehen konnte. So schien die Welt im ersten Moment perfekt.
Doch Eluive wollte mehr. So wagte sie den Schritt, vor dem sie ihr Bruder Horteras eindringlich gewarnt hatte. Eluive nahm ein Stück Erde und etwas ihrer lieblichen Melodie und formte daraus ein weiteres Geschöpf. Sie gab ihm den Namen ›Mensch‹. Es war ein Mensch wie Du und ich; nur von seiner Schönheit her war er perfekt. Aber der Mensch war einsam.
Eluive spürte sein Verlangen. Zwar hatte er ein Heim, das einem Paradies glich, dennoch sehnte er sich nach einem Gleichgesinnten, mit dem er reden, singen und sich freuen konnte. So gab Eluive dem Bedürfnis ihres Geschöpfes nach und erschuf seinem Abbild nach einige Männer und Frauen. Außerdem verlieh sie ihnen die Kraft, sich selbst fortzupflanzen. Horteras trat an seine Schwester heran. Ihm stand die Bewunderung ins Gesicht geschrieben, als er die Welt betrachtete, die Eluive geschaffen hatte.
»Eluive«, sprach der dann zu ihr. »Du solltest sie nicht namenslos lassen.«
»Recht hast du, Bruder«, antwortete die Göttin. »Ich nenne die Welt so, wie die Melodie beschaffen ist. Harmonie … ›Harmonie‹.«
»Ala’thair«, sagte Horteras, als er den Planeten mit Frohsinn besah. »Freie Harmonie.«
»So sei es«, sagte Eluive und fortan war Alathair der Name dieser Schöpfung; eine Welt, die Eluive für ihre Kinder geschaffen hatte. Und bald war es so weit und sie würde gebären.
Alathair würde bereit sein müssen.

Kapitel Zwei - Nilzadan

Es waren friedliche Zeiten, als die Menschen Alathair bevölkerten. In ihrer Kreativität zeigten sie, dass sie wahrlich Geschöpfe Eluives waren. Sie erfanden simple Werkzeuge, um sich die Arbeit zu erleichtern. Sie pflanzten wunderschöne Gärten an, in denen die Pflanzen blühten und gediehen. Und sie dankten Eluive in ihren Gebeten für ihre Existenz. Alles war gut, wie es war.
Die Menschen sollten aber nicht mehr Eluive selbst huldigen, sondern ihrer Kinder, die die Schutzpatrone und Fürsorger von Alathair sein sollten. Eluive macht sich zu einem Berg auf, den die Menschen Nilzadan (Geburt) oder auch Götterberg tauften. Es war nicht der einzige Ort, dem sie einen Namen gaben. Die Menschen benannten ganze Länder mit den schönsten Namen. Eluive fand Gefallen daran, dass ihre Geschöpfe aus ihrer Sprache eine Kunst entwickelten.
Eluive verweilte in den Höhlen Nilzadans für ein Jahr der Götter. Und dort gebar sie ihr erstes Kind. Sein Name war Getares (der Erste). Getares hatte ein menschliches Gesicht; seine Gestalt glich aber der eines großen Vogels. Obwohl das Geschöpf wie alle Gottheiten ohne Geschlecht war, erschien es den Menschen eher männlich denn weiblich. Standhaft war sein Gefieder, das in jeder Farbe glänzte. Je nachdem von welcher Seite aus man Getares betrachtete, erschien es so, als würde das Farbspektrum wechseln. Die Gestalt Getares war für die Menschen dennoch nicht greifbar, da er nicht auf Fleisch und Blut bestand.
Getares wusste noch nicht sonderlich viel von seinen göttlichen Mächten, lernte sie aber mit der Zeit kennen. So schaffte er es, durch den Raum zu wandeln, sich für das Auge einfacher Geschöüfe unsichtbar zu machen. Eluive schenkte ihm außerdem Verstand und trug ihm die Verantwortung über die Menschen auf. Ihr Sohn nahm den Auftrag entgegen und erkundete Alathair. Die Melodien der Gestirne verrieten ihm dabei alles, was er über die Menschen wissen sollte.

Eluive begab sich währenddessen ein zweites Mal nach Nilzadan. Sie gebar ihren zweiten Sohn Alatar (Freier Gedanke). Alatar hatte den Körper einer Raubkatze. Ihr Fell schimmerte und wechselte jede Sekunde die Farbe.
Alatar erhielt von seiner Mutter einen Auftrag. Er sollte für das Wohlbefinden der Tierund Pflanzenwelt sorgen. So erhielt auch Alatar den nötigen Verstand, um seine Mission erfüllen zu können. Er dankte seiner Mutter und begann mit der Erforschung Alathairs, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.
Beide Kinder Eluives waren zunächst sehr damit beschäftigt, ihre eigenen göttlichen Kräfte kennenzulernen. Es lag ihnen sehr am Herzen, sich um ihre Schützlinge so fürsorglich kümmern zu können wie nur möglich. Eluive verweilt derweil in der Sphäre um Alathair und gab ihren Kindern Zeit, ihre Fähigkeiten zu schulen und für die Bewältigung ihrer Aufgaben zu wachsen.

Kapitel Drei - Paia und die Saat

Nach wenigen Götterjahren merkte Alatar, dass seine Kräfte von seiner Aufgabe niemals vollkommen ausgeschöpft werden würden. Außerdem sah er, wie die Menschen Getares anbeteten und ihm dafür dankten, was er für sie tat. Alatar aber blieb frei von dieser Gunst, als wäre es der Tier- und Pflanzenwelt egal, was er für sie tat. Fortan kümmerte er sich deshalb nicht mehr um sie, sondern begann damit, sich in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Doch seine guten Taten dankten sie nicht ihm, sondern weiterhin seinem Bruder Getares; wussten sie doch nicht, dass es Alatars Handeln war.
Viele Tiere spürten, dass Alatar ihnen keine Aufmerksamkeit mehr widmete. Sie wurden zornig. In ihrem Hunger überfielen sie Siedlungen und griffen die Menschen an. Doch Alatar zeigte dafür kein Interesse mehr. Er besuchte seine Mutter und bat darum, ebenfalls den Menschen dienen zu dürfen.
»Aber warum kommst du nicht deiner eigenen Aufgabe nach?«, fragte Eluive. »Warum lässt du die Tiere zornig werden?«
Alatar wandte sich sodann ab von seiner Mutter. Sein Fell verlor das farbige Schimmern und wurde von Tag zu Tag immer dunkler; bis dass es nur noch schwarz glänzte.
In seinem Zorn raubte Alatar Jungfrauen aus Varuna, einer der größten Siedlungen der Menschen. Er stahl ihnen den Verstand, entstellte ihre Gesichter und misshandelte ihre Körper so, dass sie wie Vögel aussahen. Alatars anfänglicher Neid war zu Hass herangewachsen; so hatte er den Frauen unbewusst die Gestalt seines Bruders Getares gegeben. Als Alatar dies bewusst wurde, tötete er ein Drittel der Kreaturen. Die anderen ließ er entfliehen, damit sie bei den Menschen Angst und Schrecken verbreiten konnten. Die Wesen sind seither als die Schicksalstränen Varunas bekannt.
Alatar wurde mit der Zeit immer zorniger und stellte einen Plan auf, um die Menschen für sich zu gewinnen. Sie sollten ihm folgen, nicht seinem Bruder.
So begab sich Alatar zu der Siedlung Fetrali und suchte sich eine junge Frau, um sie zu schwängern. Ihr Name war Paia und ihre Schönheit war einzigartig auf Alathair. Ihr Haar glänzte schwarz und ihre Haut war von der Sonne selbst gezeichnet. Paia schlief, als Alatar sich an ihr verging und die Saat des Hasses in ihre Gebärmutter pflanzte.
ötterjahr dauerte die Schwangerschaft Paias. Die anderen Bewohner Fetralis machten sich große Sorgen um die junge Frau, denn sie hatte keinen Mann und es war unüblich, dass eine unverheiratete Frau ein Kind erwartete – vor allem über einen so langen Zeitraum. So erklärten einige Menschen aus der Siedlung, man sollte sie verbrennen, weil etwas Böses von ihr ausging. Andere aber bestanden darauf, dass man Getares rief, um ihren Patron um Rat zu fragen.
Und schließlich riefen sie Getares, den Freund der Menschen, um Hilfe. Als er in Fetrali erschien, betrachtete er Paia und erkannte sofort die Ursache des Problems. Tränen rollten das menschenähnliche Gesicht herab, als er um die Tat Alatars weinte. Er wusste, dass Paia die Saat seines Bruders so tief in ihr trug, dass es nicht möglich war, sie zu entfernen, ohne die Frau dabei zu töten. Getares aber brachte es nicht über sein Herz, Paias Leben zu beenden, denn ihre Schönheit war der einer Göttin gleich. So weinte er und die Tränen ließen den Boden gefrieren. Getares entschied sich zu warten, bis Paia die Saat ausgetragen hätte. In dieser Zeit kümmerte sich Getares besonders um die Siedlung Fetrali. Aber auch andere Menschen brauchten seine Hilfe, denn die Schicksalstränen Varunas fielen oft über Bauern und Reisende her und zerrissen ihre Körper wie wilde Tiere.

Die Zeit Paias war gekommen und sie gebar das Kind Alatars. Die Schmerzen, die sie dabei hatte, waren so groß, dass sie von ihnen aufgefressen wurde und Paia sterben ließen. Die Menschen Fetralis riefen nach Getares. Ihre verzweifelte Trauer wandelte sich in Zorn und sie töteten das Kind Alatars.
Und so hatte Alatar den Hass in die Welt gebracht. Er ließ die Menschen taub werden für die Melodien, die die Gestirne spielten. Aus Liebe wurde Misstrauen. Die Menschen hatten Angst, dass Alatar unter ihnen war, denn sie kannten seine Gestalt nicht.
Getares nahm Paias Körper mit zum Nilzadan und beweinte die Tote dort für eine lange Zeit. Er bat Eluive, sich an seinem Bruder rächen zu dürfen.
»Du willst eines meiner Kinder töten«, fragte sie ihn, »so, wie er eines deiner Kinder tötete?« Getares erkannte seinen Fehler und bat seine Mutter um Verzeihung. Er blieb ein Götterjahr in Nilzadan und wachte über den Leib Paias.
Alatar aber blieb in dieser Zeit nicht untätig. Er hatte es geschafft, die von Zorn und Hass erblindeten Menschen für sich zu gewinnen, indem er ihnen Lügen über Getares und Eluive erzählte. Er schürte ihren Hass immer weiter. Die Menschen, die er in seinen Bann ziehen konnte, wollten schließlich gegen Getares in den Krieg ziehen und ihn von dieser Welt verbannen oder sogar töten.

Kapitel Vier - Der Bruderkrieg

Die Menschen fürchteten sich, denn niemand konnte wissen, welche Teufeleien Alatar und seine Anhänger als Nächstes im Schilde führen würden. Er hatte schon viele Menschen in den Tod gerissen und die Angst fraß sich in ihren Verstand. Einige entschieden sich daher, Alatar anzubeten, um dem Tod zu entrinnen. Doch ebenso viele wandten sich an Getares und baten um Schutz.
Riss fuhr durch die Menschheit. Dörfer bekriegten sich untereinander und selbst innerhalb dieser Gemeinden war man sich nicht immer einig, welcher der Götterbrüder der Patron des Dorfes werden sollte. Diese Zeitperiode trägt heute noch den Titel Bruderkrieg. Nicht nur Alatar und Getares bekämpften einander, auch ihre Anhänger schreiben Geschichten in der Sprache der Gewalt. Selbst innerhalb von Familien erntete Alatar seine bösartigen Früchte des Hasses.
Unter Feuer und Asche war dies eine Zeit des Elends und der Not. Doch aus diesem Leid sollte neue Hoffnung geschöpft werden.

Die Angurer

Aus den Trümmern eines Dorfes im Norden, welches den Namen Bal’thar trug und im Bruderkrieg durch Alatar vollkommen zerstört wurde, erhoben sich drei Männer; Angur, Irias und Björn. Sie waren mittleren Alters und den Verhältnissen des Nordens entsprechend kräftig und zäh gebaut.
Aus den Überresten Angurs machten sie ein Lagerfeuer und beredetet, was sie tun sollten. Ihre Frauen und Verwandten waren verbrannt oder wurden von den Dienern Alatars verschleppt. Hass keimte in ihren Herzen. Sie hassten Alatar, weil er ihre Angehörigen umgebracht hatte. Sie hassten aber auch Getares, weil er seinen Bruder nicht aufgehalten hatte. Angur und Irias waren zwar nur Bauern und Björn ein Hirte, aber wer mit einem Hirtenstab umgehen konnte, der würde das sicherlich auch mit einer Axt oder einer Hellebarde schaffen. In der Vergangenheit hatte man ihnen einmal alles genommen; in der Zukunft würden sie vorbereitet sein.
Angur nahm sich eine Axt, Irias einen Bogen und Björn ein Breitschwert. Sie wirkten von Weitem wie eine Räuberbande, doch wenn man sich ihnen näherte, konnte man den Schmerz in ihren Gesichtern lesen, der sie zu dem gemacht hatte, was sie nun waren.
Langsam und ohne Ziel trotteten sie vor sich hin. Ihr Weg führte sie nordwärts bis in das nächste Dorf, welches dicht an der Vegetationsgrenze lag. Sie fanden Unterkunft in einem verlassenen Haus und ein Lagerfeuer half ihnen, die Nacht zu überstehen.
Die Dorfbewohner waren von den Ereignissen des zerstörten Bal’thar erschüttert, als sie von dessen Schicksal erfuhren. Sie baten die Männer, bei ihnen zu bleiben und Teil ihrer Gemeinschaft zu werden. Die Anwesenheit der drei und die Kunde über das Ende von Bal’thars sorgten dafür, dass sich die Streitereien in dem Dorf kurzzeitig legten. Hass und Neid waren vorerst vertrieben.
Es dauerte aber nicht lange – Angur, Irias und Björn hatten sich erst eingelebt –, da keimte erneut Misstrauen unter den Bewohnern auf. Der Hass hatte zurückgefunden und zerstörte die jüngst gewonnene Einigkeit des Dorfes.
Angur forderte die Menschen auf, einzuhalten und sich an Bal’thar zu erinnern, doch nur wenige schenkten ihm Gehör. Ein stämmiger Mann namens Ulf stellte sich Angur entgegen und beschimpfte ihn als Anhänger Getares’. Angur aber hegte noch immer seinen Hass gegen beide der Götterbrüder. Wut stieg in ihm auf, als er die Anschuldigung hörte, doch er zähmte sie.
»Weder Alatar, noch Getares, nenne ich meine Herren«, antwortete er Ulf mit friedfertiger Stimme.
sahen die Menschen nun zu ihm auf. Bisher hatten sie nie daran gedacht, keinen der Götter zu verehren. Diese Sichtweise erweiterte ihren Horizont.
Ulf aber wurde zorniger und zorniger. Alatars Hass hatte sich schon zu tief in sein Herz gefressen. So griff der Mann nach einer Keule, die an einer Hauswand lehnte, und stürmte brüllend auf Angur zu. Kurz bevor die Waffe Angur treffen sollte, kreuzte ein Breitschwert ihren Weg. Holz splitterte und die Klinge des Schwertes blieb in der großen Keule stecken. Nachdem sich Ulf von der Überraschung erholt hatte, hob er erneut seine Waffe. Das Schwert löste sich und landete hinter ihm auf der Erde, während die Umstehenden davor zurückwichen.
Der darauf folgende Schlag traf Björn mit voller Wucht.
Eine gespenstische Stille folgte, als Björn leblos zusammensackte. Ein Windhauch wehte Björns langes Haar in die Blutlache, die sich langsam unter seinem toten Körper bildete. Ulf begann zu lachen. Es war eine Genugtuung für ihn, Björn tot vor sich liegen zu sehen, doch gleichzeitig wuchs der Durst nach mehr; mehr Blut für Alatar. Angur, sein eigentlicher Gegner, lebte noch und sollte das nächste Opfer werden.
Ulf nahm den Griff des Schwertes und ging nun mit beiden Waffen auf Angur zu. Dieses Mal behielt er auch den zweiten Freund besser im Auge. Iras zielte bereits mit seinem Bogen auf ihn und warnte davor, noch einen Schritt weiterzugehen. Als der Hüne nicht stoppte, ließ er den Pfeil los. Doch der ungeübte Schütze hatte kein Glück und verfehlte Ulf ein paar Daumenbreiten. Zu spät wich der Schütze dem Schwerthieb aus. Blut quoll aus der Wunde an seinem Arm und vom Schock gelähmt starrte Irias der Keule entgegen, die ihn als Nächstes treffen sollte.
Angur blieb nicht tatenlos und schwang seine Axt. Er erwischte Ulf am Hals und brach ihn zum Stürzen. Rippen brachen und Irias’ Luft wurde abgeschnürt, als der Körper des Hünen auf ihn fiel und den Schützen unter sich begrub. Ulf Kopf kullerte über den harten Erdboden und blieb auf dem Stumpf liegen. Das Gesicht des Toten war noch immer hasserfüllt und kalt.
Mit Mühen befreite Angur seinen Freund Irias von Ulfs Rumpf. Als er vorsichtig seinen Kopf anhob, erkannte Angur aber schon, dass der Lebensodem Eluives seinen Freund bereits verließ. Angur weinte und schloss die Augen seiner beiden Freunde. Seine Tränen strich er ihnen auf die Stirn.
Dann sah Angur sich um.
Es herrschte betretenes Schweigen ihm ihn herum. Von den drei Fremden, die das Dorf einst aufgenommen hatte, wurden zwei von einem der ihren umgebracht. »Seht euch an, was euch eure Götter bringen!«, sprach Angur laut und fordernd. »Ist es das, was ihr wollt? Nicht weiter als den Tod?«
Ein älterer Mann trat hervor. »Sag und, was wir tun können! Wir stehen in deiner Schuld!« »Mich hält hier nichts mehr.« Angur schüttelte den Kopf. »Lebt euer Leben und denkt an meine Worte. Entsagt den Göttern oder sterbt mit ihnen zusammen.« Er bahnte sich einen Weg aus dem Menschenkreis heraus, als der Alte erneut sprach.
»Deine Worte sind weise. Lass mich dich begleiten.«
end schaute Angur zurück und seine Blicke schweiften umher, während sich immer mehr Menschen zu dem Alten stellten. Dort, wo sein Blick von einem anderen Augenpaar gestreift wurde, erntete er ein sachtes Nicken. Kein einziger Bewohner des Dorfes wollte sich den Machenschaften von Alatar weiterhin aussetzen.
»Ich gehe dorthin, wo kein Mensch je zuvor gewesen ist. In die Eiswüste.«
Seine Worte wurden erneut mit einem Nicken beantwortet. Angur begann zu verstehen. Dieses Dorf voller Männer, Frauen und Kinder wollte seinem Beispiel folgen. Doch hatten sie allein nicht die Kraft, den Göttern zu entsagen. Sie brauchten einen Führer, der bis dahin offensichtlich Ulf gewesen war.
So erteilte Angur seine ersten Anweisungen. Proviant wurde eingepackt, Zelte wurden hergestellt und Pferde wurden beladen. Innerhalb von drei Tagen waren die Vorbereitungen der Wanderung abgeschlossen und die Menschen hatten ein neues Ziel. Es ging voran, niemand empfand mehr Neid, Hass oder Angst. Und schließlich konnte die Reise beginnen.
Die Anhänger Angurs zogen weit in den Norden. Die Eiswüste war eine Halbinsel und nur über einen schmalen Pass betretbar. Es dauerte einen und einen halben Tag, bis alle Angurer den kalten Ort erreichten. In der Nacht fegte ein gewaltiges Gewitter über den Norden Alathairs hinweg. Blitze durchzuckten die Nacht und trennten die Halbinsel vom Festland.
Der nächste Morgen war erfüllt von verzweifeltem Jammern. Der ›Heimweg‹ war abgeschnitten; der Punkt ohne Wiederkehr war erreicht. Aber Angur schenkte ihnen neue Hoffnung, indem er ihnen versprach, dass Alatar ihnen niemals hierher folgen würde und sie nun Frieden hätten.
Ein großes Lager wurde errichtet und ein Feuer entfacht. Die Kälte war zwar lebensfeindlich, aber die Angurer waren Kälte gewohnt, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Mit der Zeit gewöhnten sie sich daran, dicke Kleidung zu tragen. Angur beschäftigte sich lange damit, Riten zu erschaffen, mit welchen man Alatars Hass aus seinem Herzen verbannen konnte. Er wurde zu einem mächtigen Führer des Nordens. Seine Anhänger nannten sich seitdem mit Stolz Angurer.

Todesschreie

Alatar hatten unterdessen ganz Alathair in einen Krieg geworfen. Frauen waren heimatlos und Kinder weinten. Es herrschte Chaos.
Alatar erfreute sich an dem Anblick und verhöhnte Getares.
»Sie her, wie du deine Menschen unter Kontrolle hast«, rief er seinem Bruder zu. »Sie haben Angst!«
Doch Getares antwortete nicht. Zu sehr war er damit beschäftigt, Kraft zu sammeln, um Alatar die Macht über die Menschen zu nehmen.
Alatar lachte laut auf, als er sah, was Getares versuchte. Er nahm einen großen Felsen und schleuderte ihn gegen seinen Bruder. Stark taumelte Getares und fiel zu Boden. Seine Flügel waren geknickt und nicht mehr zu gebrauchen.
Nun sah Alatar seine Chance. Wenn er Getares endgültig beseitigen würde, könnte er über alles und jeden herrschen. Er nahm den Felsen und formte daraus einen großen Speer mit Widerhaken. Bevor Getares erahnte, was Alatar vorhatte, durchbohrte ihn die Spitze in der Höhe, wo bei einem normalen Vogel das Herz zu erwarten war.
Getares schrie auf. Seine Rufe waren bis zu den Gestirnen zu hören bis auch seine letzte Kraft auf Alatar übergegangen war. Der übrig gebliebene Bruder sog die Kraft in sich auf, wie ein Durstiger kühles Wasser trank.
Eluive erschrak, als sie die Schreie Getares’ hörte, waren sie doch so grell und noch nie zuvor zu hören gewesen. Augenblicklich begab sie sich an den Ort, vom dem die Schreie ausgingen. Alatar sah seine Mutter kommen und versuchte, sich hinter einem großen Berg zu verstecken.
Eluive weinte. Sie weinte lang und ausgiebig und verstand nun, warum Horteras sie einst gewarnt hatte. Ihre Tränen sammelten sich um Getares und zogen ihn in die Tiefe. Gezeichnet von diesem Ereignis würde dieser Ort für lange Zeit kein schmackhafte Früchte bringen oder Lebewesen beherbergen.
Eluive spürte etwas Seltsames. Sie hatte eine grausame Vorahnung, was passieren würde, wenn Alatars Macht gewachsen wäre und zu was er fähig wäre. Sie zog sich zurück nach Nilzadan, dem Ort, dem selbst Alatar einen gewissen Respekt entgegenbrachte und ihn mied. Auch die Menschen hörten Getares’ Todesschreie und alle Streitereien waren für kurze Zeit vergessen, denn die Schreie reinigten ihren Geist und es kehrte Frieden ein, der von der Trauer um Getares’ Tod überschattet war.

Die Menekaner

Im Süden Alathairs spielte sich eine ähnliche Szene wie im Norden ab.
In den schweren Zeiten waren die Anhänger Eluives eine Minderheit. Einer von ihnen mit dem Namen Saajid begann damit, Gleichgesinnte um sich zu sammeln. Er zog von Dorf zu Dorf und erzählte von einer Vision, die er hatte. Sie sprach davon, wie Eluive ein neues Land für die Menschen bereithielt.
Einige Menschen glaubten ihm, andere verspotteten ihn und vertrieben ihn aus den Dörfern. So hatte Saajid eine kleine Schar von fünfzig Männern und Frauen um sich gesammelt und begab sich mit ihnen auf Wanderschaft. Er selbst wusste nicht, wohin die Reise gehen sollte, doch hielt er seine Jünger in dem Glauben, dass Eluive selbst ihn führen würde. Sie wanderten sie einige Monate umher.
Als Alatar seinem Bruder Getares das Leben nahm, ergoss sich plötzlich ein gigantischer Regen; die Tränen Eluives. Saajid und seine Schar sahen den Niederschlag von Weitem und sie waren die einzigen Zeugen dieses Ereignisses. Der Regen befeuchtete die Erde, welche sich in den Himmel erhob. So entstanden die Salzberge von Cantar.
Saajid und seine Schar fielen auf die Knie, beteten zu Eluive und dankten ihr für das Zeichen. Frischen Mutes gingen sie auf ihr neues Land zu. Der Regen dauerte ein halbes Götterjahr. Die Wiesen und Felder wurden salzig und die Früchte, die sich hervorbrachten, ungenießbar. In den ersten Monaten dieser Zeit waren die Bewohner von Menek’Ur (Neues Land) unglücklich darüber, denn mehr und mehr drohte ihnen eine Hungersnot. Und als der Regen nachließ, verdorrte das bis dahin grüne Land und wurde zu seiner steinigen Steppe.
Saajid erklärte, dass Eluive auch weiterhin für sie sorgen würde und dass es nur eine vorübergehende Zeit der Trockenheit wäre. Doch es kam anders. Die Menschen fühlten sich immer unwohler mit der Zeit und ihr Führer Saajid war in die Höhlen der Berge verschwunden. Die Sonne brandmarkte ihre Haut. Der Wüstensand verbrannte ihre Füße. All diese Einflüsse veränderten die Menschen und über die Zeit hinweg lernten sie das Überleben in dieser Wüste von Menek’Ur. Wasser ›ernteten‹ sie aus Kakteen. Wüstenfrüchte und Tiere stellten die tägliche Nahrung dar.
Aber das genügte den Menschen nicht. Sie waren das Warten leid und beschimpften Saajid. Sie wollten ihn umbringen. Saajids Söhne aber hielten die Menekaner zurück und erzählten ihnen, dass ihr Vater das Geschenk Eluives gefunden hätte. Es war genau das, was das Leben in diesem Land so unerträglich gemacht hatte. Das Salz.
Saajid hatte in den Bergen die Salzvorkommen gefunden. Es hatte nur etwas gedauert, bis er verstanden hatte, wie das Salz einzusetzen war. Es dauerte ein halbes Götterjahr, aber endlich konnte Saajid seinem Volk erklären, wie man Salz abbaute und wozu man es gebrauchen konnte.

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Kapitel Fünf - Das Schicksal Alathairs

Alatar streunte in der Welt umher.
Überall schienen die Menschen wieder Frieden gefunden zu haben. Zwar gab es noch immer hier und da Streitigkeiten, aber nichts, was man dem Anderen nicht verzeihen konnte. Alatars Werk schien durch den Tod Getares’ zerstört worden zu sein. Wut stieg in dem Panther auf und in seinem Zorn verfluchte er ganz Alathair.
Eluive hatte sich nach Nilzadan zurückgezogen, um zu trauern, wie der Peiniger Getares’ vermutete. Ihm war es nur Recht. So hatte er Zeit, größerer Pläne zu schmieden und dieses Mal würden sie von niemandem durchkreuzt werden.
Alatar hatte Getares’ Macht in sich aufgenommen und er begann zu spüren, wie mächtig er werden könnte, wenn er genug Zeit hätte. Er tauchte in das Wasser Alathairs ein und sein gegenstandsloser Körper versank ohne eine einzige Welle.
Unten, in den Tiefen des Meeres, wo es nicht mehr weit bis zum Mittelpunkt der Welt war, bereitete Alatar seinen Plan vor.

Eluive weilte in Nilzadan, doch war sie keineswegs untätig. Sie spürte, dass Alatar sich von diesem Ort fernhalten würde und damit war eines klar – wenn sie ein neues Kind in die Welt setzen würde, wäre es an diesem Ort am sichersten.
So gebar sie ihr drittes Kind Temora (Befreier), eine Tochter. Temoras Gestalt glich einem Menschen, wenngleich auch sie geschlechtslos war und nur ihre Züge weiblich anmuteten. Nun war die Zeit gekommen. Im Geschlecht der Götter war es üblich, nur zwei Kinder zu gebären. Eluive merkte, warum dies so war. Sie spürte, dass sie an Macht verloren hatte. Daher war es wichtig, dass Temora erst einmal ihre Macht entdeckte, bevor sie Alatar gegen- überstehen würde.
ve suchte nach Alatar, denn je eher sie ihren Sohn finden würde, desto länger könnte sie versuchen, ihn von Temora abzulenken und ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Vielleicht war noch eine Tür in seinem Herzen nicht durch Neid und Hass verschlossen. Eluive durchstreifte Wälder und Wiesen; Berge und Täler. Wo sie auch hinkam, hatten die Menschen ihn entweder vergessen oder lange Zeit nicht mehr gesehen.
Die Göttin begann zu zweifeln. Hatte Alatar während ihrer Suche nun doch Nilzadan mit seiner bösartigen Anwesenheit entweiht und Temora womöglich schon getötet? Schnell eilte sie zurück und fand ihre Tochter unversehrt vor. Gleißendes Licht trat aus Temoras Augen und ruhig sprach sie zu Eluive.
»Er ist auf dem Meeresgrund, Mutter. Er bereitet das Ende vor.«
Eluive glaubte ihr. Selten wurde von sogenannten Sehern gesprochen im Geschlecht der Götter. Aber es gab sie und Temora war eine von ihnen. Sie hatte die Gabe, Gedanken zu lesen und in die Zukunft zu sehen.
Eilig suchte Eluive das Meer und tauchte tief in das Gewässer, bis sie Alatar entdeckte, der mit seinen Tatzenhänden auf den Meeresgrund einschlug und sich ein gewaltiger Riss zwischen ihnen auftat.
Eluive tauchte um Alatar herum und in den Spalt hinein, bis dieser den Mittelpunkt Alathairs erreicht hatte und die Welt zu zerreißen drohte. In diesem Moment gab Eluive ihren Körper auf und hielt mit all ihrer Energie ihre Schöpfung zusammen. Ein gewaltiges Beben folgte und der Riss wurde von Erde und Schlamm zugeschüttet. Eluives Körper wurde in seiner Mitte begraben.
Alatar verfluchte seine Mutter und auch Horteras verfluchte er, als sein Plan vereitelt wurde. Als er das Festland wieder erreichte, rief er sein Klagen zu den Gestirnen hinauf.

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Kapitel Sechs - Die Seherin

Auch Temora fühlte das Erdbeben.
Sie wurde von tiefster Trauer und Wut ergriffen, als sie den Verlust ihrer Mutter verspürte. Eluive war zwar nicht tot, doch konnte sie den Mittelpunkt Alathairs nicht verlassen, ohne dass dies den Untergang der Welt bedeuten würde.
Es war die erste Erfahrung, die Temora in ihrem jungen Dasein erleben musste. Sie schwor sich, dass sie alles tun würde, um den Willen ihrer Mutter zu erfüllen. Aber die Seherin war schwach und ihre Fähigkeiten würden noch nicht für einen Kampf gegen Alatar ausreichen, der irgendwo auf Alathair wütete.
Nilzadan war zwar ein sicherer Ort, aber würde er so lange sicher bleiben, bis Temora gelernt hatte, ihre Kräfte einzusetzen? Hatte Alatar eventuell schon geahnt, dass sie hier war? Ihre Macht konnte es ihr nicht sagen. Sie wusste es nicht. Sie würde Hilfe brauchen, denn alleine würde sie gegen ihren Bruder nicht bestehen können.
Da kam ihr ein rettender Gedanke.
Temora hatte ein anderes Götterwesen in der Sphäre Alathairs gespürt. Horteras. Bittend versuchte sie, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
»Horteras, ich bitte dich. Hilf mir! Diese Welt braucht deinen Schutz und deine Macht!«
e du, Temora, bin auch ich ein Seher«, antwortete Horteras sodann. »Ich warnte deine Mutter vor der Erschaffung dieser Welt. Ich prophezeite ihr, was kommen würde und was sie opfern müsste. Doch ihre eigene Musik betörte sie so sehr, dass ich sie nicht überzeugen konnte. Nun sieh sie dir an! Gefangen in ihrer eigenen Schöpfung! Verbannt, das Erdenreich von unten zu sehen!«
»Was siehst du, wenn du in die Zukunft siehst?«, fragte Temora erstaunt. »Welche Hoffnung hat Alathair?«
Horteras schwieg. Er wusste, was gesehen würde, wenn er nichts tat. Für seine Enthaltung war es schon zu spät, war es doch, der das Festland geteilt hatte, um den Angurer Sicherheit zu verschaffen. Horteras haderte mich sich selbst. Die Entscheidung fiel ihm sehr schwer. »Entsende sie!«, flehte Temora ihn an. »Schicke Phanodain und Cirmias!« Sie hatte schon längst gesehen, um welche Entscheidung Horteras’ Gedanken kreisten.
Und so entsandte Horteras seine beiden Söhne Phanodain und Cirmias. Phanodains Gestalt glich einem Fuchs und sein Verstand war weise, sein Handeln klug. Cirmias dagegen ähnelte einem Bären, der aber menschliche Hände hatte, die geschickt und stark waren. So gelangten die Söhne Horteras’ zu Temora, um sich mit ihr zu beraten. Die Tochter Eluives schilderte die Lage Alathairs. Ein Pakt des Lichts war geschlossen.

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Kapitel Sieben - Der Pakt des Lichtes

Cirmias hatte den Auftrag, Nilzadan zu versiegeln. Alatar sollte diese Stätte nicht entweihen können. Doch Cirmias hatte nicht vor, Nilzadan sich selbst zu überlassen. Er erschuf deshalb Wesen, welche den Berg bewachen sollten. Klein waren sie, damit sie sich durch die Tunnel des Berges schlagen konnten. Stark und geschickt waren sie, damit sie sich den Berg als Lebensraum zu eigen machen konnten. Cirmias erschuf zehn Dutzend dieser Wesen und nannte sie Khaz-Aduir (Wächter des Berges; Zwerge).
Dann versiegelte er den Berg und suchte die Städte der Menschen auf, um ihnen das Verständnis der Handwerkskunst zu geben. Auch die Nachfolger Angurs und die Bewohner des Wüstenreiches segnete er mit dem Wissen des Handwerks. Die Menschen schrieben alles nieder, wie die großen Bibliotheken heute noch bezeugen können.
Phanodain erschuf Geschöpfe, die den Menschen ähnlich waren. Sie hatten zwar nicht deren Stärke, doch ihre Gewandtheit ist nach wie vor unübertroffen. Phanodain erschuf sie im Einklang mit der Melodie der Gestirne und vererbte den Geschöpfen seine Weisheit. Er war zufrieden mit seinem Werk und gab ihnen die Aufgabe, das Gleichgewicht der Magie Alathairs zu wahren. Er nannte seine Geschöpfe die Edhil (Bewahrer des Wissens; Elfen) und hauchte ihnen den Gesang des ewigen Lebens ein. Kein Edhil sollte sterben, bevor er selbst dazu bereit war, zu einem Teil der Melodie zu werden, aus der er erschaffen wurde; so er nicht gewaltsam dem Klang der Weltenmusik entrissen wurde.
Dann begab auch Phanodain sich nach vollendetem Werk – ebenso wie Cirmias – zu den Völkern der Menschen, um ihnen ein wenig Wissen mit auf den Weg geben zu können.

Alatar war auf das Treiben der Söhne Horteras’ aufmerksam geworden. Er hatte die Erschaffung der Edhil ungesehen beobachten können. Da kam ihm ein neuer Gedanke. Doch sein Plan musste erst reifen.
te bis sieben der von Phanodain geschaffenen Wesen alleine waren. In der Form eines Panthers suchte Alatar sie auf. Die Edhil waren ohne Kleidung und erkundeten die Umgebung. Alatar folgte ihnen auf leisen Pfoten, überholte sie dann geschwind und stolzierte vor ihnen her.
Die Edhil erfreuten sich über den Anblick des Panthers, dessen Fell so herrlich in allen Farben schimmerte; irgendwie aber immer dunkel und mysteriös erschien. Sie folgten ihm eine Weile und ignorierten die harmonischen Klänge der Gestirne, die sie warnen wollten.
Tief in den Wald führte Alatar die Gruppe bis zu einer Lichtung. Dort verschwand er auf einmal spurlos und ließ die Edhil allein. Nur sein Flüstern konnten die Sieben hören, doch verstanden sie es nicht. Wie konnte man diese Sprache sprechen? Wer war dieser rätselhafte Panther? All diese Fragen hätte die Melodie der Gestirne beantworten können, doch die Edhil standen noch immer unter dem Bann Alatars und blieben taub.
Ihr Drang nach Wissen war so stark ihn ihnen, dass sie sich mit ihrer eigenen Neugier fesselten.
»Panther, lehre uns deine Sprache!«, rief einer der Gruppe.
Es kam keine Antwort und wieder rief der Edhil: »Lehre uns deine Sprache, Panther!«
Die Sieben sahen sich im Wald um. Die Ruhe war ungewöhnlich. Alle Tiere hatten den Wald verlassen, als sie die Anwesenheit des Panthers spürten. Nur die Bäume sprachen in tiefen knarrenden Geräuschen miteinander.
»Panther, bitte erhöre uns! Lehre uns deine Sprache!« Bald wurde aus dem Rufen ein Flehen.
Nun kam Alatar auf die Lichtung zurück. Er hob den Kopf und antwortete ihnen: »Lernt meine Sprache und tut, was ich euch gebiete!«
Zuerst waren die Edhil skeptisch und berieten sich untereinander.
»Lehre uns deine Weisheiten, Panther«, kam schließlich die Antwort, »und wir geloben, dir zu dienen.«
Die Bäume um die Lichtung herum beklagten sich mit langem und lautem Knarren. Ein Wind fegte über den Wald hinweg. Plötzlich froren die sieben Edhil am ganzen Leib. Sie beschlossen, ein Feuer zu machen.
Alatar freute sich daran, denn die Geschöpfe waren ein großes Geschenk für seine Sache. So lehrte er sie eine neue Sprache, die sie für die Harmonien der Gestirne taub machte. Immer wieder hörten sie nur die Stimme Alatars, deren giftige Melodie ihre Herzen und ihren Verstand verkümmern ließ. Schließlich waren die Sieben blind für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit. Sie beteten Alatar an, ihnen eine Aufgabe zu geben. Doch der Panther versteckte sie im Wald und versprach, dass ihre Zeit kommen würde.
te auf Alathair ein wenig Ruhe ein. Die Menschen wandten sich an die Weisen, wenn sie Probleme hatten. Selbst bei Rechtsprechungen war das Wort eines Edhil immer sehr geschätzt. Es war eine Zeit, in der die Welt aufblühte. Und so wurden auch die sieben vermissten Verführten nach einiger Zeit vergessen.

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Kapitel Acht - Die Magier von Tirell

Ruhe war eingekehrt.
Oberflächlich betrachtet erweckte es tatsächlich diesen Anschein. Die Menschen entwickelten sich. Sie schrieben Erfahrungen auf, bereisten die Welt, errichteten prachtvolle Bauten und sammelten Wissen.
Es entstanden zwei Gemeinschaften, die sich der Magie widmeten. Die einen bevorzugten, das Wissen zu sammeln und dieses nur an ausgewählte und verantwortungsvolle Menschen weiterzugeben. Diese wurden die Magier von Tirell genannt. Die anderen waren nur daran interessiert, wie sie den größten Nutzen aus der Magie schaffen könnten. Es stellte sich heraus, dass Drohungen mit Magie in der Hinsicht durchaus wirkungsvoll waren. Die Zauberkundigen dahinter gaben sich selbst den Namen Arkorither.
Beide Gemeinschaften wussten von der Gewalt, die in der Magie steckte, doch der Orden der Arkorither gierte geradezu nach der Macht, die sich ihnen offenbarte. Kein Experiment lie- ßen sie aus, um die Effektivität ihrer Zauber zu erhöhen. So verschwanden hier und da vereinzelt Nutztiere von Bauern – oder gar selten kleine Kinder. Schnell wuchs der Respekt, den die Menschen den Arkorither zollten. Sie fürchteten sich gar vor ihnen und wollten nichts mit dem Orden zu tun haben.
Korow, der Anführer der Arkorither und einer der bösartigsten Menschen seiner Zeit, erkannte diese Angst. Doch auch ihm war es nicht bewusst, dass er eigentlich unter der Gnade Alatars stand, die ihn so mächtig werden ließ.
»Lasst uns die Bauern unterjochen!«, sprach Korow zu seinen Arkorithern. »Wer uns nicht dienen will, wird sterben oder kampfunfähig gemacht! Bei Morgengrauen brechen wir auf.« Die Arkorither hatten eine grausame Tradition. Sie schnitten sich am Abend vor einem Kampf in die Hand und bestrichen ihre Waffen mit ihrem eigenen Blut. Oft hatten sie damit schon vor der Schlacht eine ungeheure Angst bei ihren Gegnern ausgelöst. Die Schnittwunden heilten sie mittels ihrer Magie, wenn sie schliefen.
Der Klang von aufeinandertreffendem Stahl und Entladungen von Energie, die durch die Luft zuckten, waren an diesem Tag die Morgenmelodie für das Dorf Tonia. Viele unterwarfen sich der erschreckenden Gewalt der Arkorither. Wer zu fliehen versuchte, musste mit seinem Blut oder gar seinem Leben bezahlen.
Die schreckliche Nachricht um das Dorf verbreitete sich schnell. Die Botschaft schürte Angst, die sich Korow zunutze machen wollte. Ein ängstlicher Hund bellt. Hunde, die bellen, beißen nicht. So wollte er wieder zuschlagen, um sich das nächste Dorf zu eigen zu machen – je schneller, desto besser.
Aber die Menschen in den umliegenden Dörfern reagierten. Die Schwerter, Speere und Schilder, die ihre Behausungen beschützen sollten, mehrten sich. Außerdem entsandte man Boten zum Orden von Tirell. Wenn sie die Arkorither stoppen wollten, dann würden sie das nur gemeinsam schaffen. Man erwartete den nächsten Angriff am nächsten Morgen.
s Mitternacht schlug, fand ein Pferd seinen Weg in Tonias Nachbardorf Varuna. Das Ross zog einen verkohlten Sattel hinter sich her, an dem der Unterleib eines Spähers zu erkennen war. Es wurde Alarm geschlagen und ein weiterer Reiter nach Tirell entsandt.
»Lasst sie nur kommen!« Die Bewohner Varunas bereiteten sich auf den Kampf vor. »Wir werden unsere Vettern aus Tonia rächen!«
So versuchten sich die Menschen aus Varuna Mut zuzusprechen. Sie stellten Schützen auf, schickten Frauen und Kinder auf den Weg zum Fischerdorf Bajard im Süden.
Die Arkorither bewegten sich wie ein Schatten in der Nacht. Die Bogenschützen von Varuna fanden zuerst kein Ziel, doch endlich waren auch die Magier aus Tirell eingetroffen. Ein Feuerball am Himmel erhellte die Nacht. Das flackernde Licht enttarnte die anrückenden Arkorither und sie wurden mit Pfeilen beschossen. Und schon fielen die ersten beiden der schwarz gekleideten Zauberkundigen.
Gleichzeitig jagte ein gewaltiger Energieball einen der Schützenstände hoch. Durch die Explosion fing das geschichtete Stroh Feuer. Für den Schützen, den die Salve frontal erwischt hatte, war jede Hilfe zu spät.
Wild rufend stürzten sich die Krieger Varunas auf die Arkorither, während die Schützen eine zweite und letzte Salve auf die Schwarzmagier feuerten. Die Magier von Tirell unterstützten die Krieger. Die Schlacht war nun in vollem Gange. Bis zum Morgengrauen kämpften sie gegeneinander. Das Feld füllte sich mit den Körpern der gefallenen Arkorither und ihren Widersachern, bis die Männer aus Varuna die überhand gewannen.
Cherom, ein stämmiger Mann, der die Krieger Varunas in den Kampf geführt hatte, versenkte schließlich sein Schwert in die Schulter von Korow. Dieser schrie auf und konzentrierte seine letzte Kraft auf den Varunesen. Die Energie umschlang den Krieger und ließ seine Haut in weißen Flammen aufglühen.
Als die anderen Arkorither erkannten, dass ihr mächtiger Führer zu Boden sank, überkam sie die Furcht. Die meisten der Kriegsmagier flüchteten in ihrer Angst. Diejenigen, die stur weiterkämpften, wurden von den Kämpfern Varunas geschlagen.
Nachdem die Arkorither überwältigt waren, traten die Soldaten Varunas und die Magier aus Tirell zum Gegenangriff an. Als sie bei der Festung des Ordens ankamen, hatten sich die Arkorither dort verschanzt. Die Tirellmagier schickten Flammen bis in die höchsten Zinnen der Burg, sodass sie nach und nach in sich zusammenfiel.
Sie fanden vier leblose Körper der Kriegsmagier. Es gingen Gerüchte umher, dass einer entkommen wäre. Dennoch war die Bedrohung beseitigt. Der Orden der Arkorither wurde nie wieder errichtet und der Überlebende existierte nur in einem Mythos weiter.
em Kampf nannten die Magier von Tirell den Sitz ihres eigenen Ordens Halle der Macht. Sie legten strengen Wert darauf, nur Auserwählte zu einem Magier auszubilden. Mit dem Sieg über die Arkorither blieb den Menschen das Echo einer einzigen Frage: Würde die Zeit der Kriege niemals aufhören?

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Kapitel Neun - Die Sieben. Der Eine. Und das Bündnis.

Alatar saß stolz auf einem Bergkamm.
Er sah auf die Sieben herab, die sich in ihrer neu erlernten Sprache unterhielten. Sein Werk war vollendet. Die Letharen (Vergifter) waren geschaffen. Ihr verkümmertes Herz war bereit für den Auftrag, den Alatar für sie hatte.
»Wo bist du, schwarzer Panther?«, riefen sie nach Alatar. »Wo bist du, Gebieter der Sieben?«
»Ich bin hier«, erschallte die Antwort.
»Gib uns eine Aufgabe, schwarzer Panther! Wir wollen dienen!«
»Ihr müsst euch vermehren«, sprach Alatar.
»Wie sollen wir das machen? Wir sind alle Männer!«
»Geht und sucht Menschenfrauen, die euch gefallen. Schleppt sie hier her. Sie sollen eure Kinder gebären. Verführt sie, aber nutzt nicht die Sprache, die ich euch lehrte!«
Sie verließen die Letharen die Lichtung und entführten sieben Frauen der Menschen, schwängerten sie uns sicherten damit den Fortbestand ihres Volkes.
Die Zeit kam, in der sich einer der Vergifter, Rhad’il, krank fühlte. Er verstand die Sprache der Letharen nur noch stückweise und konnte sie selbst nicht mehr richtig sprechen.
Phanodain, der Herr der Edhil, suchte nach den vermissten Sieben. Es war Rhad’il, dessen Geist er zuerst gefunden hatte. Phanodain gab ihm erneut die Möglichkeit, Eluives Lied zu hören, sodass er sich besinnen konnte und wieder ein Edhil wurde. Aber Alatar hatte stets ein Auge auf die Sieben und es entging ihm nicht, was Phanodain vorhatte.
»Rhad’il«, sprach der Panther, »höre nicht auf ihn. Er vergiftet deinen Verstand mit Musik. Merkst du nicht, wie er versucht, dein Hirn zu erweichen?«
Rhad’il nickte Alatar zu. Der Angstschweiß stand auf seiner Stirn, denn Eluives Lied war bis zu seinem Herzen durchgedrungen und hatte ihm gezeigt, dass er dem falschen Weg folgte. Der schwarze Panther schlich um ihn herum und starrte ihn Furcht einflößend an, bis er plötzlich abdrehte und in der Dunkelheit verschwand.
Die anderen sechs Letharen redeten zwar mit Rhad’il, doch dieser verstand kein einziges Wort mehr. Sein Herz weitete sich und Phanodains Lebenshauch kam zurück zu ihm. Rhad’il aber sagte nichts aus Furcht, wie die anderen darauf reagieren würden.

An einem anderen Ort plagte sich der letzte Arkorither durch den Dschungel.
Er kämpfte sich vorwärts und fürchtete, nach wie vor verfolgt zu werden. Die Angst trieb ihn und er stolperte.
»Alatar, hilf mir!«, rief er in den Himmel. »Nimm mich zu dir! Ich will dir dienen, wenn du mein Leben rettest!«
Und Alatar hörte auch diesen Ruf. Er ließ eine Feuerbrunst um den letzten Arkorither entstehen und schmetterte ein Loch in den Boden, das so tief in die Erde ragte, wie der Berg Nilzadan in den Himmel schoss. An der tiefsten Stelle der Erde offenbarte sich Alatar dem letzten Kriegsmagier.
s gibst du mir, damit ich dich verschone?«
»Ich bin einer der Arkorither«, ertönte die Antwort. »Ich fürchte, ich bin der Einzige, der entkommen ist. Ich biete dir meine Dienste an! Ich erfülle dir einen Gefallen!«
Alatar lachte und die Erde bebte stark. Lava stieg aus dem Boden langsam an. »Einen Gefallen? Das klingt interessant, doch reicht es mir nicht. Gib mir dein Leben und ich werde dir einen Schüler schenken, dem du deine Weisheiten lehren kannst.«
Der Arkorither zögerte. Zwar war er kein guter Mensch, aber Alatar sein Leben zu übergeben, war ihm auch nicht geheuer. Andererseits hätte Alatar ihn einfach zerquetschen können oder in der ansteigenden Lava verbrennen lassen. Als die heiße zähe Flüssigkeit fast die Füße des Arkorithers erreicht hatten, fällt dieser seine Entscheidung.
»Ich willige ein! Mein Leben gehört von nun an dir! Ich will tun, was du gebietest, wenn du mich rettest.«
Alatar schnappte mit seinem Maul nach dem Arkorither und sprang mit ihm zusammen aus dem Erdloch heraus. Er brachte den Magier zu seinen Letharen. »Sucht einen Menschenjungen«, wies er sie an, »nehmt ihm das Bewusstsein und bringt ihn hierher.«
Die Letharen folgten ihrer Weisung sofort. Sie brachten ihm einen Jungen, der Gabriel genannt wurde. Als Alatar mit dem Menschen in der vergifteten Sprache redete, wurde der Geist des Jungen ausgelöscht. Alatar drehte sich zu Rhad’il um. »Du, komm her!«
Rhad’il stockte. Hatte Alatar sein Geheimnis herausgefunden? Mit einem Hieb von Alatars rechter Pranke fiel er neben Gabriel auf den Boden.
»Haltet ihn fest!«, befahl der Panther die anderen Letharen. Er legte dann eine Tatze auf den Mund Gabriels, die andere auf den Mund Rhad’ils, der sich vergebens wehrte.
»Du hast versagt, Rhad’il«, sprach der Panther.
Das Leuchten verschwand aus den Augen des ehemaligen Letharen und der Lebenshauch Phanodains ging auf den jungen Gabriel über. Der letzte Arkorither, der die Zeremonie beobachtete, musste sich übergeben, denn Rhad’ils Körper glich plötzlich einer vertrockneten Weintraube, als Alatar seine Tatzen von den beiden Männern nahm.
»Dies soll dein Schüler sein«, sprach der Panther und verließ mit diesen Worten das Geschehen.
Die Letharen betrachteten den Arkorither genauer und redeten über ihn in ihrer vergifteten Sprache. Je länger sie sich unterhielten, desto aggressiver wurde der Arkorither. Plötzlich griff er die Gruppe an. Blaues Feuer hüllte ihn ein und die Letharen wichen von ihm zurück. »Hört auf zu sprechen!«, schrie der Arkorither und der Feuerball in seinen Händen wuchs zu einer beachtlichen Größe heran.
Gelächter erschallte und wie aus dem Nichts stand der Panther wieder zwischen ihnen.
»Sehr gut. Sehr gut.« Er wandte sich an die Letharen. »Sprecht mit den Menschen nur in dieser Sprache, wenn ihr sie vergiften wollt. Achtet aber darauf, mit wem ihr sprecht … Nun Arkorither. Deine Macht kann mir von Nützen sein. Du wirst zuerst den Jüngling unterrichten und dann deine sechs Peiniger.«
Mit einem Nicken beugte sich der Arkorither und bot den Letharen seine Dienste an. Diese waren von seiner Macht ergriffen und willigten ein. Von da an verhielten sie sich dem Arkorither gegenüber unterwürfig, da sie die Macht der Magie erlernen wollten. Der Pakt war geschlossen, aus dem die Bruderschaft der Klaue erwuchs.

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Kapitel Zehn - Die Flut

Jahre später.
Wie an jedem Morgen ging die Sonne auf. Ihr seltsames Rot ergoss sich über die Landschaften Alathairs. Nichts davon erschien außergewöhnlich, bis dieser rote Farbton über den Tag hinweg an einer bestimmten Stelle verweilte. Die farbigen Strahlen kamen aber nicht mehr aus dem Himmel, sondern von unten aus dem Erdenreich.
Dieser Ort, an dem der Arkorither einst den Pakt mit Alatar einging, war nie erloschen. Die Lava waberte umher und nur zwei schmale Wege, die sich kreuzten, führten durch das heiße Gestein.
Im Zentrum stand der Arkorither. Um ihn herum versammelten sich die Letharen. Außerdem war der Mann anwesend, den man einst Gabriel genannt hatte. Er stand abseits der Zeremonie und beobachtete das Wirken der anderen. Die Letharen hatten ihre Hände erhoben und man konnte meinen, dass diese grün leuchten würden. Ihre Handinnenflächen deuteten in Richtung des Arkorithers. Um sie herum schlich der Panther.
Jeder von ihnen murmelte die gleichen Worte. Worte, die Alatar sie gelehrt hatte. Sie wiederholten das Ritual Tag für Tag und Nacht für Nacht. Schließlich ritzte sich der Arkorither einen Schnitt in seine Hand und ließ das Blut in alle vier Lavabecken tropfen. Es zischte und sofort verdampfte das Blut, als es in Berührung mit der zähflüssigen Masse kam.
Es stieg ein Qualm auf, der die Umrisse einer hässlichen Fratze illustrierte. Die Silhouette stürzte sich plötzlich auf den Arkorither und nahm in völlig ein, bis der Kampfmagier leblos zu Boden sank. Immer wieder zog der Rauch durch den Körper und es schien so, als würde die Fratze sich daran satt fressen.
Die Letharen verstummten und schauten verunsichert zu. Sie wussten nicht, was genau sie beschworen hatten. Gabriel blickte seinen nunmehr toten Lehrer mit gefühlskalten Augen an. Der Körper des Arkorithers zuckte noch zweimal auf und erneut wurde er von dem Qualm durchdrungen. Die Fratze verschwand dann im Erdenreich.
Plötzlich blutete der tote Arkorither aus jeder Pore. Ein Krachen begleitete diese Erscheinung und die Knochen traten aus der Haut hervor, bis sie brachen und wieder zu Boden sanken.
Aus der Masse des Toten erhob sich die Fratze und bedeckte sich mit einem Blutfilm. Größer, als je zuvor, baute sie sich über den Letharen auf und schaute auf sie herab. Das Blut tropfte in die Lavabecken und mit jedem Kontakt stieg neuer Qualm auf, der die Fratze nur noch größer und mächtiger werden ließ.
»Kra’thor (Tod)«, sprach Alatar, der sich vor das Wesen stellte. »Dies soll dein Name sein, Dämon!«
Die Fratze nickte mit einem boshaften Grinsen in den Gesichtszügen, blieb jedoch stumm.
»Geh hin zu den Menschen«, sagte der Panther, »saug ihnen ihre Kraft aus. Friss dich satt an ihnen und komm zu mir zurück, sodass ich dir neue Befehle erteilen kann!«
hor zögerte nicht und machte sich auf den Weg.
Alatar wandte sich den Letharen zu, die über die Jahre hinweg immer zahlreicher wurden. »Für euch habe ich eine andere Aufgabe. Zerstört, was Eluive liebt. Bäume, Felder; Menschen und Tiere. Tötet alles, was euch begegnet.« Er deutete auf den Wald, der ihren Ritualort umschloss. »Fangt hier an!«
Die Schar der Letharen rief zur Schlacht. Sie rüsteten sich mit Fackeln, die sie an der Lava entzündeten. Dann trugen sie das dunkle Feuer in die Schöpfung Eluives.

Zu dieser Zeit spürten die Edhil, dass etwas Grausames nach neuer Nahrung suchte. Eluives Lied sprach davon, dass es der Tod selbst warm der auferweckt wurde, um die Sterblichen schon vor ihrer Zeit zu sich zu holen.
Die Edhil berieten sich und die Entscheidung war schnell gefällt. Sie würden den Menschen helfen. Zwar war ihre Aufgabe das Bewahren von Wissen, doch ohne die Menschen würde es kaum noch jemanden geben, der dieses Wissen nutzen könnte.
So bereiteten sich die Edhil auf einen Kampf vor, den sie mit den Menschen zusammen bestreiten würden. Sie sandten Boten zu den Siedlungen und Städten aus und warnten die Geschöpfe Eluives.
Im Süden stieg Rauch auf und die Wälder brannten. Der Ruf des ältesten Edhil hallte über die Berge hinweg und wenig später fanden sich einige Einhörner am Fuß der blauen Berge. Auch die Tiere waren bereit, mit den Edhil in den Krieg zu ziehen.
Der Qualm, der aus den Wäldern aufstieg, ließ manche Edhil unruhig werden. Das Lied Eluives klang plötzlich ungewohnt und traurig. So trennte sich die Elfenschar und ein Teil von ihnen ritt dem Feuer entgegen, in dem die Letharen schon auf sie warteten. Die Edhil stiegen von ihren Einhörnern ab und ließen sie am Waldrand stehen. Dann betraten sie den Wald zu Fuß …

Kra’thor war zuerst nach Menek’Ur gegangen. Er durchstreifte die Insel der Toten und wurde von den Menekanern nur als Schatten wahrgenommen, der sich über ihr Land zog. Doch als sich plötzlich die Toten aus ihren Gräbern erhoben, erschraken die Wüstenbewohner und flohen in ihre Stadt. Auch der Palast wurde evakuiert und die Stadt als letzte Bastion gegen die Toten verteidigt.

Auf Fuachtero, der kalten Insel des Norden, streifte Kra’thor den Berg, wo die drei Begründer der Angurer und weitere Angehörige des Volkes bestattet wurden. Auch sie standen in ihrer Verwesung wieder auf und suchten die Lebenden heim.

Die größte Auferweckung der Verstorbenen fand jedoch in den Städten Varuna und Rahal statt. Hunderte stiegen aus den Gräbern auf und sammelten sich vor den Stadttoren. Die Ansammlung von längst verstorbenen Freunden, Bekannten und Geliebten trieb den Menschen die Tränen in die Augen. Ihre Moral war gebrochen. Niemand wagte es, einen Pfeil auf die Toten zu schießen, kannten sie doch die meisten von ihnen.

Zuletzt bäumte sich Kra’thors große Fratze vor der Stadt Varuna auf und schickte seine leblosen Diener in Richtung der Stadtmauer. Nur eine kleine Schar der Toten verblieb an Ort und Stelle. Sie trugen die Gewänder der Arkorither … Und die Menschen aus Varuna erschraken. Sie waren doch tot … teilweise verbrannt. Wie konnten sie nun … Plötzlich pochte es an dem Stadttor.
»Feuer!«, rief der Kommandant der Garde und Pfeile rasselten auf die wandelnden Toten herunter. Die Geschosse schlugen in die Körper ein oder flogen zwischen den Knochen der Skelette hindurch.
Nichts passierte. Die Toten schlugen noch immer gegen das Stadttor, doch das Eisen blieb standhaft und gab nicht nach.
Schließlich näherte sich Kra’thor selbst der Stadt und ließ das Tor wie ein Streichholz zerbarsten. Der Weg für die Toten war frei. Die leblosen Arkorither schickten ihre Blitze auf die Stadtmauer los, deren Energie viele der Schützen von den Zinnen fegte. Der Kampf war nun vollends entfacht und Kra’thor labte sich an den Schmerzen, welche die Menschen ertragen mussten. Jeder Gefallene stand nach einigen Momenten einfach wieder auf und zog gegen die Menschen in den Kampf, die eben noch ihre Gefährten waren.
Der Graf von Varuna, ein Nachfahre von Cherom, der den Arkoritherführer Korow bezwungen hatte, ließ die Fanfaren blasen. Er versuchte damit, die Moral seiner Leute zu stärken. Insgeheim hoffte er aber auch, dass die Klänge einen Hilferuf bis zu den blauen Bergen tragen würden.

Verbittert kämpften Menschen auf der ganzen Welt gegen ihre Widersacher – ihre eigenen toten Brüder, Schwestern und Freunde.
Der Teil der Edhil, der sich in die Wälder aufgemacht hatte, traf auf die Letharen, welche Feuer zwischen den Bäumen legten. Sie waren zahlenmäßig ebenbürtig und standen sich in zwei Reihen gegenüber. Hinter den Letharen wütete ein Wall aus Rauch und Flammen. »Haltet ein, Fremde!«, sprach der vorderste der Edhil. »Ich werde …«
Der Sprecher verstummte. Ein Speer hatte ihn seitlich in Höhe des Brustkorbes durchbohrt. Die anderen Elfen hoben ihre Schilder und Bögen, um den Letharen Einhalt zu gebieten.
Unerwartet und schnell rannten Kreaturen durch die Feuerwand. Ihre Körper waren unförmig und stämmig, der Teint ihrer Haut braun und. Sie erinnerten ein wenig an die Kreuzung von Wildschweinen und Menschen. Mit lautem Gebrüll rannten sie zwischen den Bäumen hindurch. Während die einen Kurs auf die Menschenstädte machten, von denen die Töne der Fanfaren zu hören waren. Eine Gruppe der Ungeheuer ließ aber auch die Edhil nicht außer Acht und stürzten sich auf sie wie wild gewordene Eber. Aber die Elfen setzten sich zur Wehr.

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Kapitel Elf - Apokalypse

Die Orks rannten, ohne sich von irgendetwas aufhalten zu lassen.
Auf einen zerstörerischen Gedanken beschränkt, waren sie der sichere Untergang der Menschen. Das gerade erst errichtete Königreich stand kurz vor seinem Ende. Die Stadt Manor war der erste Stein, über den die dunkle Brandung der Orks schwemmte. Nichts als Ruinen, Asche und Blut hinterließ der scheinbar unendliche Strom aus konzentriertem Hass.
Mit Jubelschreien, die wie grunzende Schweine klangen, feierten die Orks die erste Stadt, die sie in ihre ›Kontrolle‹ gebracht hatten. Doch plötzlich übertöne sie ein seltsames Geräusch.Ein gewaltiger Wind wehte um die Orks herum. Wie eine Windhose schloss er sie ein und verdeckte für einen außenstehenden Beobachter die Sicht auf das Heer. Die Orks quiekten laut und ängstlich. Was genau an diesem Ort geschah, ist bis heute nicht bekannt, aber die Windhose zerstreute die Kreaturen in alle Teile des Landes. Sie fanden nie zu ihrer einstigen Stärke zurück.

Die Edhil in den Wäldern hielten stand und konnten die anderen Orks in die Flucht schlagen. Als die Ungeheuer besiegt waren, zogen sich auch die Letharen zurück, jedoch nicht, ohne ihre Fackeln in die Bäume zu werfen.
Die Edhil sicherten den Wald. Sie schlugen brennende Äste ab. Magier beschworen einen Eisregen, der die Flammen löschen sollte und Bogenschützen eilten zu den nächsten Seen, um Löschwasser zu schöpfen. Sie bargen die gefallenen Elfen und warfen die Körper ihrer Gegner in die heiße Glut, die im Wald zurückgeblieben war. Die Schöpfung Eluives war gerettet, auch wenn der Wald viel erleiden musste. Das größte Übel aber konnte abgewendet werden. Die Edhil schlugen ihr Lager im Wald auf, um ihn schützen zu können, sollten die Letharen jemals zurückkehren.

Varuna wurde in der Zwischenzeit noch immer von den Untoten gestürmt. Auch hatte sich eine Schar in Richtung des Fischerdorfs Bajard im Süden aufgemacht. Die leblosen Arkorither sendeten Geister durch die Wände der Häuser. Es dauerte nicht lange und es gab in Varuna und Rahal keinen Mann und keine Frau mehr, die am Leben waren. Die Toten herrschten langsam aber sich über das Menschenreich auf der Insel Gerimor.
Die Edhil auf ihren Einhörnern trafen zu spät ein. Kra’thor schaute auf sie mit einer Macht herab, die einer Gottheit ebenbürtig war. Er deutete mit einem Fingerzeig auf die Elfen und wies damit einige Geister an, sich die Seelen der Edhil zu holen. Doch die Zauber der Geschöpfe Phanodains hielten die Untoten zurück.
Kra’thor wurde nervös. Er entsandte die wandelnden Toten der Schlacht zu den Edhil, doch die Elfen blieben furchtlos und schlugen die Willenslosen zu Boden. Einer der Edhil ritt auf die Fratze zu.
»Gib auf, Dämon«, sprach der Elf. »Deine Macht hat hier ein Ende. Nimm die Leben mit dir, die du den Menschen genommen hast, und begib dich zur Ruhe, auf dass man dich nie wieder wecken soll.«
Die Worte verhallten auf dem Schlachtfeld. Die Toten wanken leicht hin und her, als wären sie Marionetten, die an einem einzigen Faden hingen und von Kra’thors Willen gesteuert wurden. Der Seelenfresser blieb stumm, bis sich ein gleißendes Licht zwischen ihm und den Edhil auftat. Nun schrie Kra’thor auf. Seine Dämonenfratze verschwand im Boden und das Blut, das seinen Körper umhüllte, blieb auf dem Gras liegen. Es versteinerte augenblicklich.
Das helle Licht formte sich zu einer Gestalt, während auch die Toten und Geister zu fliehen versuchten. Die Edhil stiegen von ihren Einhörnern und verbeugten sich.
Es war Temora selbst, die dort stand.
uch ihr, bin ich zu spät gekommen, um den Stadtbewohnern zu helfen«, sprach sie mit dröhnender Stimme. »In meinem Namen … Sucht die Überlebenden und schützt sie mit eurem.«
Auf einmal erschien der schwarze Panther. Er stürzte sich auf die Reihe der Elfen und zerquetschte ein Drittel von ihnen. Als er mit der Pranke ausholte, hielt Temora dagegen. Für einen offenen Kampf war sie nicht stark genug. Sie hatte einen Angriff von Alatar selbst nicht vorhergesehen. Nun war es zu spät.
Der Kampf der Götter war gewaltig. Die Pranken des Panthers trafen auf die bloßen Hände von Temora. Jedes Mal, wenn sie getroffen wurde, spien Blitze aus ihrer Haut, die sich in Alatars Körper brannten. Dort, wo der Kampf sie hinführte, hinterließen die beide eine Schneise der Verwüstung. Bäume knickten um, Felsen wurden verschoben und selbst das Wasser wich beiseite.
Nicht lange kämpften sie und den beiden Gottheiten wurde mehr und mehr deutlich, dass Alatar seiner Schwester überlegen war. Das gleißende Licht Temoras wurde schwächer und schließlich lag die Göttin erschöpft am Boden. Alatar bäumte sich über ihr auf.
»Weißt du, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe?«, fragte der Panther. »Ganz Alathair wird sich meinem Willen beugen. Und Eluive, gefangen im steinernen Herzen dieser Welt, wird nichts gegen den Untergang ihrer Schöpfung tun können.« Er fing an zu lachen. »Kannst du dir die Qualen vorstellen, die sie erleiden muss, wenn sie daran denkt, wem all ihre Geschöpfe nun dienen werden?«
Gelmir Ancalime, einer der Edhil, fasste ein Herz. Er rannte los, um Temora zu Hilfe zu kommen. Zwar konnte er selbst sicher nicht viel gegen den Hasseigner ausrichten, doch sein Mut trug ihn immer schneller zu Temora. Gelmir Ancalime verdeckte sein Schwert, als er bei ihnen ankam. Als Alatar auf ihn aufmerksam wurde, fegte er den Elf mit seiner Pranke weg, als er in Reichweite war, und schleuderte ihn in die Reihe der übrigen Edhil, die dort gebannt der Dinge harrten. Durch den gewaltigen Aufprall starb nicht Gelmir, auch einige andere Elfen wurden in den Tod gerissen.
Sein Schwert konnte Gelmir aber noch in Richtung Temora schleudern, bevor er von Alatar getroffen wurde. Die Göttin war aufmerksam genug, um die Waffe zu fangen. Es war zwar nicht groß, verglichen mit der Hand Temoras. Aber es reichte aus, um Alatar mit einem Stich arg zu verletzen.
Der Panther schrie auf. Sein Zorn erstarb in ohnmächtiger Schwäche, die der Schmerz in ihm auslöste. Die Klinge des Schwertes glühte auf, als Temora sie aus der Wunde herauszog.
Alatar zog sich zurück. Er war zu stark verletzt, um weiterkämpfen zu können. Er war unendlich zornig über seine erneute Niederlage. Das Jaulen des Panthers war noch bis tief in die Nacht hinein gehört.
Gelmir Ancalime war tot. Er hatte zwei weitere Edhil mit sich gerissen, als er in der Elfenreihe aufgeschlagen war. Temora aber hatte dank der Hilfe des Elfen gesiegt. Das Schwert glühte noch immer und es würde noch so lange glühen, bis alles Klagen über diesen Krieg verstummt war.
»Kra’thor!«, rief die Göttin.
Die Fratze kroch langsam aus dem Erdboden hervor. Ängstlich versuchte sie, an Temora vorbeizublicken und sie nicht direkt anzusehen. Das machte ihre Gesichtsausdrücke nur noch hässlicher.
enfresser«, sprach Temora. »Der, der dich rief, ist besiegt. Von nun an wirst du tun, was ich dir gebiete!«
Ein markerschütternder Schrei erfüllte das Schlachtfeld. Doch als Temora das Schwert hob, erstarb der Ruf klanglos.
»Was gebietest du?«, fragte der Seelenfresser mit geisterhafter Stimme.
»Von nun an bist du der Seelenhüter. Doch hole sie nicht vor ihrer Zeit. Solltest du dagegen verstoßen, wird es keine Alternative zu deinem eigenen Tod geben. Entsage deinem Beschwörer und gelobe mir deine Treue. Oder gehe hinab zu Eluive und verbrenne in ewigem Feuer.«
Ein erneuter gequälter Schrei bestätigte Temoras Forderungen und die Fratze löste langsam ihre Gestalt und nahm die Form eines großen Raben an. Der Vogel erhob sich in die Lüfte und war seither nicht mehr gesehen.

Die Edhil brachten ihre Toten zur Ruhe und beweinten ihr Schicksal. Anschließend ritten sie durch das Land und suchten die Menschen zusammen, die immer noch klagend umherirrten und vor den lebenden Toten flüchteten. Die Elfen brachten sie zurück in die Städte, wo ein gewisser Schutz gewährleistet war. Zwar wandelten die Toten noch immer umher, doch hatten sie kein Ziel mehr, auf das sie sich konzentrieren konnten.
Der Wiederaufbau begann und der Schrecken wurde in ein Denkmal gebannt, welches den Bund zwischen den Elfen und den Menschen beschrieb.

Eluive verweilte noch immer im Herzen Alathair, damit die Welt nicht auseinanderbrechen konnte. Sie segnete die Edhil, die ihre Wälder beschützt hatten und an ihrer Genesung halfen. Fortan erhörten die Bäume und Pflanzen der Wälder die Bitten dieser Edhil – ein Zusammenspiel, das die Elfen nicht mehr los ließ. Sie waren gebannt von dem Einklang, der sich ihnen nun offenbarte.
Die Letharen aber verfluchte Eluive. Nie wieder würden die vergifteten Geschöpfe auch nur einen Ton ihres Liedes hören dürfen. Die Göttin brandmarkte die Letharen mit der Farbe der Nacht, auf dass man sie schnell erkennen und sich vor ihnen in acht nehmen würde.

Auch auf den Inseln Menek’Ur und Fuachtero waren die Verluste der Menekaner und Angurer groß. Die Toten hatten einen hohen Tribut gefordert, den es nun auszugleichen galt.
Die Jahre des Wiederaufbaus begannen. Generationen gingen und neue kamen. Und je stiller die Jahre ins Land zogen, desto mehr geriet Alatar in Vergessenheit.
Hatte der Panther diese Welt verlassen? Oder hatte Temoras Bruder einfach aufgegeben und beobachtete resigniert das Treiben seiner Orks und Letharen? Was wurde aus Gabriel, der vom letzten Arkorither unterrichtet wurde? Was würde der nächste Streich der vergifteten Letharen sein?

Die Zeit würde es zeigen ...