Schöpfungsgeschichte: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Die Geschichte der Welt Alathair beginnt mit der Schöpfungsgeschichte, die die Erschaffung der Welt durch die Göttin Eluive beschreibt. Diese Geschichte erzählt auch von der Entstehung der verschiedenen Rassen und Völker sowie dem ewigen Konflikt zwischen den Gottheiten Alatar und Temora. In dieser Erzählung wird die Grundlage für die mythologischen und kosmischen Kräfte gelegt, die das Schicksal von Alathair und seinen Bewohnern bestimmen. | |
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+ | Die Schöpfungsgeschichte von Alathair ist in einem rollenspielerischen Stil verfasst und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder absolute Wahrheit, sondern dient als mythologische Grundlage für die Welt. | ||
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+ | Für Interessierte steht die Geschichte nicht nur im Wiki zur Verfügung, sondern kann auch als [http://www.alathair.de/files/Alathair%20Vorgeschichte.pdf '''PDF Datei'''] heruntergeladen werden. | ||
== Kapitel Eins - Der Gesang der Götter == | == Kapitel Eins - Der Gesang der Götter == | ||
− | Dort, wo sich Dunkelheit und Stille zusammengefunden hatten, weilte Eluive und lauschte dem Nichts. Wie die Noten eines Liedes reichten sich ihre Gedanken die Hände und formten eine Melodie, die sich wie ein Sonnenstrahl einen Weg durch die Finsternis bahnte und das leere Schweigen mit Leben erfüllte. Eluive sang zu dieser Melodie und die harmonischen Klänge verneigten sich zu Gestein.<br/> | + | Dort, wo sich Dunkelheit und Stille zusammengefunden hatten, weilte [[Eluive]] und lauschte dem Nichts. Wie die Noten eines Liedes reichten sich ihre Gedanken die Hände und formten eine Melodie, die sich wie ein Sonnenstrahl einen Weg durch die Finsternis bahnte und das leere Schweigen mit Leben erfüllte. [[Eluive]] sang zu dieser Melodie und die harmonischen Klänge verneigten sich zu Gestein.<br/> |
− | + | ''"Es hat also begonnen"'', dachte Horteras, als er den Gesang seiner Schwester in der Ferne hörte. Er hatte sie gewarnt – und doch war die Melodie so schön, dass sie seine zweifelhaften Gedanken bannten und er in Frieden den Klängen lauschen konnte.<br/> | |
− | Und Eluive sang weiter, denn sie erwartete zwei Kinder. Sie wusste, dass der Klang ihrer Stimme dazu gemacht war, neue Welten zu formen. So wollte sie eine Welt schaffen, auf der ihre beiden Kinder leben und aufwachsen könnten. Das Gestein nahm Form als, als ihr Gesang weiter durch ihn durchdrang. Wie ein Wurm fraß er sich durch das harte Material; übrig blieben Berge, Höhlen und Täler. Als Eluive der Melodie gebot, sich niederzulegen, gehorchte sie. Flüsse und Sehen entstanden, deren Plätschern noch heute daran erinnert, wie der schöpferische Gesang klang.<br> | + | Und [[Eluive]] sang weiter, denn sie erwartete zwei Kinder. Sie wusste, dass der Klang ihrer Stimme dazu gemacht war, neue Welten zu formen. So wollte sie eine Welt schaffen, auf der ihre beiden Kinder leben und aufwachsen könnten. Das Gestein nahm Form als, als ihr Gesang weiter durch ihn durchdrang. Wie ein Wurm fraß er sich durch das harte Material; übrig blieben Berge, Höhlen und Täler. Als [[Eluive]] der Melodie gebot, sich niederzulegen, gehorchte sie. Flüsse und Sehen entstanden, deren Plätschern noch heute daran erinnert, wie der schöpferische Gesang klang.<br> |
− | Eluive betrachtete das Werk ihrer Musik und sie war zufrieden. Ihre Kreativität war jedoch lange nicht ausgeschöpft. Gestirne hatten sich aus den Klängen gebildet, die weit zu hören gewesen waren. Ihnen gebot Eluive, Instrumente zu spielen. In der göttlichen Harmonie mit dem Wasser und den Instrumenten der Gestirne wurde das Land fruchtbar und Eluive gebot den Pflanzen, in die Höhe zu wachsen. Gräser, Sträucher, und Kräuter wuchsen so heran. Sie war angetan von der Vielfalt der Pflanzen und erschuf größere Pflanzen, die alle anderen überragten. Eluive schenkte ihnen sogar ein eigenes Lied, das Lied des Waldes.<br> | + | [[Eluive]] betrachtete das Werk ihrer Musik und sie war zufrieden. Ihre Kreativität war jedoch lange nicht ausgeschöpft. Gestirne hatten sich aus den Klängen gebildet, die weit zu hören gewesen waren. Ihnen gebot [[Eluive]], Instrumente zu spielen. In der göttlichen Harmonie mit dem Wasser und den Instrumenten der Gestirne wurde das Land fruchtbar und [[Eluive]] gebot den Pflanzen, in die Höhe zu wachsen. Gräser, Sträucher, und Kräuter wuchsen so heran. Sie war angetan von der Vielfalt der Pflanzen und erschuf größere Pflanzen, die alle anderen überragten. [[Eluive]] schenkte ihnen sogar ein eigenes Lied, das Lied des Waldes.<br> |
− | Entzückt von ihrer Schöpfung betrachtete Eluive die neue Welt. Doch etwas fehlte in der harmonischen Landschaft. Leben. Es fehlte Leben, welches Veränderung bringen sollte. So schuf Eluive die Tiere in ihrer Vielfalt und ein jedes auf seine eigene Art und Weise fähig, mit dem Leben und seiner Umwelt unbefangen umgehen konnte. So schien die Welt im ersten Moment perfekt.<br> | + | Entzückt von ihrer Schöpfung betrachtete [[Eluive]] die neue Welt. Doch etwas fehlte in der harmonischen Landschaft. Leben. Es fehlte Leben, welches Veränderung bringen sollte. So schuf [[Eluive]] die Tiere in ihrer Vielfalt und ein jedes auf seine eigene Art und Weise fähig, mit dem Leben und seiner Umwelt unbefangen umgehen konnte. So schien die Welt im ersten Moment perfekt.<br> |
− | Doch Eluive wollte mehr. So wagte sie den Schritt, vor dem sie ihr Bruder Horteras eindringlich gewarnt hatte. Eluive nahm ein Stück Erde und etwas ihrer lieblichen Melodie und formte daraus ein weiteres Geschöpf. Sie gab ihm den Namen ›Mensch‹. Es war ein Mensch wie Du und ich; nur von seiner Schönheit her war er perfekt. Aber der Mensch war einsam.<br> | + | Doch [[Eluive]] wollte mehr. So wagte sie den Schritt, vor dem sie ihr Bruder Horteras eindringlich gewarnt hatte. [[Eluive]] nahm ein Stück Erde und etwas ihrer lieblichen Melodie und formte daraus ein weiteres Geschöpf. Sie gab ihm den Namen ›Mensch‹. Es war ein Mensch wie Du und ich; nur von seiner Schönheit her war er perfekt. Aber der Mensch war einsam.<br> |
− | Eluive spürte sein Verlangen. Zwar hatte er ein Heim, das einem Paradies glich, dennoch sehnte er sich nach einem Gleichgesinnten, mit dem er reden, singen und sich freuen konnte. So gab Eluive dem Bedürfnis ihres Geschöpfes nach und erschuf seinem Abbild nach einige Männer und Frauen. Außerdem verlieh sie ihnen die Kraft, sich selbst fortzupflanzen. Horteras trat an seine Schwester heran. Ihm stand die Bewunderung ins Gesicht geschrieben, als er die Welt betrachtete, die Eluive geschaffen hatte.<br> | + | [[Eluive]] spürte sein Verlangen. Zwar hatte er ein Heim, das einem Paradies glich, dennoch sehnte er sich nach einem Gleichgesinnten, mit dem er reden, singen und sich freuen konnte. So gab [[Eluive]] dem Bedürfnis ihres Geschöpfes nach und erschuf seinem Abbild nach einige Männer und Frauen. Außerdem verlieh sie ihnen die Kraft, sich selbst fortzupflanzen. Horteras trat an seine Schwester heran. Ihm stand die Bewunderung ins Gesicht geschrieben, als er die Welt betrachtete, die [[Eluive]] geschaffen hatte.<br> |
− | + | ''"[[Eluive]]"'', sprach der dann zu ihr. ''"Du solltest sie nicht namenslos lassen."''<br> | |
− | + | ''"Recht hast du, Bruder"'', antwortete die Göttin. ''"Ich nenne die Welt so, wie die Melodie beschaffen ist. Harmonie ... ›Harmonie‹."''<br> | |
− | + | ''"Ala'thair"'', sagte Horteras, als er den Planeten mit Frohsinn besah. ''"Freie Harmonie."''<br> | |
− | + | ''"So sei es"'', sagte [[Eluive]] und fortan war Alathair der Name dieser Schöpfung; eine Welt, die | |
− | Eluive für ihre Kinder geschaffen hatte. Und bald war es so weit und sie würde gebären.<br> | + | [[Eluive]] für ihre Kinder geschaffen hatte. Und bald war es so weit und sie würde gebären.<br> |
Alathair würde bereit sein müssen. | Alathair würde bereit sein müssen. | ||
== Kapitel Zwei - Nilzadan == | == Kapitel Zwei - Nilzadan == | ||
− | Es waren friedliche Zeiten, als die Menschen Alathair bevölkerten. In ihrer Kreativität zeigten sie, dass sie wahrlich Geschöpfe | + | Es waren friedliche Zeiten, als die Menschen Alathair bevölkerten. In ihrer Kreativität zeigten sie, dass sie wahrlich Geschöpfe [[Eluive]]s waren. Sie erfanden simple Werkzeuge, um sich die Arbeit zu erleichtern. Sie pflanzten wunderschöne Gärten an, in denen die Pflanzen blühten und gediehen. Und sie dankten [[Eluive]] in ihren Gebeten für ihre Existenz. Alles war gut, wie es war.<br> |
− | Die Menschen sollten aber nicht mehr Eluive selbst huldigen, sondern ihrer Kinder, die die Schutzpatrone und Fürsorger von Alathair sein sollten. Eluive macht sich zu einem Berg auf, den die Menschen Nilzadan (Geburt) oder auch Götterberg tauften. Es war nicht der einzige Ort, dem sie einen Namen gaben. Die Menschen benannten ganze Länder mit den schönsten Namen. Eluive fand Gefallen daran, dass ihre Geschöpfe aus ihrer Sprache eine Kunst entwickelten.<br> | + | Die Menschen sollten aber nicht mehr [[Eluive]] selbst huldigen, sondern ihrer Kinder, die die Schutzpatrone und Fürsorger von Alathair sein sollten. [[Eluive]] macht sich zu einem Berg auf, den die Menschen Nilzadan (Geburt) oder auch Götterberg tauften. Es war nicht der einzige Ort, dem sie einen Namen gaben. Die Menschen benannten ganze Länder mit den schönsten Namen. [[Eluive]] fand Gefallen daran, dass ihre Geschöpfe aus ihrer Sprache eine Kunst entwickelten.<br> |
− | Eluive verweilte in den Höhlen Nilzadans für ein Jahr der Götter. Und dort gebar sie ihr erstes Kind. Sein Name war Getares (der Erste). Getares hatte ein menschliches Gesicht; seine | + | [[Eluive]] verweilte in den Höhlen Nilzadans für ein Jahr der Götter. Und dort gebar sie ihr erstes Kind. Sein Name war [[Getares]] (der Erste). [[Getares]] hatte ein menschliches Gesicht; seine |
Gestalt glich aber der eines großen Vogels. Obwohl das Geschöpf wie alle Gottheiten ohne | Gestalt glich aber der eines großen Vogels. Obwohl das Geschöpf wie alle Gottheiten ohne | ||
Geschlecht war, erschien es den Menschen eher männlich denn weiblich. Standhaft war sein | Geschlecht war, erschien es den Menschen eher männlich denn weiblich. Standhaft war sein | ||
− | Gefieder, das in jeder Farbe glänzte. Je nachdem von welcher Seite aus man Getares betrachtete, erschien es so, als würde das Farbspektrum wechseln. Die Gestalt Getares war für die | + | Gefieder, das in jeder Farbe glänzte. Je nachdem von welcher Seite aus man [[Getares]] betrachtete, erschien es so, als würde das Farbspektrum wechseln. Die Gestalt [[Getares]] war für die |
− | Menschen dennoch nicht greifbar, da er nicht | + | Menschen dennoch nicht greifbar, da er nicht aus Fleisch und Blut bestand.<br> |
− | Getares wusste noch nicht sonderlich viel von seinen göttlichen Mächten, lernte sie aber mit der Zeit kennen. So schaffte er es, durch den Raum zu wandeln, sich für das Auge einfacher | + | [[Getares]] wusste noch nicht sonderlich viel von seinen göttlichen Mächten, lernte sie aber mit der Zeit kennen. So schaffte er es, durch den Raum zu wandeln, sich für das Auge einfacher Geschöpfe unsichtbar zu machen. [[Eluive]] schenkte ihm außerdem Verstand und trug ihm die Verantwortung über die Menschen auf. Ihr Sohn nahm den Auftrag entgegen und erkundete Alathair. Die Melodien der Gestirne verrieten ihm dabei alles, was er über die Menschen wissen sollte.<br> |
<br> | <br> | ||
− | Eluive begab sich währenddessen ein zweites Mal nach Nilzadan. Sie gebar ihren zweiten Sohn Alatar (Freier Gedanke). Alatar hatte den Körper einer Raubkatze. Ihr Fell schimmerte und wechselte jede Sekunde die Farbe.<br> | + | [[Eluive]] begab sich währenddessen ein zweites Mal nach Nilzadan. Sie gebar ihren zweiten Sohn [[Alatar]] (Freier Gedanke). [[Alatar]] hatte den Körper einer Raubkatze. Ihr Fell schimmerte und wechselte jede Sekunde die Farbe.<br> |
− | Alatar erhielt von seiner Mutter einen Auftrag. Er sollte für das Wohlbefinden der Tierund Pflanzenwelt sorgen. So erhielt auch Alatar den nötigen Verstand, um seine Mission erfüllen zu können. Er dankte seiner Mutter und begann mit der Erforschung Alathairs, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.<br> | + | [[Alatar]] erhielt von seiner Mutter einen Auftrag. Er sollte für das Wohlbefinden der Tierund Pflanzenwelt sorgen. So erhielt auch [[Alatar]] den nötigen Verstand, um seine Mission erfüllen zu können. Er dankte seiner Mutter und begann mit der Erforschung Alathairs, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.<br> |
− | Beide Kinder | + | Beide Kinder [[Eluive]]s waren zunächst sehr damit beschäftigt, ihre eigenen göttlichen Kräfte kennenzulernen. Es lag ihnen sehr am Herzen, sich um ihre Schützlinge so fürsorglich kümmern zu können wie nur möglich. [[Eluive]] verweilt derweil in der Sphäre um Alathair und gab ihren Kindern Zeit, ihre Fähigkeiten zu schulen und für die Bewältigung ihrer Aufgaben zu |
wachsen.<br> | wachsen.<br> | ||
== Kapitel Drei - Paia und die Saat == | == Kapitel Drei - Paia und die Saat == | ||
− | Nach wenigen Götterjahren merkte Alatar, dass seine Kräfte von seiner Aufgabe niemals | + | Nach wenigen Götterjahren merkte [[Alatar]], dass seine Kräfte von seiner Aufgabe niemals |
− | vollkommen ausgeschöpft werden würden. Außerdem sah er, wie die Menschen Getares anbeteten und ihm dafür dankten, was er für sie tat. Alatar aber blieb frei von dieser Gunst, als | + | vollkommen ausgeschöpft werden würden. Außerdem sah er, wie die Menschen [[Getares]] anbeteten und ihm dafür dankten, was er für sie tat. [[Alatar]] aber blieb frei von dieser Gunst, als |
wäre es der Tier- und Pflanzenwelt egal, was er für sie tat. | wäre es der Tier- und Pflanzenwelt egal, was er für sie tat. | ||
Fortan kümmerte er sich deshalb nicht mehr um sie, sondern begann damit, sich in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Doch seine guten Taten dankten sie nicht ihm, | Fortan kümmerte er sich deshalb nicht mehr um sie, sondern begann damit, sich in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Doch seine guten Taten dankten sie nicht ihm, | ||
− | sondern weiterhin seinem Bruder Getares; wussten sie doch nicht, dass es | + | sondern weiterhin seinem Bruder [[Getares]]; wussten sie doch nicht, dass es [[Alatar]]s Handeln |
war.<br> | war.<br> | ||
− | Viele Tiere spürten, dass Alatar ihnen keine Aufmerksamkeit mehr widmete. Sie wurden zornig. In ihrem Hunger überfielen sie Siedlungen und griffen die Menschen an. Doch Alatar | + | Viele Tiere spürten, dass [[Alatar]] ihnen keine Aufmerksamkeit mehr widmete. Sie wurden zornig. In ihrem Hunger überfielen sie Siedlungen und griffen die Menschen an. Doch [[Alatar]] |
zeigte dafür kein Interesse mehr. Er besuchte seine Mutter und bat darum, ebenfalls den | zeigte dafür kein Interesse mehr. Er besuchte seine Mutter und bat darum, ebenfalls den | ||
Menschen dienen zu dürfen.<br> | Menschen dienen zu dürfen.<br> | ||
− | + | ''"Aber warum kommst du nicht deiner eigenen Aufgabe nach?"'', fragte [[Eluive]]. ''"Warum lässt | |
− | du die Tiere zornig werden? | + | du die Tiere zornig werden?"''<br> |
− | Alatar wandte sich sodann ab von seiner Mutter. Sein Fell verlor das farbige Schimmern und | + | [[Alatar]] wandte sich sodann ab von seiner Mutter. Sein Fell verlor das farbige Schimmern und |
wurde von Tag zu Tag immer dunkler; bis dass es nur noch schwarz glänzte.<br> | wurde von Tag zu Tag immer dunkler; bis dass es nur noch schwarz glänzte.<br> | ||
− | In seinem Zorn raubte Alatar Jungfrauen aus Varuna, einer der größten Siedlungen der Menschen. Er stahl ihnen den Verstand, entstellte ihre Gesichter und misshandelte ihre Körper | + | In seinem Zorn raubte [[Alatar]] Jungfrauen aus [[Varuna]], einer der größten Siedlungen der Menschen. Er stahl ihnen den Verstand, entstellte ihre Gesichter und misshandelte ihre Körper |
− | so, dass sie wie Vögel aussahen. | + | so, dass sie wie Vögel aussahen. [[Alatar]]s anfänglicher Neid war zu Hass herangewachsen; so |
− | hatte er den Frauen unbewusst die Gestalt seines Bruders Getares gegeben. Als Alatar dies | + | hatte er den Frauen unbewusst die Gestalt seines Bruders [[Getares]] gegeben. Als [[Alatar]] dies |
bewusst wurde, tötete er ein Drittel der Kreaturen. Die anderen ließ er entfliehen, damit sie | bewusst wurde, tötete er ein Drittel der Kreaturen. Die anderen ließ er entfliehen, damit sie | ||
bei den Menschen Angst und Schrecken verbreiten konnten. Die Wesen sind seither als die | bei den Menschen Angst und Schrecken verbreiten konnten. Die Wesen sind seither als die | ||
− | Schicksalstränen | + | Schicksalstränen [[Varuna]]s bekannt.<br> |
− | Alatar wurde mit der Zeit immer zorniger und stellte einen Plan auf, um die Menschen für | + | [[Alatar]] wurde mit der Zeit immer zorniger und stellte einen Plan auf, um die Menschen für |
sich zu gewinnen. Sie sollten ihm folgen, nicht seinem Bruder.<br> | sich zu gewinnen. Sie sollten ihm folgen, nicht seinem Bruder.<br> | ||
− | So begab sich Alatar zu der Siedlung Fetrali und suchte sich eine junge Frau, um sie zu | + | So begab sich [[Alatar]] zu der Siedlung Fetrali und suchte sich eine junge Frau, um sie zu |
schwängern. Ihr Name war Paia und ihre Schönheit war einzigartig auf Alathair. Ihr Haar | schwängern. Ihr Name war Paia und ihre Schönheit war einzigartig auf Alathair. Ihr Haar | ||
− | glänzte schwarz und ihre Haut war von der Sonne selbst gezeichnet. Paia schlief, als Alatar | + | glänzte schwarz und ihre Haut war von der Sonne selbst gezeichnet. Paia schlief, als [[Alatar]] |
sich an ihr verging und die Saat des Hasses in ihre Gebärmutter pflanzte.<br> | sich an ihr verging und die Saat des Hasses in ihre Gebärmutter pflanzte.<br> | ||
− | + | Ein Götterjahr dauerte die Schwangerschaft Paias. Die anderen Bewohner Fetralis machten | |
sich große Sorgen um die junge Frau, denn sie hatte keinen Mann und es war unüblich, dass | sich große Sorgen um die junge Frau, denn sie hatte keinen Mann und es war unüblich, dass | ||
eine unverheiratete Frau ein Kind erwartete – vor allem über einen so langen Zeitraum. So | eine unverheiratete Frau ein Kind erwartete – vor allem über einen so langen Zeitraum. So | ||
− | erklärten einige Menschen aus der Siedlung, man sollte sie verbrennen, weil etwas Böses von ihr ausging. Andere aber bestanden darauf, dass man Getares rief, um ihren Patron um Rat | + | erklärten einige Menschen aus der Siedlung, man sollte sie verbrennen, weil etwas Böses von ihr ausging. Andere aber bestanden darauf, dass man [[Getares]] rief, um ihren Patron um Rat |
zu fragen.<br> | zu fragen.<br> | ||
− | Und schließlich riefen sie Getares, den Freund der Menschen, um Hilfe. Als er in Fetrali erschien, betrachtete er Paia und erkannte sofort die Ursache des Problems. Tränen rollten das | + | Und schließlich riefen sie [[Getares]], den Freund der Menschen, um Hilfe. Als er in Fetrali erschien, betrachtete er Paia und erkannte sofort die Ursache des Problems. Tränen rollten das |
− | menschenähnliche Gesicht herab, als er um die Tat | + | menschenähnliche Gesicht herab, als er um die Tat [[Alatar]]s weinte. Er wusste, dass Paia die |
Saat seines Bruders so tief in ihr trug, dass es nicht möglich war, sie zu entfernen, ohne die | Saat seines Bruders so tief in ihr trug, dass es nicht möglich war, sie zu entfernen, ohne die | ||
− | Frau dabei zu töten. Getares aber brachte es nicht über sein Herz, Paias Leben zu beenden, | + | Frau dabei zu töten. [[Getares]] aber brachte es nicht über sein Herz, Paias Leben zu beenden, |
− | denn ihre Schönheit war der einer Göttin gleich. So weinte er und die Tränen ließen den Boden gefrieren. Getares entschied sich zu warten, bis Paia die Saat ausgetragen hätte. In dieser | + | denn ihre Schönheit war der einer Göttin gleich. So weinte er und die Tränen ließen den Boden gefrieren. [[Getares]] entschied sich zu warten, bis Paia die Saat ausgetragen hätte. In dieser |
− | Zeit kümmerte sich Getares besonders um die Siedlung Fetrali. Aber auch andere Menschen | + | Zeit kümmerte sich [[Getares]] besonders um die Siedlung Fetrali. Aber auch andere Menschen |
− | brauchten seine Hilfe, denn die Schicksalstränen | + | brauchten seine Hilfe, denn die Schicksalstränen [[Varuna]]s fielen oft über Bauern und Reisende her und zerrissen ihre Körper wie wilde Tiere.<br> |
<br> | <br> | ||
− | Die Zeit Paias war gekommen und sie gebar das Kind | + | Die Zeit Paias war gekommen und sie gebar das Kind [[Alatar]]s. Die Schmerzen, die sie dabei |
hatte, waren so groß, dass sie von ihnen aufgefressen wurde und Paia sterben ließen. Die | hatte, waren so groß, dass sie von ihnen aufgefressen wurde und Paia sterben ließen. Die | ||
− | Menschen Fetralis riefen nach Getares. Ihre verzweifelte Trauer wandelte sich in Zorn und | + | Menschen Fetralis riefen nach [[Getares]]. Ihre verzweifelte Trauer wandelte sich in Zorn und |
− | sie töteten das Kind | + | sie töteten das Kind [[Alatar]]s.<br> |
− | Und so hatte Alatar den Hass in die Welt gebracht. Er ließ die Menschen taub werden für die | + | Und so hatte [[Alatar]] den Hass in die Welt gebracht. Er ließ die Menschen taub werden für die |
Melodien, die die Gestirne spielten. Aus Liebe wurde Misstrauen. Die Menschen hatten | Melodien, die die Gestirne spielten. Aus Liebe wurde Misstrauen. Die Menschen hatten | ||
− | Angst, dass Alatar unter ihnen war, denn sie kannten seine Gestalt nicht.<br> | + | Angst, dass [[Alatar]] unter ihnen war, denn sie kannten seine Gestalt nicht.<br> |
− | Getares nahm Paias Körper mit zum Nilzadan und beweinte die Tote dort für eine lange Zeit. | + | [[Getares]] nahm Paias Körper mit zum Nilzadan und beweinte die Tote dort für eine lange Zeit. |
− | Er bat Eluive, sich an seinem Bruder rächen zu dürfen.<br> | + | Er bat [[Eluive]], sich an seinem Bruder rächen zu dürfen.<br> |
− | + | ''"Du willst eines meiner Kinder töten"'', fragte sie ihn, ''"so, wie er eines deiner Kinder tötete?"'' | |
− | Getares erkannte seinen Fehler und bat seine Mutter um Verzeihung. Er blieb ein Götterjahr | + | [[Getares]] erkannte seinen Fehler und bat seine Mutter um Verzeihung. Er blieb ein Götterjahr |
in Nilzadan und wachte über den Leib Paias.<br> | in Nilzadan und wachte über den Leib Paias.<br> | ||
− | Alatar aber blieb in dieser Zeit nicht untätig. Er hatte es geschafft, die von Zorn und Hass | + | [[Alatar]] aber blieb in dieser Zeit nicht untätig. Er hatte es geschafft, die von Zorn und Hass |
− | erblindeten Menschen für sich zu gewinnen, indem er ihnen Lügen über Getares und Eluive | + | erblindeten Menschen für sich zu gewinnen, indem er ihnen Lügen über [[Getares]] und [[Eluive]] |
erzählte. Er schürte ihren Hass immer weiter. Die Menschen, die er in seinen Bann ziehen | erzählte. Er schürte ihren Hass immer weiter. Die Menschen, die er in seinen Bann ziehen | ||
− | konnte, wollten schließlich gegen Getares in den Krieg ziehen und ihn von dieser Welt verbannen oder sogar töten.<br> | + | konnte, wollten schließlich gegen [[Getares]] in den Krieg ziehen und ihn von dieser Welt verbannen oder sogar töten.<br> |
== Kapitel Vier - Der Bruderkrieg == | == Kapitel Vier - Der Bruderkrieg == | ||
− | Die Menschen fürchteten sich, denn niemand konnte wissen, welche Teufeleien Alatar und | + | Die Menschen fürchteten sich, denn niemand konnte wissen, welche Teufeleien [[Alatar]] und |
seine Anhänger als Nächstes im Schilde führen würden. Er hatte schon viele Menschen in | seine Anhänger als Nächstes im Schilde führen würden. Er hatte schon viele Menschen in | ||
den Tod gerissen und die Angst fraß sich in ihren Verstand. Einige entschieden sich daher, | den Tod gerissen und die Angst fraß sich in ihren Verstand. Einige entschieden sich daher, | ||
− | Alatar anzubeten, um dem Tod zu entrinnen. Doch ebenso viele wandten sich an Getares und | + | [[Alatar]] anzubeten, um dem Tod zu entrinnen. Doch ebenso viele wandten sich an [[Getares]] und |
baten um Schutz.<br> | baten um Schutz.<br> | ||
Riss fuhr durch die Menschheit. Dörfer bekriegten sich untereinander und selbst innerhalb dieser Gemeinden war man sich nicht immer einig, welcher der Götterbrüder der Patron | Riss fuhr durch die Menschheit. Dörfer bekriegten sich untereinander und selbst innerhalb dieser Gemeinden war man sich nicht immer einig, welcher der Götterbrüder der Patron | ||
des Dorfes werden sollte. Diese Zeitperiode trägt heute noch den Titel Bruderkrieg. Nicht | des Dorfes werden sollte. Diese Zeitperiode trägt heute noch den Titel Bruderkrieg. Nicht | ||
− | nur Alatar und Getares bekämpften einander, auch ihre Anhänger schreiben Geschichten in der Sprache der Gewalt. Selbst innerhalb von Familien erntete Alatar seine bösartigen Früchte des Hasses.<br> | + | nur [[Alatar]] und [[Getares]] bekämpften einander, auch ihre Anhänger schreiben Geschichten in der Sprache der Gewalt. Selbst innerhalb von Familien erntete [[Alatar]] seine bösartigen Früchte des Hasses.<br> |
Unter Feuer und Asche war dies eine Zeit des Elends und der Not. Doch aus diesem Leid sollte neue Hoffnung geschöpft werden.<br> | Unter Feuer und Asche war dies eine Zeit des Elends und der Not. Doch aus diesem Leid sollte neue Hoffnung geschöpft werden.<br> | ||
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'''Die Angurer'''<br> | '''Die Angurer'''<br> | ||
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− | Aus den Trümmern eines Dorfes im Norden, welches den Namen | + | Aus den Trümmern eines Dorfes im Norden, welches den Namen Bal'thar trug und im Bruderkrieg durch [[Alatar]] vollkommen zerstört wurde, erhoben sich drei Männer; Angur, Irias |
und Björn. Sie waren mittleren Alters und den Verhältnissen des Nordens entsprechend kräftig und zäh gebaut.<br> | und Björn. Sie waren mittleren Alters und den Verhältnissen des Nordens entsprechend kräftig und zäh gebaut.<br> | ||
Aus den Überresten Angurs machten sie ein Lagerfeuer und beredetet, was sie tun sollten. | Aus den Überresten Angurs machten sie ein Lagerfeuer und beredetet, was sie tun sollten. | ||
− | Ihre Frauen und Verwandten waren verbrannt oder wurden von den Dienern | + | Ihre Frauen und Verwandten waren verbrannt oder wurden von den Dienern [[Alatar]]s verschleppt. Hass keimte in ihren Herzen. Sie hassten [[Alatar]], weil er ihre Angehörigen umgebracht hatte. Sie hassten aber auch [[Getares]], weil er seinen Bruder nicht aufgehalten hatte. |
Angur und Irias waren zwar nur Bauern und Björn ein Hirte, aber wer mit einem Hirtenstab | Angur und Irias waren zwar nur Bauern und Björn ein Hirte, aber wer mit einem Hirtenstab | ||
umgehen konnte, der würde das sicherlich auch mit einer Axt oder einer Hellebarde schaffen. | umgehen konnte, der würde das sicherlich auch mit einer Axt oder einer Hellebarde schaffen. | ||
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nächste Dorf, welches dicht an der Vegetationsgrenze lag. Sie fanden Unterkunft in einem | nächste Dorf, welches dicht an der Vegetationsgrenze lag. Sie fanden Unterkunft in einem | ||
verlassenen Haus und ein Lagerfeuer half ihnen, die Nacht zu überstehen.<br> | verlassenen Haus und ein Lagerfeuer half ihnen, die Nacht zu überstehen.<br> | ||
− | Die Dorfbewohner waren von den Ereignissen des zerstörten | + | Die Dorfbewohner waren von den Ereignissen des zerstörten Bal'thar erschüttert, als sie von |
− | dessen Schicksal erfuhren. Sie baten die Männer, bei ihnen zu bleiben und Teil ihrer Gemeinschaft zu werden. Die Anwesenheit der drei und die Kunde über das Ende von | + | dessen Schicksal erfuhren. Sie baten die Männer, bei ihnen zu bleiben und Teil ihrer Gemeinschaft zu werden. Die Anwesenheit der drei und die Kunde über das Ende von Bal'thars sorgten dafür, dass sich die Streitereien in dem Dorf kurzzeitig legten. Hass und Neid waren vorerst vertrieben.<br> |
Es dauerte aber nicht lange – Angur, Irias und Björn hatten sich erst eingelebt –, da keimte | Es dauerte aber nicht lange – Angur, Irias und Björn hatten sich erst eingelebt –, da keimte | ||
erneut Misstrauen unter den Bewohnern auf. Der Hass hatte zurückgefunden und zerstörte | erneut Misstrauen unter den Bewohnern auf. Der Hass hatte zurückgefunden und zerstörte | ||
die jüngst gewonnene Einigkeit des Dorfes.<br> | die jüngst gewonnene Einigkeit des Dorfes.<br> | ||
− | Angur forderte die Menschen auf, einzuhalten und sich an | + | Angur forderte die Menschen auf, einzuhalten und sich an Bal'thar zu erinnern, doch nur |
wenige schenkten ihm Gehör. Ein stämmiger Mann namens Ulf stellte sich Angur entgegen | wenige schenkten ihm Gehör. Ein stämmiger Mann namens Ulf stellte sich Angur entgegen | ||
− | und beschimpfte ihn als Anhänger | + | und beschimpfte ihn als Anhänger [[Getares]]'. Angur aber hegte noch immer seinen Hass gegen |
beide der Götterbrüder. Wut stieg in ihm auf, als er die Anschuldigung hörte, doch er zähmte | beide der Götterbrüder. Wut stieg in ihm auf, als er die Anschuldigung hörte, doch er zähmte | ||
sie.<br> | sie.<br> | ||
− | + | ''"Weder [[Alatar]], noch [[Getares]], nenne ich meine Herren"'', antwortete er Ulf mit friedfertiger | |
Stimme.<br> | Stimme.<br> | ||
sahen die Menschen nun zu ihm auf. Bisher hatten sie nie daran gedacht, keinen der | sahen die Menschen nun zu ihm auf. Bisher hatten sie nie daran gedacht, keinen der | ||
Götter zu verehren. Diese Sichtweise erweiterte ihren Horizont.<br> | Götter zu verehren. Diese Sichtweise erweiterte ihren Horizont.<br> | ||
− | Ulf aber wurde zorniger und zorniger. | + | Ulf aber wurde zorniger und zorniger. [[Alatar]]s Hass hatte sich schon zu tief in sein Herz gefressen. So griff der Mann nach einer Keule, die an einer Hauswand lehnte, und stürmte brüllend auf Angur zu. Kurz bevor die Waffe Angur treffen sollte, kreuzte ein Breitschwert ihren |
Weg. Holz splitterte und die Klinge des Schwertes blieb in der großen Keule stecken. | Weg. Holz splitterte und die Klinge des Schwertes blieb in der großen Keule stecken. | ||
Nachdem sich Ulf von der Überraschung erholt hatte, hob er erneut seine Waffe. Das Schwert | Nachdem sich Ulf von der Überraschung erholt hatte, hob er erneut seine Waffe. Das Schwert | ||
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Björns langes Haar in die Blutlache, die sich langsam unter seinem toten Körper bildete. | Björns langes Haar in die Blutlache, die sich langsam unter seinem toten Körper bildete. | ||
Ulf begann zu lachen. Es war eine Genugtuung für ihn, Björn tot vor sich liegen zu sehen, | Ulf begann zu lachen. Es war eine Genugtuung für ihn, Björn tot vor sich liegen zu sehen, | ||
− | doch gleichzeitig wuchs der Durst nach mehr; mehr Blut für Alatar. Angur, sein eigentlicher | + | doch gleichzeitig wuchs der Durst nach mehr; mehr Blut für [[Alatar]]. Angur, sein eigentlicher |
Gegner, lebte noch und sollte das nächste Opfer werden.<br> | Gegner, lebte noch und sollte das nächste Opfer werden.<br> | ||
Ulf nahm den Griff des Schwertes und ging nun mit beiden Waffen auf Angur zu. Dieses Mal | Ulf nahm den Griff des Schwertes und ging nun mit beiden Waffen auf Angur zu. Dieses Mal | ||
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treffen sollte.<br> | treffen sollte.<br> | ||
Angur blieb nicht tatenlos und schwang seine Axt. Er erwischte Ulf am Hals und brach ihn | Angur blieb nicht tatenlos und schwang seine Axt. Er erwischte Ulf am Hals und brach ihn | ||
− | zum Stürzen. Rippen brachen und | + | zum Stürzen. Rippen brachen und Irias' Luft wurde abgeschnürt, als der Körper des Hünen |
− | auf ihn fiel und den Schützen unter sich begrub. | + | auf ihn fiel und den Schützen unter sich begrub. Ulfs Kopf kullerte über den harten Erdboden |
und blieb auf dem Stumpf liegen. Das Gesicht des Toten war noch immer hasserfüllt und | und blieb auf dem Stumpf liegen. Das Gesicht des Toten war noch immer hasserfüllt und | ||
kalt.<br> | kalt.<br> | ||
Mit Mühen befreite Angur seinen Freund Irias von Ulfs Rumpf. Als er vorsichtig seinen Kopf | Mit Mühen befreite Angur seinen Freund Irias von Ulfs Rumpf. Als er vorsichtig seinen Kopf | ||
− | anhob, erkannte Angur aber schon, dass der Lebensodem | + | anhob, erkannte Angur aber schon, dass der Lebensodem [[Eluive]]s seinen Freund bereits verließ. Angur weinte und schloss die Augen seiner beiden Freunde. Seine Tränen strich er |
ihnen auf die Stirn.<br> | ihnen auf die Stirn.<br> | ||
Dann sah Angur sich um.<br> | Dann sah Angur sich um.<br> | ||
Es herrschte betretenes Schweigen ihm ihn herum. Von den drei Fremden, die das Dorf einst | Es herrschte betretenes Schweigen ihm ihn herum. Von den drei Fremden, die das Dorf einst | ||
aufgenommen hatte, wurden zwei von einem der ihren umgebracht. | aufgenommen hatte, wurden zwei von einem der ihren umgebracht. | ||
− | + | ''"Seht euch an, was euch eure Götter bringen!"'', sprach Angur laut und fordernd. ''"Ist es das, | |
− | was ihr wollt? Nicht weiter als den Tod? | + | was ihr wollt? Nicht weiter als den Tod?"''<br> |
− | Ein älterer Mann trat hervor. | + | Ein älterer Mann trat hervor. ''"Sag und, was wir tun können! Wir stehen in deiner Schuld!"'' |
− | + | ''"Mich hält hier nichts mehr."'' Angur schüttelte den Kopf. ''"Lebt euer Leben und denkt an | |
− | meine Worte. Entsagt den Göttern oder sterbt mit ihnen zusammen. | + | meine Worte. Entsagt den Göttern oder sterbt mit ihnen zusammen."'' Er bahnte sich einen |
Weg aus dem Menschenkreis heraus, als der Alte erneut sprach.<br> | Weg aus dem Menschenkreis heraus, als der Alte erneut sprach.<br> | ||
− | + | ''"Deine Worte sind weise. Lass mich dich begleiten."''<br> | |
− | + | Seufzend schaute Angur zurück und seine Blicke schweiften umher, während sich immer | |
mehr Menschen zu dem Alten stellten. Dort, wo sein Blick von einem anderen Augenpaar | mehr Menschen zu dem Alten stellten. Dort, wo sein Blick von einem anderen Augenpaar | ||
gestreift wurde, erntete er ein sachtes Nicken. Kein einziger Bewohner des Dorfes wollte sich | gestreift wurde, erntete er ein sachtes Nicken. Kein einziger Bewohner des Dorfes wollte sich | ||
− | den Machenschaften von Alatar weiterhin aussetzen.<br> | + | den Machenschaften von [[Alatar]] weiterhin aussetzen.<br> |
− | + | ''"Ich gehe dorthin, wo kein Mensch je zuvor gewesen ist. In die Eiswüste."''<br> | |
Seine Worte wurden erneut mit einem Nicken beantwortet. Angur begann zu verstehen. Dieses Dorf voller Männer, Frauen und Kinder wollte seinem Beispiel folgen. Doch hatten sie | Seine Worte wurden erneut mit einem Nicken beantwortet. Angur begann zu verstehen. Dieses Dorf voller Männer, Frauen und Kinder wollte seinem Beispiel folgen. Doch hatten sie | ||
allein nicht die Kraft, den Göttern zu entsagen. Sie brauchten einen Führer, der bis dahin | allein nicht die Kraft, den Göttern zu entsagen. Sie brauchten einen Führer, der bis dahin | ||
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den kalten Ort erreichten. In der Nacht fegte ein gewaltiges Gewitter über den Norden | den kalten Ort erreichten. In der Nacht fegte ein gewaltiges Gewitter über den Norden | ||
Alathairs hinweg. Blitze durchzuckten die Nacht und trennten die Halbinsel vom Festland.<br> | Alathairs hinweg. Blitze durchzuckten die Nacht und trennten die Halbinsel vom Festland.<br> | ||
− | Der nächste Morgen war erfüllt von verzweifeltem Jammern. Der ›Heimweg‹ war abgeschnitten; der Punkt ohne Wiederkehr war erreicht. Aber Angur schenkte ihnen neue Hoffnung, indem er ihnen versprach, dass Alatar ihnen niemals hierher folgen würde und sie nun | + | Der nächste Morgen war erfüllt von verzweifeltem Jammern. Der ›Heimweg‹ war abgeschnitten; der Punkt ohne Wiederkehr war erreicht. Aber Angur schenkte ihnen neue Hoffnung, indem er ihnen versprach, dass [[Alatar]] ihnen niemals hierher folgen würde und sie nun |
Frieden hätten.<br> | Frieden hätten.<br> | ||
Ein großes Lager wurde errichtet und ein Feuer entfacht. Die Kälte war zwar lebensfeindlich, | Ein großes Lager wurde errichtet und ein Feuer entfacht. Die Kälte war zwar lebensfeindlich, | ||
aber die Angurer waren Kälte gewohnt, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Mit der Zeit gewöhnten sie sich daran, dicke Kleidung zu tragen. Angur beschäftigte sich lange damit, Riten | aber die Angurer waren Kälte gewohnt, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Mit der Zeit gewöhnten sie sich daran, dicke Kleidung zu tragen. Angur beschäftigte sich lange damit, Riten | ||
− | zu erschaffen, mit welchen man | + | zu erschaffen, mit welchen man [[Alatar]]s Hass aus seinem Herzen verbannen konnte. Er wurde zu einem mächtigen Führer des Nordens. Seine Anhänger nannten sich seitdem mit Stolz |
Angurer.<br> | Angurer.<br> | ||
<br> | <br> | ||
'''Todesschreie'''<br> | '''Todesschreie'''<br> | ||
<br> | <br> | ||
− | Alatar hatten unterdessen ganz Alathair in einen Krieg geworfen. Frauen waren heimatlos | + | [[Alatar]] hatten unterdessen ganz Alathair in einen Krieg geworfen. Frauen waren heimatlos |
und Kinder weinten. Es herrschte Chaos.<br> | und Kinder weinten. Es herrschte Chaos.<br> | ||
− | Alatar erfreute sich an dem Anblick und verhöhnte Getares.<br> | + | [[Alatar]] erfreute sich an dem Anblick und verhöhnte [[Getares]].<br> |
− | + | ''"Sieh her, wie du deine Menschen unter Kontrolle hast"'', rief er seinem Bruder zu. ''"Sie haben | |
− | Angst! | + | Angst!"''<br> |
− | Doch Getares antwortete nicht. Zu sehr war er damit beschäftigt, Kraft zu sammeln, um Alatar die Macht über die Menschen zu nehmen.<br> | + | Doch [[Getares]] antwortete nicht. Zu sehr war er damit beschäftigt, Kraft zu sammeln, um [[Alatar]] die Macht über die Menschen zu nehmen.<br> |
− | Alatar lachte laut auf, als er sah, was Getares versuchte. Er nahm einen großen Felsen und | + | [[Alatar]] lachte laut auf, als er sah, was [[Getares]] versuchte. Er nahm einen großen Felsen und |
− | schleuderte ihn gegen seinen Bruder. Stark taumelte Getares und fiel zu Boden. Seine Flügel | + | schleuderte ihn gegen seinen Bruder. Stark taumelte [[Getares]] und fiel zu Boden. Seine Flügel |
waren geknickt und nicht mehr zu gebrauchen.<br> | waren geknickt und nicht mehr zu gebrauchen.<br> | ||
− | Nun sah Alatar seine Chance. Wenn er Getares endgültig beseitigen würde, könnte er über | + | Nun sah [[Alatar]] seine Chance. Wenn er [[Getares]] endgültig beseitigen würde, könnte er über |
alles und jeden herrschen. Er nahm den Felsen und formte daraus einen großen Speer mit | alles und jeden herrschen. Er nahm den Felsen und formte daraus einen großen Speer mit | ||
− | Widerhaken. Bevor Getares erahnte, was Alatar vorhatte, durchbohrte ihn die Spitze in der | + | Widerhaken. Bevor [[Getares]] erahnte, was [[Alatar]] vorhatte, durchbohrte ihn die Spitze in der |
Höhe, wo bei einem normalen Vogel das Herz zu erwarten war.<br> | Höhe, wo bei einem normalen Vogel das Herz zu erwarten war.<br> | ||
− | Getares schrie auf. Seine Rufe waren bis zu den Gestirnen zu hören bis auch seine letzte Kraft | + | [[Getares]] schrie auf. Seine Rufe waren bis zu den Gestirnen zu hören bis auch seine letzte Kraft |
− | auf Alatar übergegangen war. Der übrig gebliebene Bruder sog die Kraft in sich auf, wie ein | + | auf [[Alatar]] übergegangen war. Der übrig gebliebene Bruder sog die Kraft in sich auf, wie ein |
Durstiger kühles Wasser trank.<br> | Durstiger kühles Wasser trank.<br> | ||
− | Eluive erschrak, als sie die Schreie | + | [[Eluive]] erschrak, als sie die Schreie [[Getares]]' hörte, waren sie doch so grell und noch nie zuvor |
zu hören gewesen. Augenblicklich begab sie sich an den Ort, vom dem die Schreie ausgingen. | zu hören gewesen. Augenblicklich begab sie sich an den Ort, vom dem die Schreie ausgingen. | ||
− | Alatar sah seine Mutter kommen und versuchte, sich hinter einem großen Berg zu verstecken.<br> | + | [[Alatar]] sah seine Mutter kommen und versuchte, sich hinter einem großen Berg zu verstecken.<br> |
− | Eluive weinte. Sie weinte lang und ausgiebig und verstand nun, warum Horteras sie einst | + | [[Eluive]] weinte. Sie weinte lang und ausgiebig und verstand nun, warum Horteras sie einst |
− | gewarnt hatte. Ihre Tränen sammelten sich um Getares und zogen ihn in die Tiefe. Gezeichnet von diesem Ereignis würde dieser Ort für lange Zeit kein schmackhafte Früchte bringen | + | gewarnt hatte. Ihre Tränen sammelten sich um [[Getares]] und zogen ihn in die Tiefe. Gezeichnet von diesem Ereignis würde dieser Ort für lange Zeit kein schmackhafte Früchte bringen |
oder Lebewesen beherbergen.<br> | oder Lebewesen beherbergen.<br> | ||
− | Eluive spürte etwas Seltsames. Sie hatte eine grausame Vorahnung, was passieren würde, | + | [[Eluive]] spürte etwas Seltsames. Sie hatte eine grausame Vorahnung, was passieren würde, |
− | wenn | + | wenn [[Alatar]]s Macht gewachsen wäre und zu was er fähig wäre. Sie zog sich zurück nach Nilzadan, dem Ort, dem selbst [[Alatar]] einen gewissen Respekt entgegenbrachte und ihn mied. |
− | Auch die Menschen hörten | + | Auch die Menschen hörten [[Getares]]' Todesschreie und alle Streitereien waren für kurze Zeit |
vergessen, denn die Schreie reinigten ihren Geist und es kehrte Frieden ein, der von der | vergessen, denn die Schreie reinigten ihren Geist und es kehrte Frieden ein, der von der | ||
− | Trauer um | + | Trauer um [[Getares]]' Tod überschattet war.<br> |
<br> | <br> | ||
− | ''' Die Menekaner '''<br> | + | ''' Die [[Menekaner]] '''<br> |
<br> | <br> | ||
Im Süden Alathairs spielte sich eine ähnliche Szene wie im Norden ab.<br> | Im Süden Alathairs spielte sich eine ähnliche Szene wie im Norden ab.<br> | ||
− | In den schweren Zeiten waren die Anhänger | + | In den schweren Zeiten waren die Anhänger [[Eluive]]s eine Minderheit. Einer von ihnen mit |
dem Namen Saajid begann damit, Gleichgesinnte um sich zu sammeln. Er zog von Dorf zu | dem Namen Saajid begann damit, Gleichgesinnte um sich zu sammeln. Er zog von Dorf zu | ||
− | Dorf und erzählte von einer Vision, die er hatte. Sie sprach davon, wie Eluive ein neues Land | + | Dorf und erzählte von einer Vision, die er hatte. Sie sprach davon, wie [[Eluive]] ein neues Land |
für die Menschen bereithielt.<br> | für die Menschen bereithielt.<br> | ||
Einige Menschen glaubten ihm, andere verspotteten ihn und vertrieben ihn aus den Dörfern. | Einige Menschen glaubten ihm, andere verspotteten ihn und vertrieben ihn aus den Dörfern. | ||
So hatte Saajid eine kleine Schar von fünfzig Männern und Frauen um sich gesammelt und | So hatte Saajid eine kleine Schar von fünfzig Männern und Frauen um sich gesammelt und | ||
begab sich mit ihnen auf Wanderschaft. Er selbst wusste nicht, wohin die Reise gehen sollte, | begab sich mit ihnen auf Wanderschaft. Er selbst wusste nicht, wohin die Reise gehen sollte, | ||
− | doch hielt er seine Jünger in dem Glauben, dass Eluive selbst ihn führen würde. Sie wanderten sie einige Monate umher.<br> | + | doch hielt er seine Jünger in dem Glauben, dass [[Eluive]] selbst ihn führen würde. Sie wanderten sie einige Monate umher.<br> |
− | Als Alatar seinem Bruder Getares das Leben nahm, ergoss sich plötzlich ein gigantischer Regen; die Tränen | + | Als [[Alatar]] seinem Bruder [[Getares]] das Leben nahm, ergoss sich plötzlich ein gigantischer Regen; die Tränen [[Eluive]]s. Saajid und seine Schar sahen den Niederschlag von Weitem und sie |
waren die einzigen Zeugen dieses Ereignisses. Der Regen befeuchtete die Erde, welche sich in | waren die einzigen Zeugen dieses Ereignisses. Der Regen befeuchtete die Erde, welche sich in | ||
den Himmel erhob. So entstanden die Salzberge von Cantar.<br> | den Himmel erhob. So entstanden die Salzberge von Cantar.<br> | ||
− | Saajid und seine Schar fielen auf die Knie, beteten zu Eluive und dankten ihr für das Zeichen. | + | Saajid und seine Schar fielen auf die Knie, beteten zu [[Eluive]] und dankten ihr für das Zeichen. |
Frischen Mutes gingen sie auf ihr neues Land zu. Der Regen dauerte ein halbes Götterjahr. | Frischen Mutes gingen sie auf ihr neues Land zu. Der Regen dauerte ein halbes Götterjahr. | ||
Die Wiesen und Felder wurden salzig und die Früchte, die sich hervorbrachten, ungenießbar. | Die Wiesen und Felder wurden salzig und die Früchte, die sich hervorbrachten, ungenießbar. | ||
− | In den ersten Monaten dieser Zeit waren die Bewohner von | + | In den ersten Monaten dieser Zeit waren die Bewohner von Menek'Ur (Neues Land) unglücklich darüber, denn mehr und mehr drohte ihnen eine Hungersnot. Und als der Regen nachließ, verdorrte das bis dahin grüne Land und wurde zu seiner steinigen Steppe.<br> |
− | Saajid erklärte, dass Eluive auch weiterhin für sie sorgen würde und dass es nur eine vorübergehende Zeit der Trockenheit wäre. Doch es kam anders. Die Menschen fühlten sich | + | Saajid erklärte, dass [[Eluive]] auch weiterhin für sie sorgen würde und dass es nur eine vorübergehende Zeit der Trockenheit wäre. Doch es kam anders. Die Menschen fühlten sich |
− | immer unwohler mit der Zeit und ihr Führer Saajid war in die Höhlen der Berge verschwunden. Die Sonne brandmarkte ihre Haut. Der Wüstensand verbrannte ihre Füße. All diese Einflüsse veränderten die Menschen und über die Zeit hinweg lernten sie das Überleben in dieser Wüste von | + | immer unwohler mit der Zeit und ihr Führer Saajid war in die Höhlen der Berge verschwunden. Die Sonne brandmarkte ihre Haut. Der Wüstensand verbrannte ihre Füße. All diese Einflüsse veränderten die Menschen und über die Zeit hinweg lernten sie das Überleben in dieser Wüste von Menek'Ur. Wasser ›ernteten‹ sie aus Kakteen. Wüstenfrüchte und Tiere stellten die tägliche Nahrung dar.<br> |
Aber das genügte den Menschen nicht. Sie waren das Warten leid und beschimpften Saajid. | Aber das genügte den Menschen nicht. Sie waren das Warten leid und beschimpften Saajid. | ||
− | Sie wollten ihn umbringen. Saajids Söhne aber hielten die Menekaner zurück und erzählten | + | Sie wollten ihn umbringen. Saajids Söhne aber hielten die [[Menekaner]] zurück und erzählten |
− | ihnen, dass ihr Vater das Geschenk | + | ihnen, dass ihr Vater das Geschenk [[Eluive]]s gefunden hätte. Es war genau das, was das Leben |
in diesem Land so unerträglich gemacht hatte. Das Salz.<br> | in diesem Land so unerträglich gemacht hatte. Das Salz.<br> | ||
Saajid hatte in den Bergen die Salzvorkommen gefunden. Es hatte nur etwas gedauert, bis er | Saajid hatte in den Bergen die Salzvorkommen gefunden. Es hatte nur etwas gedauert, bis er | ||
verstanden hatte, wie das Salz einzusetzen war. Es dauerte ein halbes Götterjahr, aber endlich konnte Saajid seinem Volk erklären, wie man Salz abbaute und wozu man es gebrauchen | verstanden hatte, wie das Salz einzusetzen war. Es dauerte ein halbes Götterjahr, aber endlich konnte Saajid seinem Volk erklären, wie man Salz abbaute und wozu man es gebrauchen | ||
konnte. | konnte. | ||
− | |||
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== Kapitel Fünf - Das Schicksal Alathairs == | == Kapitel Fünf - Das Schicksal Alathairs == | ||
− | Alatar streunte in der Welt umher.<br> | + | [[Alatar]] streunte in der Welt umher.<br> |
Überall schienen die Menschen wieder Frieden gefunden zu haben. Zwar gab es noch immer | Überall schienen die Menschen wieder Frieden gefunden zu haben. Zwar gab es noch immer | ||
− | hier und da Streitigkeiten, aber nichts, was man dem Anderen nicht verzeihen konnte. | + | hier und da Streitigkeiten, aber nichts, was man dem Anderen nicht verzeihen konnte. [[Alatar]]s Werk schien durch den Tod [[Getares]]' zerstört worden zu sein. Wut stieg in dem Panther |
auf und in seinem Zorn verfluchte er ganz Alathair.<br> | auf und in seinem Zorn verfluchte er ganz Alathair.<br> | ||
− | Eluive hatte sich nach Nilzadan zurückgezogen, um zu trauern, wie der Peiniger | + | [[Eluive]] hatte sich nach Nilzadan zurückgezogen, um zu trauern, wie der Peiniger [[Getares]]' |
vermutete. Ihm war es nur Recht. So hatte er Zeit, größerer Pläne zu schmieden und dieses | vermutete. Ihm war es nur Recht. So hatte er Zeit, größerer Pläne zu schmieden und dieses | ||
Mal würden sie von niemandem durchkreuzt werden.<br> | Mal würden sie von niemandem durchkreuzt werden.<br> | ||
− | Alatar hatte | + | [[Alatar]] hatte [[Getares]]' Macht in sich aufgenommen und er begann zu spüren, wie mächtig er |
werden könnte, wenn er genug Zeit hätte. Er tauchte in das Wasser Alathairs ein und sein | werden könnte, wenn er genug Zeit hätte. Er tauchte in das Wasser Alathairs ein und sein | ||
gegenstandsloser Körper versank ohne eine einzige Welle.<br> | gegenstandsloser Körper versank ohne eine einzige Welle.<br> | ||
Unten, in den Tiefen des Meeres, wo es nicht mehr weit bis zum Mittelpunkt der Welt war, | Unten, in den Tiefen des Meeres, wo es nicht mehr weit bis zum Mittelpunkt der Welt war, | ||
− | bereitete Alatar seinen Plan vor.<br> | + | bereitete [[Alatar]] seinen Plan vor.<br> |
<br> | <br> | ||
− | Eluive weilte in Nilzadan, doch war sie keineswegs untätig. Sie spürte, dass Alatar sich von | + | [[Eluive]] weilte in Nilzadan, doch war sie keineswegs untätig. Sie spürte, dass [[Alatar]] sich von |
diesem Ort fernhalten würde und damit war eines klar – wenn sie ein neues Kind in die Welt | diesem Ort fernhalten würde und damit war eines klar – wenn sie ein neues Kind in die Welt | ||
setzen würde, wäre es an diesem Ort am sichersten.<br> | setzen würde, wäre es an diesem Ort am sichersten.<br> | ||
− | So gebar sie ihr drittes Kind Temora (Befreier), eine Tochter. | + | So gebar sie ihr drittes Kind [[Temora]] (Befreier), eine Tochter. [[Temora]]s Gestalt glich einem |
Menschen, wenngleich auch sie geschlechtslos war und nur ihre Züge weiblich anmuteten. | Menschen, wenngleich auch sie geschlechtslos war und nur ihre Züge weiblich anmuteten. | ||
Nun war die Zeit gekommen. Im Geschlecht der Götter war es üblich, nur zwei Kinder zu | Nun war die Zeit gekommen. Im Geschlecht der Götter war es üblich, nur zwei Kinder zu | ||
− | gebären. Eluive merkte, warum dies so war. Sie spürte, dass sie an Macht verloren hatte. Daher war es wichtig, dass Temora erst einmal ihre Macht entdeckte, bevor sie Alatar gegen- | + | gebären. [[Eluive]] merkte, warum dies so war. Sie spürte, dass sie an Macht verloren hatte. Daher war es wichtig, dass [[Temora]] erst einmal ihre Macht entdeckte, bevor sie [[Alatar]] gegen- |
überstehen würde.<br> | überstehen würde.<br> | ||
− | + | Eluive suchte nach [[Alatar]], denn je eher sie ihren Sohn finden würde, desto länger könnte sie | |
− | versuchen, ihn von Temora abzulenken und ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen. | + | versuchen, ihn von [[Temora]] abzulenken und ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen. |
Vielleicht war noch eine Tür in seinem Herzen nicht durch Neid und Hass verschlossen. | Vielleicht war noch eine Tür in seinem Herzen nicht durch Neid und Hass verschlossen. | ||
− | Eluive durchstreifte Wälder und Wiesen; Berge und Täler. Wo sie auch hinkam, hatten die | + | [[Eluive]] durchstreifte Wälder und Wiesen; Berge und Täler. Wo sie auch hinkam, hatten die |
Menschen ihn entweder vergessen oder lange Zeit nicht mehr gesehen.<br> | Menschen ihn entweder vergessen oder lange Zeit nicht mehr gesehen.<br> | ||
− | Die Göttin begann zu zweifeln. Hatte Alatar während ihrer Suche nun doch Nilzadan mit seiner bösartigen Anwesenheit entweiht und Temora womöglich schon getötet? Schnell eilte sie | + | Die Göttin begann zu zweifeln. Hatte [[Alatar]] während ihrer Suche nun doch Nilzadan mit seiner bösartigen Anwesenheit entweiht und [[Temora]] womöglich schon getötet? Schnell eilte sie |
− | zurück und fand ihre Tochter unversehrt vor. Gleißendes Licht trat aus | + | zurück und fand ihre Tochter unversehrt vor. Gleißendes Licht trat aus [[Temora]]s Augen und |
− | ruhig sprach sie zu Eluive.<br> | + | ruhig sprach sie zu [[Eluive]].<br> |
− | + | ''"Er ist auf dem Meeresgrund, Mutter. Er bereitet das Ende vor."''<br> | |
− | Eluive glaubte ihr. Selten wurde von sogenannten Sehern gesprochen im Geschlecht der Götter. Aber es gab sie und Temora war eine von ihnen. Sie hatte die Gabe, Gedanken zu lesen | + | [[Eluive]] glaubte ihr. Selten wurde von sogenannten Sehern gesprochen im Geschlecht der Götter. Aber es gab sie und [[Temora]] war eine von ihnen. Sie hatte die Gabe, Gedanken zu lesen |
und in die Zukunft zu sehen.<br> | und in die Zukunft zu sehen.<br> | ||
− | Eilig suchte Eluive das Meer und tauchte tief in das Gewässer, bis sie Alatar entdeckte, der | + | Eilig suchte [[Eluive]] das Meer und tauchte tief in das Gewässer, bis sie [[Alatar]] entdeckte, der |
mit seinen Tatzenhänden auf den Meeresgrund einschlug und sich ein gewaltiger Riss zwischen ihnen auftat.<br> | mit seinen Tatzenhänden auf den Meeresgrund einschlug und sich ein gewaltiger Riss zwischen ihnen auftat.<br> | ||
− | Eluive tauchte um Alatar herum und in den Spalt hinein, bis dieser den Mittelpunkt Alathairs | + | [[Eluive]] tauchte um [[Alatar]] herum und in den Spalt hinein, bis dieser den Mittelpunkt Alathairs |
− | erreicht hatte und die Welt zu zerreißen drohte. In diesem Moment gab Eluive ihren Körper | + | erreicht hatte und die Welt zu zerreißen drohte. In diesem Moment gab [[Eluive]] ihren Körper |
auf und hielt mit all ihrer Energie ihre Schöpfung zusammen. Ein gewaltiges Beben folgte | auf und hielt mit all ihrer Energie ihre Schöpfung zusammen. Ein gewaltiges Beben folgte | ||
− | und der Riss wurde von Erde und Schlamm zugeschüttet. | + | und der Riss wurde von Erde und Schlamm zugeschüttet. [[Eluive]]s Körper wurde in seiner |
Mitte begraben.<br> | Mitte begraben.<br> | ||
− | Alatar verfluchte seine Mutter und auch Horteras verfluchte er, als sein Plan vereitelt wurde. | + | [[Alatar]] verfluchte seine Mutter und auch Horteras verfluchte er, als sein Plan vereitelt wurde. |
Als er das Festland wieder erreichte, rief er sein Klagen zu den Gestirnen hinauf.<br> | Als er das Festland wieder erreichte, rief er sein Klagen zu den Gestirnen hinauf.<br> | ||
== Kapitel Sechs - Die Seherin == | == Kapitel Sechs - Die Seherin == | ||
− | Auch Temora fühlte das Erdbeben.<br> | + | Auch [[Temora]] fühlte das Erdbeben.<br> |
Sie wurde von tiefster Trauer und Wut ergriffen, als sie den Verlust ihrer Mutter verspürte. | Sie wurde von tiefster Trauer und Wut ergriffen, als sie den Verlust ihrer Mutter verspürte. | ||
− | Eluive war zwar nicht tot, doch konnte sie den Mittelpunkt Alathairs nicht verlassen, ohne | + | [[Eluive]] war zwar nicht tot, doch konnte sie den Mittelpunkt Alathairs nicht verlassen, ohne |
dass dies den Untergang der Welt bedeuten würde.<br> | dass dies den Untergang der Welt bedeuten würde.<br> | ||
− | Es war die erste Erfahrung, die Temora in ihrem jungen Dasein erleben musste. Sie schwor | + | Es war die erste Erfahrung, die [[Temora]] in ihrem jungen Dasein erleben musste. Sie schwor |
sich, dass sie alles tun würde, um den Willen ihrer Mutter zu erfüllen. Aber die Seherin war | sich, dass sie alles tun würde, um den Willen ihrer Mutter zu erfüllen. Aber die Seherin war | ||
− | schwach und ihre Fähigkeiten würden noch nicht für einen Kampf gegen Alatar ausreichen, | + | schwach und ihre Fähigkeiten würden noch nicht für einen Kampf gegen [[Alatar]] ausreichen, |
der irgendwo auf Alathair wütete.<br> | der irgendwo auf Alathair wütete.<br> | ||
− | Nilzadan war zwar ein sicherer Ort, aber würde er so lange sicher bleiben, bis Temora gelernt | + | Nilzadan war zwar ein sicherer Ort, aber würde er so lange sicher bleiben, bis [[Temora]] gelernt |
− | hatte, ihre Kräfte einzusetzen? Hatte Alatar eventuell schon geahnt, dass sie hier war? Ihre | + | hatte, ihre Kräfte einzusetzen? Hatte [[Alatar]] eventuell schon geahnt, dass sie hier war? Ihre |
Macht konnte es ihr nicht sagen. Sie wusste es nicht. Sie würde Hilfe brauchen, denn alleine | Macht konnte es ihr nicht sagen. Sie wusste es nicht. Sie würde Hilfe brauchen, denn alleine | ||
würde sie gegen ihren Bruder nicht bestehen können.<br> | würde sie gegen ihren Bruder nicht bestehen können.<br> | ||
Da kam ihr ein rettender Gedanke.<br> | Da kam ihr ein rettender Gedanke.<br> | ||
− | Temora hatte ein anderes Götterwesen in der Sphäre Alathairs gespürt. Horteras. Bittend | + | [[Temora]] hatte ein anderes Götterwesen in der Sphäre Alathairs gespürt. Horteras. Bittend |
versuchte sie, Kontakt mit ihm aufzunehmen.<br> | versuchte sie, Kontakt mit ihm aufzunehmen.<br> | ||
− | + | ''"Horteras, ich bitte dich. Hilf mir! Diese Welt braucht deinen Schutz und deine Macht!"''<br> | |
− | e du, Temora, bin auch ich ein | + | e du, [[Temora]], bin auch ich ein Seher"'', antwortete Horteras sodann. ''"Ich warnte deine |
Mutter vor der Erschaffung dieser Welt. Ich prophezeite ihr, was kommen würde und was sie | Mutter vor der Erschaffung dieser Welt. Ich prophezeite ihr, was kommen würde und was sie | ||
opfern müsste. Doch ihre eigene Musik betörte sie so sehr, dass ich sie nicht überzeugen | opfern müsste. Doch ihre eigene Musik betörte sie so sehr, dass ich sie nicht überzeugen | ||
konnte. Nun sieh sie dir an! Gefangen in ihrer eigenen Schöpfung! Verbannt, das Erdenreich | konnte. Nun sieh sie dir an! Gefangen in ihrer eigenen Schöpfung! Verbannt, das Erdenreich | ||
− | von unten zu sehen! | + | von unten zu sehen!"''<br> |
− | + | ''"Was siehst du, wenn du in die Zukunft siehst?"'', fragte [[Temora]] erstaunt. ''"Welche Hoffnung | |
− | hat Alathair? | + | hat Alathair?"''<br> |
Horteras schwieg. Er wusste, was gesehen würde, wenn er nichts tat. Für seine Enthaltung | Horteras schwieg. Er wusste, was gesehen würde, wenn er nichts tat. Für seine Enthaltung | ||
war es schon zu spät, war es doch, der das Festland geteilt hatte, um den Angurer Sicherheit | war es schon zu spät, war es doch, der das Festland geteilt hatte, um den Angurer Sicherheit | ||
zu verschaffen. Horteras haderte mich sich selbst. Die Entscheidung fiel ihm sehr schwer. | zu verschaffen. Horteras haderte mich sich selbst. Die Entscheidung fiel ihm sehr schwer. | ||
− | + | ''"Entsende sie!"'', flehte [[Temora]] ihn an. ''"Schicke [[Phanodain]] und [[Cirmias]]!"'' Sie hatte schon | |
− | längst gesehen, um welche Entscheidung | + | längst gesehen, um welche Entscheidung Horteras' Gedanken kreisten.<br> |
− | Und so entsandte Horteras seine beiden Söhne Phanodain und Cirmias. | + | Und so entsandte Horteras seine beiden Söhne [[Phanodain]] und [[Cirmias]]. [[Phanodain]]s Gestalt |
− | glich einem Fuchs und sein Verstand war weise, sein Handeln klug. Cirmias dagegen ähnelte | + | glich einem Fuchs und sein Verstand war weise, sein Handeln klug. [[Cirmias]] dagegen ähnelte |
einem Bären, der aber menschliche Hände hatte, die geschickt und stark waren. | einem Bären, der aber menschliche Hände hatte, die geschickt und stark waren. | ||
− | So gelangten die Söhne | + | So gelangten die Söhne Horteras' zu [[Temora]], um sich mit ihr zu beraten. Die Tochter [[Eluive]]s |
schilderte die Lage Alathairs. Ein Pakt des Lichts war geschlossen.<br> | schilderte die Lage Alathairs. Ein Pakt des Lichts war geschlossen.<br> | ||
− | |||
− | |||
== Kapitel Sieben - Der Pakt des Lichtes == | == Kapitel Sieben - Der Pakt des Lichtes == | ||
− | Cirmias hatte den Auftrag, Nilzadan zu versiegeln. Alatar sollte diese Stätte nicht entweihen | + | [[Cirmias]] hatte den Auftrag, Nilzadan zu versiegeln. [[Alatar]] sollte diese Stätte nicht entweihen |
− | können. Doch Cirmias hatte nicht vor, Nilzadan sich selbst zu überlassen. Er erschuf deshalb | + | können. Doch [[Cirmias]] hatte nicht vor, Nilzadan sich selbst zu überlassen. Er erschuf deshalb |
Wesen, welche den Berg bewachen sollten. Klein waren sie, damit sie sich durch die Tunnel | Wesen, welche den Berg bewachen sollten. Klein waren sie, damit sie sich durch die Tunnel | ||
− | des Berges schlagen konnten. Stark und geschickt waren sie, damit sie sich den Berg als Lebensraum zu eigen machen konnten. Cirmias erschuf zehn Dutzend dieser Wesen und nannte sie Khaz-Aduir (Wächter des Berges; Zwerge).<br> | + | des Berges schlagen konnten. Stark und geschickt waren sie, damit sie sich den Berg als Lebensraum zu eigen machen konnten. [[Cirmias]] erschuf zehn Dutzend dieser Wesen und nannte sie Khaz-Aduir (Wächter des Berges; [[Zwerge]]).<br> |
Dann versiegelte er den Berg und suchte die Städte der Menschen auf, um ihnen das Verständnis der Handwerkskunst zu geben. Auch die Nachfolger Angurs und die Bewohner des | Dann versiegelte er den Berg und suchte die Städte der Menschen auf, um ihnen das Verständnis der Handwerkskunst zu geben. Auch die Nachfolger Angurs und die Bewohner des | ||
Wüstenreiches segnete er mit dem Wissen des Handwerks. Die Menschen schrieben alles | Wüstenreiches segnete er mit dem Wissen des Handwerks. Die Menschen schrieben alles | ||
nieder, wie die großen Bibliotheken heute noch bezeugen können.<br> | nieder, wie die großen Bibliotheken heute noch bezeugen können.<br> | ||
− | Phanodain erschuf Geschöpfe, die den Menschen ähnlich waren. Sie hatten zwar nicht deren | + | [[Phanodain]] erschuf Geschöpfe, die den Menschen ähnlich waren. Sie hatten zwar nicht deren |
− | Stärke, doch ihre Gewandtheit ist nach wie vor unübertroffen. Phanodain erschuf sie im Einklang mit der Melodie der Gestirne und vererbte den Geschöpfen seine Weisheit. Er war zufrieden mit seinem Werk und gab ihnen die Aufgabe, das Gleichgewicht der Magie Alathairs | + | Stärke, doch ihre Gewandtheit ist nach wie vor unübertroffen. [[Phanodain]] erschuf sie im Einklang mit der Melodie der Gestirne und vererbte den Geschöpfen seine Weisheit. Er war zufrieden mit seinem Werk und gab ihnen die Aufgabe, das Gleichgewicht der [[Magie]] Alathairs |
− | zu wahren. Er nannte seine Geschöpfe die Edhil (Bewahrer des Wissens; Elfen) und hauchte | + | zu wahren. Er nannte seine Geschöpfe die Edhil (Bewahrer des Wissens; [[Elfen]]) und hauchte |
ihnen den Gesang des ewigen Lebens ein. Kein Edhil sollte sterben, bevor er selbst dazu bereit war, zu einem Teil der Melodie zu werden, aus der er erschaffen wurde; so er nicht gewaltsam dem Klang der Weltenmusik entrissen wurde.<br> | ihnen den Gesang des ewigen Lebens ein. Kein Edhil sollte sterben, bevor er selbst dazu bereit war, zu einem Teil der Melodie zu werden, aus der er erschaffen wurde; so er nicht gewaltsam dem Klang der Weltenmusik entrissen wurde.<br> | ||
− | Dann begab auch Phanodain sich nach vollendetem Werk – ebenso wie Cirmias – zu den | + | Dann begab auch [[Phanodain]] sich nach vollendetem Werk – ebenso wie [[Cirmias]] – zu den |
Völkern der Menschen, um ihnen ein wenig Wissen mit auf den Weg geben zu können.<br> | Völkern der Menschen, um ihnen ein wenig Wissen mit auf den Weg geben zu können.<br> | ||
<br> | <br> | ||
− | Alatar war auf das Treiben der Söhne | + | [[Alatar]] war auf das Treiben der Söhne Horteras' aufmerksam geworden. Er hatte die Erschaffung der Edhil ungesehen beobachten können. Da kam ihm ein neuer Gedanke. Doch sein |
Plan musste erst reifen.<br> | Plan musste erst reifen.<br> | ||
− | + | Er wartete bis sieben der von [[Phanodain]] geschaffenen Wesen alleine waren. In der Form | |
− | eines Panthers suchte Alatar sie auf. Die Edhil waren ohne Kleidung und erkundeten die Umgebung. Alatar folgte ihnen auf leisen Pfoten, überholte sie dann geschwind und stolzierte | + | eines Panthers suchte [[Alatar]] sie auf. Die Edhil waren ohne Kleidung und erkundeten die Umgebung. [[Alatar]] folgte ihnen auf leisen Pfoten, überholte sie dann geschwind und stolzierte |
vor ihnen her.<br> | vor ihnen her.<br> | ||
Die Edhil erfreuten sich über den Anblick des Panthers, dessen Fell so herrlich in allen Farben schimmerte; irgendwie aber immer dunkel und mysteriös erschien. Sie folgten ihm eine | Die Edhil erfreuten sich über den Anblick des Panthers, dessen Fell so herrlich in allen Farben schimmerte; irgendwie aber immer dunkel und mysteriös erschien. Sie folgten ihm eine | ||
Weile und ignorierten die harmonischen Klänge der Gestirne, die sie warnen wollten.<br> | Weile und ignorierten die harmonischen Klänge der Gestirne, die sie warnen wollten.<br> | ||
− | Tief in den Wald führte Alatar die Gruppe bis zu einer Lichtung. Dort verschwand er auf | + | Tief in den Wald führte [[Alatar]] die Gruppe bis zu einer Lichtung. Dort verschwand er auf |
einmal spurlos und ließ die Edhil allein. Nur sein Flüstern konnten die Sieben hören, doch | einmal spurlos und ließ die Edhil allein. Nur sein Flüstern konnten die Sieben hören, doch | ||
verstanden sie es nicht. Wie konnte man diese Sprache sprechen? Wer war dieser rätselhafte | verstanden sie es nicht. Wie konnte man diese Sprache sprechen? Wer war dieser rätselhafte | ||
− | Panther? All diese Fragen hätte die Melodie der Gestirne beantworten können, doch die Edhil standen noch immer unter dem Bann | + | Panther? All diese Fragen hätte die Melodie der Gestirne beantworten können, doch die Edhil standen noch immer unter dem Bann [[Alatar]]s und blieben taub.<br> |
Ihr Drang nach Wissen war so stark ihn ihnen, dass sie sich mit ihrer eigenen Neugier fesselten.<br> | Ihr Drang nach Wissen war so stark ihn ihnen, dass sie sich mit ihrer eigenen Neugier fesselten.<br> | ||
− | + | ''"Panther, lehre uns deine Sprache!"'', rief einer der Gruppe.<br> | |
− | Es kam keine Antwort und wieder rief der Edhil: | + | Es kam keine Antwort und wieder rief der Edhil: ''"Lehre uns deine Sprache, Panther!"''<br> |
Die Sieben sahen sich im Wald um. Die Ruhe war ungewöhnlich. Alle Tiere hatten den Wald | Die Sieben sahen sich im Wald um. Die Ruhe war ungewöhnlich. Alle Tiere hatten den Wald | ||
verlassen, als sie die Anwesenheit des Panthers spürten. Nur die Bäume sprachen in tiefen | verlassen, als sie die Anwesenheit des Panthers spürten. Nur die Bäume sprachen in tiefen | ||
knarrenden Geräuschen miteinander.<br> | knarrenden Geräuschen miteinander.<br> | ||
− | + | ''"Panther, bitte erhöre uns! Lehre uns deine Sprache!"'' Bald wurde aus dem Rufen ein Flehen.<br> | |
− | Nun kam Alatar auf die Lichtung zurück. Er hob den Kopf und antwortete ihnen: | + | Nun kam [[Alatar]] auf die Lichtung zurück. Er hob den Kopf und antwortete ihnen: ''"Lernt |
− | meine Sprache und tut, was ich euch gebiete! | + | meine Sprache und tut, was ich euch gebiete!"''<br> |
Zuerst waren die Edhil skeptisch und berieten sich untereinander.<br> | Zuerst waren die Edhil skeptisch und berieten sich untereinander.<br> | ||
− | + | ''"Lehre uns deine Weisheiten, Panther"'', kam schließlich die Antwort, ''"und wir geloben, dir | |
− | zu dienen. | + | zu dienen."''<br> |
Die Bäume um die Lichtung herum beklagten sich mit langem und lautem Knarren. Ein | Die Bäume um die Lichtung herum beklagten sich mit langem und lautem Knarren. Ein | ||
Wind fegte über den Wald hinweg. Plötzlich froren die sieben Edhil am ganzen Leib. Sie beschlossen, ein Feuer zu machen.<br> | Wind fegte über den Wald hinweg. Plötzlich froren die sieben Edhil am ganzen Leib. Sie beschlossen, ein Feuer zu machen.<br> | ||
− | Alatar freute sich daran, denn die Geschöpfe waren ein großes Geschenk für seine Sache. So | + | [[Alatar]] freute sich daran, denn die Geschöpfe waren ein großes Geschenk für seine Sache. So |
lehrte er sie eine neue Sprache, die sie für die Harmonien der Gestirne taub machte. Immer | lehrte er sie eine neue Sprache, die sie für die Harmonien der Gestirne taub machte. Immer | ||
− | wieder hörten sie nur die Stimme | + | wieder hörten sie nur die Stimme [[Alatar]]s, deren giftige Melodie ihre Herzen und ihren Verstand verkümmern ließ. Schließlich waren die Sieben blind für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit. Sie beteten [[Alatar]] an, ihnen eine Aufgabe zu geben. Doch der Panther versteckte sie |
im Wald und versprach, dass ihre Zeit kommen würde.<br> | im Wald und versprach, dass ihre Zeit kommen würde.<br> | ||
− | + | So kehrte auf Alathair ein wenig Ruhe ein. Die Menschen wandten sich an die Weisen, wenn | |
sie Probleme hatten. Selbst bei Rechtsprechungen war das Wort eines Edhil immer sehr geschätzt. Es war eine Zeit, in der die Welt aufblühte. Und so wurden auch die sieben vermissten Verführten nach einiger Zeit vergessen.<br> | sie Probleme hatten. Selbst bei Rechtsprechungen war das Wort eines Edhil immer sehr geschätzt. Es war eine Zeit, in der die Welt aufblühte. Und so wurden auch die sieben vermissten Verführten nach einiger Zeit vergessen.<br> | ||
− | + | == Kapitel Acht - Die [[Magie]]r von Tirell == | |
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Ruhe war eingekehrt.<br> | Ruhe war eingekehrt.<br> | ||
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sich. Sie schrieben Erfahrungen auf, bereisten die Welt, errichteten prachtvolle Bauten und | sich. Sie schrieben Erfahrungen auf, bereisten die Welt, errichteten prachtvolle Bauten und | ||
sammelten Wissen.<br> | sammelten Wissen.<br> | ||
− | Es entstanden zwei Gemeinschaften, die sich der Magie widmeten. Die einen bevorzugten, | + | Es entstanden zwei Gemeinschaften, die sich der [[Magie]] widmeten. Die einen bevorzugten, |
das Wissen zu sammeln und dieses nur an ausgewählte und verantwortungsvolle Menschen | das Wissen zu sammeln und dieses nur an ausgewählte und verantwortungsvolle Menschen | ||
− | weiterzugeben. Diese wurden die | + | weiterzugeben. Diese wurden die [[Magie]]r von Tirell genannt. Die anderen waren nur daran |
− | interessiert, wie sie den größten Nutzen aus der Magie schaffen könnten. Es stellte sich heraus, dass Drohungen mit Magie in der Hinsicht durchaus wirkungsvoll waren. Die Zauberkundigen dahinter gaben sich selbst den Namen Arkorither.<br> | + | interessiert, wie sie den größten Nutzen aus der [[Magie]] schaffen könnten. Es stellte sich heraus, dass Drohungen mit [[Magie]] in der Hinsicht durchaus wirkungsvoll waren. Die Zauberkundigen dahinter gaben sich selbst den Namen [[Arkorither]].<br> |
− | Beide Gemeinschaften wussten von der Gewalt, die in der Magie steckte, doch der Orden der | + | Beide Gemeinschaften wussten von der Gewalt, die in der [[Magie]] steckte, doch der Orden der |
− | Arkorither gierte geradezu nach der Macht, die sich ihnen offenbarte. Kein Experiment | + | [[Arkorither]] gierte geradezu nach der Macht, die sich ihnen offenbarte. Kein Experiment ließen sie aus, um die Effektivität ihrer Zauber zu erhöhen. So verschwanden hier und da vereinzelt Nutztiere von Bauern – oder gar selten kleine Kinder. Schnell wuchs der Respekt, den |
− | + | die Menschen den [[Arkorither]] zollten. Sie fürchteten sich gar vor ihnen und wollten nichts mit | |
− | die Menschen den Arkorither zollten. Sie fürchteten sich gar vor ihnen und wollten nichts mit | + | |
dem Orden zu tun haben.<br> | dem Orden zu tun haben.<br> | ||
− | Korow, der Anführer der Arkorither und einer der bösartigsten Menschen seiner Zeit, erkannte diese Angst. Doch auch ihm war es nicht bewusst, dass er eigentlich unter der Gnade | + | Korow, der Anführer der [[Arkorither]] und einer der bösartigsten Menschen seiner Zeit, erkannte diese Angst. Doch auch ihm war es nicht bewusst, dass er eigentlich unter der Gnade |
− | + | [[Alatar]]s stand, die ihn so mächtig werden ließ.<br> | |
− | + | ''"Lasst uns die Bauern unterjochen!"'', sprach Korow zu seinen [[Arkorither]]n. ''"Wer uns nicht | |
− | dienen will, wird sterben oder kampfunfähig gemacht! Bei Morgengrauen brechen wir auf. | + | dienen will, wird sterben oder kampfunfähig gemacht! Bei Morgengrauen brechen wir auf."'' |
− | Die Arkorither hatten eine grausame Tradition. Sie schnitten sich am Abend vor einem | + | Die [[Arkorither]] hatten eine grausame Tradition. Sie schnitten sich am Abend vor einem |
Kampf in die Hand und bestrichen ihre Waffen mit ihrem eigenen Blut. Oft hatten sie damit | Kampf in die Hand und bestrichen ihre Waffen mit ihrem eigenen Blut. Oft hatten sie damit | ||
− | schon vor der Schlacht eine ungeheure Angst bei ihren Gegnern ausgelöst. Die Schnittwunden heilten sie mittels ihrer Magie, wenn sie schliefen.<br> | + | schon vor der Schlacht eine ungeheure Angst bei ihren Gegnern ausgelöst. Die Schnittwunden heilten sie mittels ihrer [[Magie]], wenn sie schliefen.<br> |
Der Klang von aufeinandertreffendem Stahl und Entladungen von Energie, die durch die Luft | Der Klang von aufeinandertreffendem Stahl und Entladungen von Energie, die durch die Luft | ||
zuckten, waren an diesem Tag die Morgenmelodie für das Dorf Tonia. Viele unterwarfen sich | zuckten, waren an diesem Tag die Morgenmelodie für das Dorf Tonia. Viele unterwarfen sich | ||
− | der erschreckenden Gewalt der Arkorither. Wer zu fliehen versuchte, musste mit seinem Blut | + | der erschreckenden Gewalt der [[Arkorither]]. Wer zu fliehen versuchte, musste mit seinem Blut |
oder gar seinem Leben bezahlen.<br> | oder gar seinem Leben bezahlen.<br> | ||
Die schreckliche Nachricht um das Dorf verbreitete sich schnell. Die Botschaft schürte Angst, | Die schreckliche Nachricht um das Dorf verbreitete sich schnell. Die Botschaft schürte Angst, | ||
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Aber die Menschen in den umliegenden Dörfern reagierten. Die Schwerter, Speere und | Aber die Menschen in den umliegenden Dörfern reagierten. Die Schwerter, Speere und | ||
Schilder, die ihre Behausungen beschützen sollten, mehrten sich. Außerdem entsandte man | Schilder, die ihre Behausungen beschützen sollten, mehrten sich. Außerdem entsandte man | ||
− | Boten zum Orden von Tirell. Wenn sie die Arkorither stoppen wollten, dann würden sie das | + | Boten zum Orden von Tirell. Wenn sie die [[Arkorither]] stoppen wollten, dann würden sie das |
nur gemeinsam schaffen. Man erwartete den nächsten Angriff am nächsten Morgen.<br> | nur gemeinsam schaffen. Man erwartete den nächsten Angriff am nächsten Morgen.<br> | ||
− | + | Als es Mitternacht schlug, fand ein Pferd seinen Weg in Tonias Nachbardorf [[Varuna]]. Das | |
Ross zog einen verkohlten Sattel hinter sich her, an dem der Unterleib eines Spähers zu erkennen war. Es wurde Alarm geschlagen und ein weiterer Reiter nach Tirell entsandt.<br> | Ross zog einen verkohlten Sattel hinter sich her, an dem der Unterleib eines Spähers zu erkennen war. Es wurde Alarm geschlagen und ein weiterer Reiter nach Tirell entsandt.<br> | ||
− | + | ''"Lasst sie nur kommen!"'' Die Bewohner [[Varuna]]s bereiteten sich auf den Kampf vor. ''"Wir | |
− | werden unsere Vettern aus Tonia rächen! | + | werden unsere Vettern aus Tonia rächen!"''<br> |
− | So versuchten sich die Menschen aus Varuna Mut zuzusprechen. Sie stellten Schützen auf, | + | So versuchten sich die Menschen aus [[Varuna]] Mut zuzusprechen. Sie stellten Schützen auf, |
schickten Frauen und Kinder auf den Weg zum Fischerdorf Bajard im Süden.<br> | schickten Frauen und Kinder auf den Weg zum Fischerdorf Bajard im Süden.<br> | ||
− | Die Arkorither bewegten sich wie ein Schatten in der Nacht. Die Bogenschützen von Varuna | + | Die [[Arkorither]] bewegten sich wie ein Schatten in der Nacht. Die Bogenschützen von [[Varuna]] |
− | fanden zuerst kein Ziel, doch endlich waren auch die | + | fanden zuerst kein Ziel, doch endlich waren auch die [[Magie]]r aus Tirell eingetroffen. Ein Feuerball am Himmel erhellte die Nacht. Das flackernde Licht enttarnte die anrückenden [[Arkorither]] und sie wurden mit Pfeilen beschossen. Und schon fielen die ersten beiden der schwarz |
gekleideten Zauberkundigen.<br> | gekleideten Zauberkundigen.<br> | ||
Gleichzeitig jagte ein gewaltiger Energieball einen der Schützenstände hoch. Durch die Explosion fing das geschichtete Stroh Feuer. Für den Schützen, den die Salve frontal erwischt | Gleichzeitig jagte ein gewaltiger Energieball einen der Schützenstände hoch. Durch die Explosion fing das geschichtete Stroh Feuer. Für den Schützen, den die Salve frontal erwischt | ||
hatte, war jede Hilfe zu spät.<br> | hatte, war jede Hilfe zu spät.<br> | ||
− | Wild rufend stürzten sich die Krieger | + | Wild rufend stürzten sich die Krieger [[Varuna]]s auf die [[Arkorither]], während die Schützen eine |
− | zweite und letzte Salve auf die Schwarzmagier feuerten. Die | + | zweite und letzte Salve auf die Schwarzmagier feuerten. Die [[Magie]]r von Tirell unterstützten |
− | die Krieger. Die Schlacht war nun in vollem Gange. Bis zum Morgengrauen kämpften sie gegeneinander. Das Feld füllte sich mit den Körpern der gefallenen Arkorither und ihren Widersachern, bis die Männer aus Varuna die überhand gewannen.<br> | + | die Krieger. Die Schlacht war nun in vollem Gange. Bis zum Morgengrauen kämpften sie gegeneinander. Das Feld füllte sich mit den Körpern der gefallenen [[Arkorither]] und ihren Widersachern, bis die Männer aus [[Varuna]] die überhand gewannen.<br> |
− | Cherom, ein stämmiger Mann, der die Krieger | + | Cherom, ein stämmiger Mann, der die Krieger [[Varuna]]s in den Kampf geführt hatte, versenkte schließlich sein Schwert in die Schulter von Korow. Dieser schrie auf und konzentrierte |
seine letzte Kraft auf den Varunesen. Die Energie umschlang den Krieger und ließ seine Haut | seine letzte Kraft auf den Varunesen. Die Energie umschlang den Krieger und ließ seine Haut | ||
in weißen Flammen aufglühen.<br> | in weißen Flammen aufglühen.<br> | ||
− | Als die anderen Arkorither erkannten, dass ihr mächtiger Führer zu Boden sank, überkam sie | + | Als die anderen [[Arkorither]] erkannten, dass ihr mächtiger Führer zu Boden sank, überkam sie |
− | die Furcht. Die meisten der Kriegsmagier flüchteten in ihrer Angst. Diejenigen, die stur weiterkämpften, wurden von den Kämpfern | + | die Furcht. Die meisten der Kriegsmagier flüchteten in ihrer Angst. Diejenigen, die stur weiterkämpften, wurden von den Kämpfern [[Varuna]]s geschlagen.<br> |
− | Nachdem die Arkorither überwältigt waren, traten die Soldaten | + | Nachdem die [[Arkorither]] überwältigt waren, traten die Soldaten [[Varuna]]s und die [[Magie]]r aus |
− | Tirell zum Gegenangriff an. Als sie bei der Festung des Ordens ankamen, hatten sich die Arkorither dort verschanzt. Die Tirellmagier schickten Flammen bis in die höchsten Zinnen der | + | Tirell zum Gegenangriff an. Als sie bei der Festung des Ordens ankamen, hatten sich die [[Arkorither]] dort verschanzt. Die Tirellmagier schickten Flammen bis in die höchsten Zinnen der |
Burg, sodass sie nach und nach in sich zusammenfiel.<br> | Burg, sodass sie nach und nach in sich zusammenfiel.<br> | ||
− | Sie fanden vier leblose Körper der Kriegsmagier. Es gingen Gerüchte umher, dass einer entkommen wäre. Dennoch war die Bedrohung beseitigt. Der Orden der Arkorither wurde nie | + | Sie fanden vier leblose Körper der Kriegsmagier. Es gingen Gerüchte umher, dass einer entkommen wäre. Dennoch war die Bedrohung beseitigt. Der Orden der [[Arkorither]] wurde nie |
wieder errichtet und der Überlebende existierte nur in einem Mythos weiter.<br> | wieder errichtet und der Überlebende existierte nur in einem Mythos weiter.<br> | ||
− | em Kampf nannten die | + | em Kampf nannten die [[Magie]]r von Tirell den Sitz ihres eigenen Ordens Halle der |
− | Macht. Sie legten strengen Wert darauf, nur Auserwählte zu einem | + | Macht. Sie legten strengen Wert darauf, nur Auserwählte zu einem [[Magie]]r auszubilden. Mit |
− | dem Sieg über die Arkorither blieb den Menschen das Echo einer einzigen Frage: Würde die | + | dem Sieg über die [[Arkorither]] blieb den Menschen das Echo einer einzigen Frage: Würde die |
Zeit der Kriege niemals aufhören?<br> | Zeit der Kriege niemals aufhören?<br> | ||
− | |||
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== Kapitel Neun - Die Sieben. Der Eine. Und das Bündnis. == | == Kapitel Neun - Die Sieben. Der Eine. Und das Bündnis. == | ||
− | Alatar saß stolz auf einem Bergkamm.<br> | + | [[Alatar]] saß stolz auf einem Bergkamm.<br> |
Er sah auf die Sieben herab, die sich in ihrer neu erlernten Sprache unterhielten. Sein Werk | Er sah auf die Sieben herab, die sich in ihrer neu erlernten Sprache unterhielten. Sein Werk | ||
war vollendet. Die Letharen (Vergifter) waren geschaffen. Ihr verkümmertes Herz war bereit | war vollendet. Die Letharen (Vergifter) waren geschaffen. Ihr verkümmertes Herz war bereit | ||
− | für den Auftrag, den Alatar für sie hatte.<br> | + | für den Auftrag, den [[Alatar]] für sie hatte.<br> |
− | + | ''"Wo bist du, schwarzer Panther?"'', riefen sie nach [[Alatar]]. ''"Wo bist du, Gebieter der Sieben?"''<br> | |
− | + | ''"Ich bin hier"'', erschallte die Antwort.<br> | |
− | + | ''"Gib uns eine Aufgabe, schwarzer Panther! Wir wollen dienen!"''<br> | |
− | + | ''"Ihr müsst euch vermehren"'', sprach [[Alatar]].<br> | |
− | + | ''"Wie sollen wir das machen? Wir sind alle Männer!"''<br> | |
− | + | ''"Geht und sucht Menschenfrauen, die euch gefallen. Schleppt sie hier her. Sie sollen eure | |
− | Kinder gebären. Verführt sie, aber nutzt nicht die Sprache, die ich euch lehrte! | + | Kinder gebären. Verführt sie, aber nutzt nicht die Sprache, die ich euch lehrte!"''<br> |
Sie verließen die Letharen die Lichtung und entführten sieben Frauen der Menschen, | Sie verließen die Letharen die Lichtung und entführten sieben Frauen der Menschen, | ||
schwängerten sie uns sicherten damit den Fortbestand ihres Volkes.<br> | schwängerten sie uns sicherten damit den Fortbestand ihres Volkes.<br> | ||
− | Die Zeit kam, in der sich einer der Vergifter, | + | Die Zeit kam, in der sich einer der Vergifter, Rhad'il, krank fühlte. Er verstand die Sprache |
der Letharen nur noch stückweise und konnte sie selbst nicht mehr richtig sprechen.<br> | der Letharen nur noch stückweise und konnte sie selbst nicht mehr richtig sprechen.<br> | ||
− | Phanodain, der Herr der Edhil, suchte nach den vermissten Sieben. Es war | + | [[Phanodain]], der Herr der Edhil, suchte nach den vermissten Sieben. Es war Rhad'il, dessen |
− | Geist er zuerst gefunden hatte. Phanodain gab ihm erneut die Möglichkeit, | + | Geist er zuerst gefunden hatte. [[Phanodain]] gab ihm erneut die Möglichkeit, [[Eluive]]s Lied zu |
− | hören, sodass er sich besinnen konnte und wieder ein Edhil wurde. Aber Alatar hatte stets ein | + | hören, sodass er sich besinnen konnte und wieder ein Edhil wurde. Aber [[Alatar]] hatte stets ein |
− | Auge auf die Sieben und es entging ihm nicht, was Phanodain vorhatte.<br> | + | Auge auf die Sieben und es entging ihm nicht, was [[Phanodain]] vorhatte.<br> |
− | + | ''"Rhad'il"'', sprach der Panther, ''"höre nicht auf ihn. Er vergiftet deinen Verstand mit Musik. | |
− | Merkst du nicht, wie er versucht, dein Hirn zu erweichen? | + | Merkst du nicht, wie er versucht, dein Hirn zu erweichen?"''<br> |
− | + | Rhad'il nickte [[Alatar]] zu. Der Angstschweiß stand auf seiner Stirn, denn [[Eluive]]s Lied war bis | |
zu seinem Herzen durchgedrungen und hatte ihm gezeigt, dass er dem falschen Weg folgte. | zu seinem Herzen durchgedrungen und hatte ihm gezeigt, dass er dem falschen Weg folgte. | ||
Der schwarze Panther schlich um ihn herum und starrte ihn Furcht einflößend an, bis er | Der schwarze Panther schlich um ihn herum und starrte ihn Furcht einflößend an, bis er | ||
plötzlich abdrehte und in der Dunkelheit verschwand.<br> | plötzlich abdrehte und in der Dunkelheit verschwand.<br> | ||
− | Die anderen sechs Letharen redeten zwar mit | + | Die anderen sechs Letharen redeten zwar mit Rhad'il, doch dieser verstand kein einziges |
− | Wort mehr. Sein Herz weitete sich und | + | Wort mehr. Sein Herz weitete sich und [[Phanodain]]s Lebenshauch kam zurück zu ihm. Rhad'il |
aber sagte nichts aus Furcht, wie die anderen darauf reagieren würden.<br> | aber sagte nichts aus Furcht, wie die anderen darauf reagieren würden.<br> | ||
<br> | <br> | ||
− | An einem anderen Ort plagte sich der letzte Arkorither durch den Dschungel.<br> | + | An einem anderen Ort plagte sich der letzte [[Arkorither]] durch den Dschungel.<br> |
Er kämpfte sich vorwärts und fürchtete, nach wie vor verfolgt zu werden. Die Angst trieb ihn | Er kämpfte sich vorwärts und fürchtete, nach wie vor verfolgt zu werden. Die Angst trieb ihn | ||
und er stolperte.<br> | und er stolperte.<br> | ||
− | + | ''"[[Alatar]], hilf mir!"'', rief er in den Himmel. ''"Nimm mich zu dir! Ich will dir dienen, wenn du | |
− | mein Leben rettest! | + | mein Leben rettest!"''<br> |
− | Und Alatar hörte auch diesen Ruf. Er ließ eine Feuerbrunst um den letzten Arkorither entstehen und schmetterte ein Loch in den Boden, das so tief in die Erde ragte, wie der Berg Nilzadan in den Himmel schoss. An der tiefsten Stelle der Erde offenbarte sich Alatar dem letzten Kriegsmagier.<br> | + | Und [[Alatar]] hörte auch diesen Ruf. Er ließ eine Feuerbrunst um den letzten [[Arkorither]] entstehen und schmetterte ein Loch in den Boden, das so tief in die Erde ragte, wie der Berg Nilzadan in den Himmel schoss. An der tiefsten Stelle der Erde offenbarte sich [[Alatar]] dem letzten Kriegsmagier.<br> |
− | s gibst du mir, damit ich dich verschone? | + | s gibst du mir, damit ich dich verschone?"''<br> |
− | + | ''"Ich bin einer der [[Arkorither]]"'', ertönte die Antwort. ''"Ich fürchte, ich bin der Einzige, der | |
− | entkommen ist. Ich biete dir meine Dienste an! Ich erfülle dir einen Gefallen! | + | entkommen ist. Ich biete dir meine Dienste an! Ich erfülle dir einen Gefallen!"''<br> |
− | Alatar lachte und die Erde bebte stark. Lava stieg aus dem Boden langsam an. | + | [[Alatar]] lachte und die Erde bebte stark. Lava stieg aus dem Boden langsam an. ''"Einen Gefallen? Das klingt interessant, doch reicht es mir nicht. Gib mir dein Leben und ich werde dir |
− | einen Schüler schenken, dem du deine Weisheiten lehren kannst. | + | einen Schüler schenken, dem du deine Weisheiten lehren kannst."''<br> |
− | Der Arkorither zögerte. Zwar war er kein guter Mensch, aber Alatar sein Leben zu übergeben, | + | Der [[Arkorither]] zögerte. Zwar war er kein guter Mensch, aber [[Alatar]] sein Leben zu übergeben, |
− | war ihm auch nicht geheuer. Andererseits hätte Alatar ihn einfach zerquetschen können oder | + | war ihm auch nicht geheuer. Andererseits hätte [[Alatar]] ihn einfach zerquetschen können oder |
in der ansteigenden Lava verbrennen lassen. Als die heiße zähe Flüssigkeit fast die Füße des | in der ansteigenden Lava verbrennen lassen. Als die heiße zähe Flüssigkeit fast die Füße des | ||
− | + | [[Arkorither]]s erreicht hatten, fällt dieser seine Entscheidung.<br> | |
− | + | ''"Ich willige ein! Mein Leben gehört von nun an dir! Ich will tun, was du gebietest, wenn du | |
− | mich rettest. | + | mich rettest."''<br> |
− | Alatar schnappte mit seinem Maul nach dem Arkorither und sprang mit ihm zusammen aus | + | [[Alatar]] schnappte mit seinem Maul nach dem [[Arkorither]] und sprang mit ihm zusammen aus |
− | dem Erdloch heraus. Er brachte den | + | dem Erdloch heraus. Er brachte den [[Magie]]r zu seinen Letharen. |
− | + | ''"Sucht einen Menschenjungen"'', wies er sie an, ''"nehmt ihm das Bewusstsein und bringt ihn | |
− | hierher. | + | hierher."''<br> |
− | Die Letharen folgten ihrer Weisung sofort. Sie brachten ihm einen Jungen, der Gabriel genannt wurde. Als Alatar mit dem Menschen in der vergifteten Sprache redete, wurde der | + | Die Letharen folgten ihrer Weisung sofort. Sie brachten ihm einen Jungen, der Gabriel genannt wurde. Als [[Alatar]] mit dem Menschen in der vergifteten Sprache redete, wurde der |
− | Geist des Jungen ausgelöscht. Alatar drehte sich zu | + | Geist des Jungen ausgelöscht. [[Alatar]] drehte sich zu Rhad'il um. |
− | + | ''"Du, komm her!"''<br> | |
− | + | Rhad'il stockte. Hatte [[Alatar]] sein Geheimnis herausgefunden? Mit einem Hieb von [[Alatar]]s | |
rechter Pranke fiel er neben Gabriel auf den Boden.<br> | rechter Pranke fiel er neben Gabriel auf den Boden.<br> | ||
− | + | ''"Haltet ihn fest!"'', befahl der Panther die anderen Letharen. Er legte dann eine Tatze auf den | |
− | Mund Gabriels, die andere auf den Mund | + | Mund Gabriels, die andere auf den Mund Rhad'ils, der sich vergebens wehrte.<br> |
− | + | ''"Du hast versagt, Rhad'il"'', sprach der Panther.<br> | |
Das Leuchten verschwand aus den Augen des ehemaligen Letharen und der Lebenshauch | Das Leuchten verschwand aus den Augen des ehemaligen Letharen und der Lebenshauch | ||
− | + | [[Phanodain]]s ging auf den jungen Gabriel über. Der letzte [[Arkorither]], der die Zeremonie beobachtete, musste sich übergeben, denn Rhad'ils Körper glich plötzlich einer vertrockneten | |
− | Weintraube, als Alatar seine Tatzen von den beiden Männern nahm.<br> | + | Weintraube, als [[Alatar]] seine Tatzen von den beiden Männern nahm.<br> |
− | + | ''"Dies soll dein Schüler sein"'', sprach der Panther und verließ mit diesen Worten das Geschehen.<br> | |
− | Die Letharen betrachteten den Arkorither genauer und redeten über ihn in ihrer vergifteten | + | Die Letharen betrachteten den [[Arkorither]] genauer und redeten über ihn in ihrer vergifteten |
− | Sprache. Je länger sie sich unterhielten, desto aggressiver wurde der Arkorither. Plötzlich | + | Sprache. Je länger sie sich unterhielten, desto aggressiver wurde der [[Arkorither]]. Plötzlich |
griff er die Gruppe an. Blaues Feuer hüllte ihn ein und die Letharen wichen von ihm zurück. | griff er die Gruppe an. Blaues Feuer hüllte ihn ein und die Letharen wichen von ihm zurück. | ||
− | + | ''"Hört auf zu sprechen!"'', schrie der [[Arkorither]] und der Feuerball in seinen Händen wuchs zu | |
einer beachtlichen Größe heran.<br> | einer beachtlichen Größe heran.<br> | ||
Gelächter erschallte und wie aus dem Nichts stand der Panther wieder zwischen ihnen.<br> | Gelächter erschallte und wie aus dem Nichts stand der Panther wieder zwischen ihnen.<br> | ||
− | + | ''"Sehr gut. Sehr gut."'' Er wandte sich an die Letharen. ''"Sprecht mit den Menschen nur in | |
− | dieser Sprache, wenn ihr sie vergiften wollt. Achtet aber darauf, mit wem ihr sprecht | + | dieser Sprache, wenn ihr sie vergiften wollt. Achtet aber darauf, mit wem ihr sprecht ... Nun |
− | Arkorither. Deine Macht kann mir von Nützen sein. Du wirst zuerst den Jüngling unterrichten und dann deine sechs Peiniger. | + | [[Arkorither]]. Deine Macht kann mir von Nützen sein. Du wirst zuerst den Jüngling unterrichten und dann deine sechs Peiniger."''<br> |
− | Mit einem Nicken beugte sich der Arkorither und bot den Letharen seine Dienste an. Diese | + | Mit einem Nicken beugte sich der [[Arkorither]] und bot den Letharen seine Dienste an. Diese |
− | waren von seiner Macht ergriffen und willigten ein. Von da an verhielten sie sich dem Arkorither gegenüber unterwürfig, da sie die Macht der Magie erlernen wollten. Der Pakt war geschlossen, aus dem die Bruderschaft der Klaue erwuchs.<br | + | waren von seiner Macht ergriffen und willigten ein. Von da an verhielten sie sich dem [[Arkorither]] gegenüber unterwürfig, da sie die Macht der [[Magie]] erlernen wollten. Der Pakt war geschlossen, aus dem die Bruderschaft der Klaue erwuchs.<br> |
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== Kapitel Zehn - Die Flut == | == Kapitel Zehn - Die Flut == | ||
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hinweg an einer bestimmten Stelle verweilte. Die farbigen Strahlen kamen aber nicht mehr | hinweg an einer bestimmten Stelle verweilte. Die farbigen Strahlen kamen aber nicht mehr | ||
aus dem Himmel, sondern von unten aus dem Erdenreich.<br> | aus dem Himmel, sondern von unten aus dem Erdenreich.<br> | ||
− | Dieser Ort, an dem der Arkorither einst den Pakt mit Alatar einging, war nie erloschen. Die | + | Dieser Ort, an dem der [[Arkorither]] einst den Pakt mit [[Alatar]] einging, war nie erloschen. Die |
Lava waberte umher und nur zwei schmale Wege, die sich kreuzten, führten durch das heiße | Lava waberte umher und nur zwei schmale Wege, die sich kreuzten, führten durch das heiße | ||
Gestein.<br> | Gestein.<br> | ||
− | Im Zentrum stand der Arkorither. Um ihn herum versammelten sich die Letharen. Außerdem war der Mann anwesend, den man einst Gabriel genannt hatte. Er stand abseits der Zeremonie und beobachtete das Wirken der anderen. Die Letharen hatten ihre Hände erhoben | + | Im Zentrum stand der [[Arkorither]]. Um ihn herum versammelten sich die Letharen. Außerdem war der Mann anwesend, den man einst Gabriel genannt hatte. Er stand abseits der Zeremonie und beobachtete das Wirken der anderen. Die Letharen hatten ihre Hände erhoben |
und man konnte meinen, dass diese grün leuchten würden. Ihre Handinnenflächen deuteten | und man konnte meinen, dass diese grün leuchten würden. Ihre Handinnenflächen deuteten | ||
− | in Richtung des | + | in Richtung des [[Arkorither]]s. Um sie herum schlich der Panther.<br> |
− | Jeder von ihnen murmelte die gleichen Worte. Worte, die Alatar sie gelehrt hatte. Sie wiederholten das Ritual Tag für Tag und Nacht für Nacht. Schließlich ritzte sich der Arkorither | + | Jeder von ihnen murmelte die gleichen Worte. Worte, die [[Alatar]] sie gelehrt hatte. Sie wiederholten das Ritual Tag für Tag und Nacht für Nacht. Schließlich ritzte sich der [[Arkorither]] |
einen Schnitt in seine Hand und ließ das Blut in alle vier Lavabecken tropfen. Es zischte und | einen Schnitt in seine Hand und ließ das Blut in alle vier Lavabecken tropfen. Es zischte und | ||
sofort verdampfte das Blut, als es in Berührung mit der zähflüssigen Masse kam.<br> | sofort verdampfte das Blut, als es in Berührung mit der zähflüssigen Masse kam.<br> | ||
Es stieg ein Qualm auf, der die Umrisse einer hässlichen Fratze illustrierte. Die Silhouette | Es stieg ein Qualm auf, der die Umrisse einer hässlichen Fratze illustrierte. Die Silhouette | ||
− | stürzte sich plötzlich auf den Arkorither und nahm in völlig ein, bis der Kampfmagier leblos | + | stürzte sich plötzlich auf den [[Arkorither]] und nahm in völlig ein, bis der Kampfmagier leblos |
zu Boden sank. Immer wieder zog der Rauch durch den Körper und es schien so, als würde | zu Boden sank. Immer wieder zog der Rauch durch den Körper und es schien so, als würde | ||
die Fratze sich daran satt fressen.<br> | die Fratze sich daran satt fressen.<br> | ||
Die Letharen verstummten und schauten verunsichert zu. Sie wussten nicht, was genau sie | Die Letharen verstummten und schauten verunsichert zu. Sie wussten nicht, was genau sie | ||
beschworen hatten. Gabriel blickte seinen nunmehr toten Lehrer mit gefühlskalten Augen an. | beschworen hatten. Gabriel blickte seinen nunmehr toten Lehrer mit gefühlskalten Augen an. | ||
− | Der Körper des | + | Der Körper des [[Arkorither]]s zuckte noch zweimal auf und erneut wurde er von dem Qualm |
durchdrungen. Die Fratze verschwand dann im Erdenreich.<br> | durchdrungen. Die Fratze verschwand dann im Erdenreich.<br> | ||
− | Plötzlich blutete der tote Arkorither aus jeder Pore. Ein Krachen begleitete diese Erscheinung | + | Plötzlich blutete der tote [[Arkorither]] aus jeder Pore. Ein Krachen begleitete diese Erscheinung |
und die Knochen traten aus der Haut hervor, bis sie brachen und wieder zu Boden sanken.<br> | und die Knochen traten aus der Haut hervor, bis sie brachen und wieder zu Boden sanken.<br> | ||
Aus der Masse des Toten erhob sich die Fratze und bedeckte sich mit einem Blutfilm. Größer, | Aus der Masse des Toten erhob sich die Fratze und bedeckte sich mit einem Blutfilm. Größer, | ||
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in die Lavabecken und mit jedem Kontakt stieg neuer Qualm auf, der die Fratze nur noch | in die Lavabecken und mit jedem Kontakt stieg neuer Qualm auf, der die Fratze nur noch | ||
größer und mächtiger werden ließ.<br> | größer und mächtiger werden ließ.<br> | ||
− | + | ''"[[Kra'thor]] (Tod)"'', sprach [[Alatar]], der sich vor das Wesen stellte. ''"Dies soll dein Name sein, | |
− | Dämon! | + | Dämon!"''<br> |
Die Fratze nickte mit einem boshaften Grinsen in den Gesichtszügen, blieb jedoch stumm.<br> | Die Fratze nickte mit einem boshaften Grinsen in den Gesichtszügen, blieb jedoch stumm.<br> | ||
− | + | ''"Geh hin zu den Menschen"'', sagte der Panther, ''"saug ihnen ihre Kraft aus. Friss dich satt an | |
− | ihnen und komm zu mir zurück, sodass ich dir neue Befehle erteilen kann! | + | ihnen und komm zu mir zurück, sodass ich dir neue Befehle erteilen kann!"''<br> |
− | + | Kra’thor zögerte nicht und machte sich auf den Weg.<br> | |
− | Alatar wandte sich den Letharen zu, die über die Jahre hinweg immer zahlreicher wurden. | + | [[Alatar]] wandte sich den Letharen zu, die über die Jahre hinweg immer zahlreicher wurden. |
− | + | ''"Für euch habe ich eine andere Aufgabe. Zerstört, was [[Eluive]] liebt. Bäume, Felder; Menschen und Tiere. Tötet alles, was euch begegnet."'' Er deutete auf den Wald, der ihren Ritualort umschloss. ''"Fangt hier an!"''<br> | |
Die Schar der Letharen rief zur Schlacht. Sie rüsteten sich mit Fackeln, die sie an der Lava | Die Schar der Letharen rief zur Schlacht. Sie rüsteten sich mit Fackeln, die sie an der Lava | ||
− | entzündeten. Dann trugen sie das dunkle Feuer in die Schöpfung | + | entzündeten. Dann trugen sie das dunkle Feuer in die Schöpfung [[Eluive]]s.<br> |
<br> | <br> | ||
− | Zu dieser Zeit spürten die Edhil, dass etwas Grausames nach neuer Nahrung suchte. | + | Zu dieser Zeit spürten die Edhil, dass etwas Grausames nach neuer Nahrung suchte. [[Eluive]]s |
Lied sprach davon, dass es der Tod selbst warm der auferweckt wurde, um die Sterblichen | Lied sprach davon, dass es der Tod selbst warm der auferweckt wurde, um die Sterblichen | ||
schon vor ihrer Zeit zu sich zu holen.<br> | schon vor ihrer Zeit zu sich zu holen.<br> | ||
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helfen. Zwar war ihre Aufgabe das Bewahren von Wissen, doch ohne die Menschen würde es | helfen. Zwar war ihre Aufgabe das Bewahren von Wissen, doch ohne die Menschen würde es | ||
kaum noch jemanden geben, der dieses Wissen nutzen könnte.<br> | kaum noch jemanden geben, der dieses Wissen nutzen könnte.<br> | ||
− | So bereiteten sich die Edhil auf einen Kampf vor, den sie mit den Menschen zusammen bestreiten würden. Sie sandten Boten zu den Siedlungen und Städten aus und warnten die Geschöpfe | + | So bereiteten sich die Edhil auf einen Kampf vor, den sie mit den Menschen zusammen bestreiten würden. Sie sandten Boten zu den Siedlungen und Städten aus und warnten die Geschöpfe [[Eluive]]s.<br> |
Im Süden stieg Rauch auf und die Wälder brannten. Der Ruf des ältesten Edhil hallte über | Im Süden stieg Rauch auf und die Wälder brannten. Der Ruf des ältesten Edhil hallte über | ||
die Berge hinweg und wenig später fanden sich einige Einhörner am Fuß der blauen Berge. | die Berge hinweg und wenig später fanden sich einige Einhörner am Fuß der blauen Berge. | ||
Auch die Tiere waren bereit, mit den Edhil in den Krieg zu ziehen.<br> | Auch die Tiere waren bereit, mit den Edhil in den Krieg zu ziehen.<br> | ||
− | Der Qualm, der aus den Wäldern aufstieg, ließ manche Edhil unruhig werden. Das Lied | + | Der Qualm, der aus den Wäldern aufstieg, ließ manche Edhil unruhig werden. Das Lied [[Eluive]]s klang plötzlich ungewohnt und traurig. So trennte sich die [[Elfen]]schar und ein Teil von |
ihnen ritt dem Feuer entgegen, in dem die Letharen schon auf sie warteten. Die Edhil stiegen | ihnen ritt dem Feuer entgegen, in dem die Letharen schon auf sie warteten. Die Edhil stiegen | ||
von ihren Einhörnern ab und ließen sie am Waldrand stehen. Dann betraten sie den Wald zu | von ihren Einhörnern ab und ließen sie am Waldrand stehen. Dann betraten sie den Wald zu | ||
− | Fuß | + | Fuß ...<br> |
<br> | <br> | ||
− | + | [[Kra'thor]] war zuerst nach Menek'Ur gegangen. Er durchstreifte die Insel der Toten und wurde | |
− | von den | + | von den [[Menekaner]]n nur als Schatten wahrgenommen, der sich über ihr Land zog. Doch als |
sich plötzlich die Toten aus ihren Gräbern erhoben, erschraken die Wüstenbewohner und | sich plötzlich die Toten aus ihren Gräbern erhoben, erschraken die Wüstenbewohner und | ||
flohen in ihre Stadt. Auch der Palast wurde evakuiert und die Stadt als letzte Bastion gegen | flohen in ihre Stadt. Auch der Palast wurde evakuiert und die Stadt als letzte Bastion gegen | ||
die Toten verteidigt.<br> | die Toten verteidigt.<br> | ||
<br> | <br> | ||
− | Auf Fuachtero, der kalten Insel des Norden, streifte | + | Auf Fuachtero, der kalten Insel des Norden, streifte [[Kra'thor]] den Berg, wo die drei Begründer |
der Angurer und weitere Angehörige des Volkes bestattet wurden. Auch sie standen in ihrer | der Angurer und weitere Angehörige des Volkes bestattet wurden. Auch sie standen in ihrer | ||
Verwesung wieder auf und suchten die Lebenden heim.<br> | Verwesung wieder auf und suchten die Lebenden heim.<br> | ||
<br> | <br> | ||
− | Die größte Auferweckung der Verstorbenen fand jedoch in den Städten Varuna und Rahal | + | Die größte Auferweckung der Verstorbenen fand jedoch in den Städten [[Varuna]] und [[Rahal]] |
statt. Hunderte stiegen aus den Gräbern auf und sammelten sich vor den Stadttoren. Die Ansammlung von längst verstorbenen Freunden, Bekannten und Geliebten trieb den Menschen | statt. Hunderte stiegen aus den Gräbern auf und sammelten sich vor den Stadttoren. Die Ansammlung von längst verstorbenen Freunden, Bekannten und Geliebten trieb den Menschen | ||
die Tränen in die Augen. Ihre Moral war gebrochen. Niemand wagte es, einen Pfeil auf die | die Tränen in die Augen. Ihre Moral war gebrochen. Niemand wagte es, einen Pfeil auf die | ||
Toten zu schießen, kannten sie doch die meisten von ihnen.<br> | Toten zu schießen, kannten sie doch die meisten von ihnen.<br> | ||
<br> | <br> | ||
− | Zuletzt bäumte sich | + | Zuletzt bäumte sich [[Kra'thor]]s große Fratze vor der Stadt [[Varuna]] auf und schickte seine leblosen Diener in Richtung der Stadtmauer. Nur eine kleine Schar der Toten verblieb an Ort und |
− | Stelle. Sie trugen die Gewänder der Arkorither | + | Stelle. Sie trugen die Gewänder der [[Arkorither]] ... Und die Menschen aus [[Varuna]] erschraken. Sie waren doch tot ... teilweise verbrannt. Wie konnten sie nun ... Plötzlich pochte es an dem |
Stadttor.<br> | Stadttor.<br> | ||
− | + | ''"Feuer!"'', rief der Kommandant der Garde und Pfeile rasselten auf die wandelnden Toten | |
herunter. Die Geschosse schlugen in die Körper ein oder flogen zwischen den Knochen der | herunter. Die Geschosse schlugen in die Körper ein oder flogen zwischen den Knochen der | ||
Skelette hindurch.<br> | Skelette hindurch.<br> | ||
Nichts passierte. Die Toten schlugen noch immer gegen das Stadttor, doch das Eisen blieb | Nichts passierte. Die Toten schlugen noch immer gegen das Stadttor, doch das Eisen blieb | ||
standhaft und gab nicht nach.<br> | standhaft und gab nicht nach.<br> | ||
− | Schließlich näherte sich | + | Schließlich näherte sich [[Kra'thor]] selbst der Stadt und ließ das Tor wie ein Streichholz zerbarsten. Der Weg für die Toten war frei. Die leblosen [[Arkorither]] schickten ihre Blitze auf die |
Stadtmauer los, deren Energie viele der Schützen von den Zinnen fegte. Der Kampf war nun | Stadtmauer los, deren Energie viele der Schützen von den Zinnen fegte. Der Kampf war nun | ||
− | vollends entfacht und | + | vollends entfacht und [[Kra'thor]] labte sich an den Schmerzen, welche die Menschen ertragen |
mussten. Jeder Gefallene stand nach einigen Momenten einfach wieder auf und zog gegen | mussten. Jeder Gefallene stand nach einigen Momenten einfach wieder auf und zog gegen | ||
die Menschen in den Kampf, die eben noch ihre Gefährten waren.<br> | die Menschen in den Kampf, die eben noch ihre Gefährten waren.<br> | ||
− | Der Graf von Varuna, ein Nachfahre von Cherom, der den | + | Der Graf von [[Varuna]], ein Nachfahre von Cherom, der den [[Arkorither]]führer Korow bezwungen hatte, ließ die Fanfaren blasen. Er versuchte damit, die Moral seiner Leute zu stärken. |
Insgeheim hoffte er aber auch, dass die Klänge einen Hilferuf bis zu den blauen Bergen tragen würden.<br> | Insgeheim hoffte er aber auch, dass die Klänge einen Hilferuf bis zu den blauen Bergen tragen würden.<br> | ||
<br> | <br> | ||
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Feuer zwischen den Bäumen legten. Sie waren zahlenmäßig ebenbürtig und standen sich in | Feuer zwischen den Bäumen legten. Sie waren zahlenmäßig ebenbürtig und standen sich in | ||
zwei Reihen gegenüber. Hinter den Letharen wütete ein Wall aus Rauch und Flammen. | zwei Reihen gegenüber. Hinter den Letharen wütete ein Wall aus Rauch und Flammen. | ||
− | + | ''"Haltet ein, Fremde!"'', sprach der vorderste der Edhil. ''"Ich werde ..."''<br> | |
Der Sprecher verstummte. Ein Speer hatte ihn seitlich in Höhe des Brustkorbes durchbohrt. | Der Sprecher verstummte. Ein Speer hatte ihn seitlich in Höhe des Brustkorbes durchbohrt. | ||
− | Die anderen Elfen hoben ihre Schilder und Bögen, um den Letharen Einhalt zu gebieten.<br> | + | Die anderen [[Elfen]] hoben ihre Schilder und Bögen, um den Letharen Einhalt zu gebieten.<br> |
− | Unerwartet und schnell rannten Kreaturen durch die Feuerwand. Ihre Körper waren unförmig und stämmig, der Teint ihrer Haut braun und | + | Unerwartet und schnell rannten Kreaturen durch die Feuerwand. Ihre Körper waren unförmig und stämmig, der Teint ihrer Haut braun und sie erinnerten ein wenig an die Kreuzung |
von Wildschweinen und Menschen. Mit lautem Gebrüll rannten sie zwischen den Bäumen | von Wildschweinen und Menschen. Mit lautem Gebrüll rannten sie zwischen den Bäumen | ||
hindurch. Während die einen Kurs auf die Menschenstädte machten, von denen die Töne der | hindurch. Während die einen Kurs auf die Menschenstädte machten, von denen die Töne der | ||
Fanfaren zu hören waren. Eine Gruppe der Ungeheuer ließ aber auch die Edhil nicht außer | Fanfaren zu hören waren. Eine Gruppe der Ungeheuer ließ aber auch die Edhil nicht außer | ||
− | Acht und stürzten sich auf sie wie wild gewordene Eber. Aber die Elfen setzten sich zur Wehr.<br | + | Acht und stürzten sich auf sie wie wild gewordene Eber. Aber die [[Elfen]] setzten sich zur Wehr.<br> |
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== Kapitel Elf - Apokalypse == | == Kapitel Elf - Apokalypse == | ||
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Als die Ungeheuer besiegt waren, zogen sich auch die Letharen zurück, jedoch nicht, ohne | Als die Ungeheuer besiegt waren, zogen sich auch die Letharen zurück, jedoch nicht, ohne | ||
ihre Fackeln in die Bäume zu werfen.<br> | ihre Fackeln in die Bäume zu werfen.<br> | ||
− | Die Edhil sicherten den Wald. Sie schlugen brennende Äste ab. | + | Die Edhil sicherten den Wald. Sie schlugen brennende Äste ab. [[Magie]]r beschworen einen |
Eisregen, der die Flammen löschen sollte und Bogenschützen eilten zu den nächsten Seen, | Eisregen, der die Flammen löschen sollte und Bogenschützen eilten zu den nächsten Seen, | ||
− | um Löschwasser zu schöpfen. Sie bargen die gefallenen Elfen und warfen die Körper ihrer | + | um Löschwasser zu schöpfen. Sie bargen die gefallenen [[Elfen]] und warfen die Körper ihrer |
− | Gegner in die heiße Glut, die im Wald zurückgeblieben war. Die Schöpfung | + | Gegner in die heiße Glut, die im Wald zurückgeblieben war. Die Schöpfung [[Eluive]]s war gerettet, auch wenn der Wald viel erleiden musste. Das größte Übel aber konnte abgewendet werden. Die Edhil schlugen ihr Lager im Wald auf, um ihn schützen zu können, sollten die Letharen jemals zurückkehren.<br> |
<br> | <br> | ||
− | Varuna wurde in der Zwischenzeit noch immer von den Untoten gestürmt. Auch hatte sich | + | [[Varuna]] wurde in der Zwischenzeit noch immer von den Untoten gestürmt. Auch hatte sich |
− | eine Schar in Richtung des Fischerdorfs Bajard im Süden aufgemacht. Die leblosen Arkorither sendeten Geister durch die Wände der Häuser. Es dauerte nicht lange und es gab in | + | eine Schar in Richtung des Fischerdorfs Bajard im Süden aufgemacht. Die leblosen [[Arkorither]] sendeten Geister durch die Wände der Häuser. Es dauerte nicht lange und es gab in |
− | Varuna und Rahal keinen Mann und keine Frau mehr, die am Leben waren. Die Toten | + | [[Varuna]] und [[Rahal]] keinen Mann und keine Frau mehr, die am Leben waren. Die Toten |
herrschten langsam aber sich über das Menschenreich auf der Insel Gerimor.<br> | herrschten langsam aber sich über das Menschenreich auf der Insel Gerimor.<br> | ||
− | Die Edhil auf ihren Einhörnern trafen zu spät ein. | + | Die Edhil auf ihren Einhörnern trafen zu spät ein. [[Kra'thor]] schaute auf sie mit einer Macht |
− | herab, die einer Gottheit ebenbürtig war. Er deutete mit einem Fingerzeig auf die Elfen und | + | herab, die einer Gottheit ebenbürtig war. Er deutete mit einem Fingerzeig auf die [[Elfen]] und |
− | wies damit einige Geister an, sich die Seelen der Edhil zu holen. Doch die Zauber der Geschöpfe | + | wies damit einige Geister an, sich die Seelen der Edhil zu holen. Doch die Zauber der Geschöpfe [[Phanodain]]s hielten die Untoten zurück.<br> |
− | + | [[Kra'thor]] wurde nervös. Er entsandte die wandelnden Toten der Schlacht zu den Edhil, doch | |
− | die Elfen blieben furchtlos und schlugen die Willenslosen zu Boden. Einer der Edhil ritt auf | + | die [[Elfen]] blieben furchtlos und schlugen die Willenslosen zu Boden. Einer der Edhil ritt auf |
die Fratze zu.<br> | die Fratze zu.<br> | ||
− | + | ''"Gib auf, Dämon"'', sprach der Elf. ''"Deine Macht hat hier ein Ende. Nimm die Leben mit dir, | |
− | die du den Menschen genommen hast, und begib dich zur Ruhe, auf dass man dich nie wieder wecken soll. | + | die du den Menschen genommen hast, und begib dich zur Ruhe, auf dass man dich nie wieder wecken soll."''<br> |
Die Worte verhallten auf dem Schlachtfeld. Die Toten wanken leicht hin und her, als wären | Die Worte verhallten auf dem Schlachtfeld. Die Toten wanken leicht hin und her, als wären | ||
− | sie Marionetten, die an einem einzigen Faden hingen und von | + | sie Marionetten, die an einem einzigen Faden hingen und von [[Kra'thor]]s Willen gesteuert |
wurden. Der Seelenfresser blieb stumm, bis sich ein gleißendes Licht zwischen ihm und den | wurden. Der Seelenfresser blieb stumm, bis sich ein gleißendes Licht zwischen ihm und den | ||
− | Edhil auftat. Nun schrie | + | Edhil auftat. Nun schrie [[Kra'thor]] auf. Seine Dämonenfratze verschwand im Boden und das |
Blut, das seinen Körper umhüllte, blieb auf dem Gras liegen. Es versteinerte augenblicklich.<br> | Blut, das seinen Körper umhüllte, blieb auf dem Gras liegen. Es versteinerte augenblicklich.<br> | ||
Das helle Licht formte sich zu einer Gestalt, während auch die Toten und Geister zu fliehen | Das helle Licht formte sich zu einer Gestalt, während auch die Toten und Geister zu fliehen | ||
versuchten. Die Edhil stiegen von ihren Einhörnern und verbeugten sich.<br> | versuchten. Die Edhil stiegen von ihren Einhörnern und verbeugten sich.<br> | ||
− | Es war Temora selbst, die dort stand.<br> | + | Es war [[Temora]] selbst, die dort stand.<br> |
− | + | Wie auch ihr, bin ich zu spät gekommen, um den Stadtbewohnern zu helfen"'', sprach sie mit | |
− | dröhnender Stimme. | + | dröhnender Stimme. ''"In meinem Namen ... Sucht die Überlebenden und schützt sie mit Eurem..."''<br> |
− | Auf einmal erschien der schwarze Panther. Er stürzte sich auf die Reihe der Elfen und | + | Auf einmal erschien der schwarze Panther. Er stürzte sich auf die Reihe der [[Elfen]] und |
− | zerquetschte ein Drittel von ihnen. Als er mit der Pranke ausholte, hielt Temora dagegen. Für | + | zerquetschte ein Drittel von ihnen. Als er mit der Pranke ausholte, hielt [[Temora]] dagegen. Für |
− | einen offenen Kampf war sie nicht stark genug. Sie hatte einen Angriff von Alatar selbst nicht | + | einen offenen Kampf war sie nicht stark genug. Sie hatte einen Angriff von [[Alatar]] selbst nicht |
vorhergesehen. Nun war es zu spät.<br> | vorhergesehen. Nun war es zu spät.<br> | ||
Der Kampf der Götter war gewaltig. Die Pranken des Panthers trafen auf die bloßen Hände | Der Kampf der Götter war gewaltig. Die Pranken des Panthers trafen auf die bloßen Hände | ||
− | von Temora. Jedes Mal, wenn sie getroffen wurde, spien Blitze aus ihrer Haut, die sich in | + | von [[Temora]]. Jedes Mal, wenn sie getroffen wurde, spien Blitze aus ihrer Haut, die sich in |
− | + | [[Alatar]]s Körper brannten. Dort, wo der Kampf sie hinführte, hinterließen die beide eine | |
Schneise der Verwüstung. Bäume knickten um, Felsen wurden verschoben und selbst das | Schneise der Verwüstung. Bäume knickten um, Felsen wurden verschoben und selbst das | ||
Wasser wich beiseite.<br> | Wasser wich beiseite.<br> | ||
Nicht lange kämpften sie und den beiden Gottheiten wurde mehr und mehr deutlich, dass | Nicht lange kämpften sie und den beiden Gottheiten wurde mehr und mehr deutlich, dass | ||
− | Alatar seiner Schwester überlegen war. Das gleißende Licht | + | [[Alatar]] seiner Schwester überlegen war. Das gleißende Licht [[Temora]]s wurde schwächer und |
− | schließlich lag die Göttin erschöpft am Boden. Alatar bäumte sich über ihr auf.<br> | + | schließlich lag die Göttin erschöpft am Boden. [[Alatar]] bäumte sich über ihr auf.<br> |
− | + | ''"Weißt du, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe?"'', fragte der Panther. ''"Ganz | |
− | Alathair wird sich meinem Willen beugen. Und Eluive, gefangen im steinernen Herzen dieser | + | Alathair wird sich meinem Willen beugen. Und [[Eluive]], gefangen im steinernen Herzen dieser |
− | Welt, wird nichts gegen den Untergang ihrer Schöpfung tun können. | + | Welt, wird nichts gegen den Untergang ihrer Schöpfung tun können."'' Er fing an zu lachen. |
− | + | ''"Kannst du dir die Qualen vorstellen, die sie erleiden muss, wenn sie daran denkt, wem all | |
− | ihre Geschöpfe nun dienen werden? | + | ihre Geschöpfe nun dienen werden?"''<br> |
− | Gelmir Ancalime, einer der Edhil, fasste ein Herz. Er rannte los, um Temora zu Hilfe zu | + | Gelmir Ancalime, einer der Edhil, fasste ein Herz. Er rannte los, um [[Temora]] zu Hilfe zu |
kommen. Zwar konnte er selbst sicher nicht viel gegen den Hasseigner ausrichten, doch sein | kommen. Zwar konnte er selbst sicher nicht viel gegen den Hasseigner ausrichten, doch sein | ||
− | Mut trug ihn immer schneller zu Temora. Gelmir Ancalime verdeckte sein Schwert, als er bei | + | Mut trug ihn immer schneller zu [[Temora]]. Gelmir Ancalime verdeckte sein Schwert, als er bei |
− | ihnen ankam. Als Alatar auf ihn aufmerksam wurde, fegte er den Elf mit seiner Pranke weg, | + | ihnen ankam. Als [[Alatar]] auf ihn aufmerksam wurde, fegte er den Elf mit seiner Pranke weg, |
als er in Reichweite war, und schleuderte ihn in die Reihe der übrigen Edhil, die dort gebannt | als er in Reichweite war, und schleuderte ihn in die Reihe der übrigen Edhil, die dort gebannt | ||
der Dinge harrten. Durch den gewaltigen Aufprall starb nicht Gelmir, auch einige andere | der Dinge harrten. Durch den gewaltigen Aufprall starb nicht Gelmir, auch einige andere | ||
− | Elfen wurden in den Tod gerissen.<br> | + | [[Elfen]] wurden in den Tod gerissen.<br> |
− | Sein Schwert konnte Gelmir aber noch in Richtung Temora schleudern, bevor er von Alatar | + | Sein Schwert konnte Gelmir aber noch in Richtung [[Temora]] schleudern, bevor er von [[Alatar]] |
getroffen wurde. Die Göttin war aufmerksam genug, um die Waffe zu fangen. Es war zwar | getroffen wurde. Die Göttin war aufmerksam genug, um die Waffe zu fangen. Es war zwar | ||
− | nicht groß, verglichen mit der Hand | + | nicht groß, verglichen mit der Hand [[Temora]]s. Aber es reichte aus, um [[Alatar]] mit einem Stich |
arg zu verletzen.<br> | arg zu verletzen.<br> | ||
Der Panther schrie auf. Sein Zorn erstarb in ohnmächtiger Schwäche, die der Schmerz in ihm | Der Panther schrie auf. Sein Zorn erstarb in ohnmächtiger Schwäche, die der Schmerz in ihm | ||
− | auslöste. Die Klinge des Schwertes glühte auf, als Temora sie aus der Wunde herauszog.<br> | + | auslöste. Die Klinge des Schwertes glühte auf, als [[Temora]] sie aus der Wunde herauszog.<br> |
− | Alatar zog sich zurück. Er war zu stark verletzt, um weiterkämpfen zu können. Er war unendlich zornig über seine erneute Niederlage. Das Jaulen des Panthers | + | [[Alatar]] zog sich zurück. Er war zu stark verletzt, um weiterkämpfen zu können. Er war unendlich zornig über seine erneute Niederlage. Das Jaulen des Panthers ward noch bis tief in die |
Nacht hinein gehört.<br> | Nacht hinein gehört.<br> | ||
− | Gelmir Ancalime war tot. Er hatte zwei weitere Edhil mit sich gerissen, als er in der | + | Gelmir Ancalime war tot. Er hatte zwei weitere Edhil mit sich gerissen, als er in der [[Elfen]]reihe aufgeschlagen war. [[Temora]] aber hatte dank der Hilfe des [[Elfen]] gesiegt. Das Schwert glühte noch immer und es würde noch so lange glühen, bis alles Klagen über diesen Krieg verstummt war.<br> |
− | + | ''"[[Kra'thor]]!"'', rief die Göttin.<br> | |
− | Die Fratze kroch langsam aus dem Erdboden hervor. Ängstlich versuchte sie, an Temora vorbeizublicken und sie nicht direkt anzusehen. Das machte ihre Gesichtsausdrücke nur noch | + | Die Fratze kroch langsam aus dem Erdboden hervor. Ängstlich versuchte sie, an [[Temora]] vorbeizublicken und sie nicht direkt anzusehen. Das machte ihre Gesichtsausdrücke nur noch |
hässlicher.<br> | hässlicher.<br> | ||
− | + | Seelenfresser"'', sprach [[Temora]]. ''"Der, der dich rief, ist besiegt. Von nun an wirst du tun, was | |
− | ich dir gebiete! | + | ich dir gebiete!"''<br> |
− | Ein markerschütternder Schrei erfüllte das Schlachtfeld. Doch als Temora das Schwert hob, | + | Ein markerschütternder Schrei erfüllte das Schlachtfeld. Doch als [[Temora]] das Schwert hob, |
erstarb der Ruf klanglos.<br> | erstarb der Ruf klanglos.<br> | ||
− | + | ''"Was gebietest du?"'', fragte der Seelenfresser mit geisterhafter Stimme.<br> | |
− | + | ''"Von nun an bist du der Seelenhüter. Doch hole sie nicht vor ihrer Zeit. Solltest du dagegen | |
− | verstoßen, wird es keine Alternative zu deinem eigenen Tod geben. Entsage deinem Beschwörer und gelobe mir deine Treue. Oder gehe hinab zu Eluive und verbrenne in ewigem | + | verstoßen, wird es keine Alternative zu deinem eigenen Tod geben. Entsage deinem Beschwörer und gelobe mir deine Treue. Oder gehe hinab zu [[Eluive]] und verbrenne in ewigem |
− | Feuer. | + | Feuer."''<br> |
− | Ein erneuter gequälter Schrei bestätigte | + | Ein erneuter gequälter Schrei bestätigte [[Temora]]s Forderungen und die Fratze löste langsam |
ihre Gestalt und nahm die Form eines großen Raben an. Der Vogel erhob sich in die Lüfte | ihre Gestalt und nahm die Form eines großen Raben an. Der Vogel erhob sich in die Lüfte | ||
und war seither nicht mehr gesehen.<br> | und war seither nicht mehr gesehen.<br> | ||
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Die Edhil brachten ihre Toten zur Ruhe und beweinten ihr Schicksal. Anschließend ritten sie | Die Edhil brachten ihre Toten zur Ruhe und beweinten ihr Schicksal. Anschließend ritten sie | ||
durch das Land und suchten die Menschen zusammen, die immer noch klagend umherirrten | durch das Land und suchten die Menschen zusammen, die immer noch klagend umherirrten | ||
− | und vor den lebenden Toten flüchteten. Die Elfen brachten sie zurück in die Städte, wo ein | + | und vor den lebenden Toten flüchteten. Die [[Elfen]] brachten sie zurück in die Städte, wo ein |
gewisser Schutz gewährleistet war. Zwar wandelten die Toten noch immer umher, doch hatten sie kein Ziel mehr, auf das sie sich konzentrieren konnten.<br> | gewisser Schutz gewährleistet war. Zwar wandelten die Toten noch immer umher, doch hatten sie kein Ziel mehr, auf das sie sich konzentrieren konnten.<br> | ||
Der Wiederaufbau begann und der Schrecken wurde in ein Denkmal gebannt, welches den | Der Wiederaufbau begann und der Schrecken wurde in ein Denkmal gebannt, welches den | ||
− | Bund zwischen den Elfen und den Menschen beschrieb.<br> | + | Bund zwischen den [[Elfen]] und den Menschen beschrieb.<br> |
<br> | <br> | ||
− | Eluive verweilte noch immer im Herzen Alathair, damit die Welt nicht auseinanderbrechen | + | [[Eluive]] verweilte noch immer im Herzen Alathair, damit die Welt nicht auseinanderbrechen |
− | konnte. Sie segnete die Edhil, die ihre Wälder beschützt hatten und an ihrer Genesung halfen. Fortan erhörten die Bäume und Pflanzen der Wälder die Bitten dieser Edhil – ein Zusammenspiel, das die Elfen nicht mehr los ließ. Sie waren gebannt von dem Einklang, der | + | konnte. Sie segnete die Edhil, die ihre Wälder beschützt hatten und an ihrer Genesung halfen. Fortan erhörten die Bäume und Pflanzen der Wälder die Bitten dieser Edhil – ein Zusammenspiel, das die [[Elfen]] nicht mehr los ließ. Sie waren gebannt von dem Einklang, der |
sich ihnen nun offenbarte.<br> | sich ihnen nun offenbarte.<br> | ||
− | Die Letharen aber verfluchte Eluive. Nie wieder würden die vergifteten Geschöpfe auch nur | + | Die Letharen aber verfluchte [[Eluive]]. Nie wieder würden die vergifteten Geschöpfe auch nur |
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Nacht, auf dass man sie schnell erkennen und sich vor ihnen in acht nehmen würde.<br> | Nacht, auf dass man sie schnell erkennen und sich vor ihnen in acht nehmen würde.<br> | ||
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− | Auch auf den Inseln | + | Auch auf den Inseln Menek'Ur und Fuachtero waren die Verluste der [[Menekaner]] und Angurer groß. Die Toten hatten einen hohen Tribut gefordert, den es nun auszugleichen galt.<br> |
Die Jahre des Wiederaufbaus begannen. Generationen gingen und neue kamen. Und je stiller | Die Jahre des Wiederaufbaus begannen. Generationen gingen und neue kamen. Und je stiller | ||
− | die Jahre ins Land zogen, desto mehr geriet Alatar in Vergessenheit.<br> | + | die Jahre ins Land zogen, desto mehr geriet [[Alatar]] in Vergessenheit.<br> |
− | Hatte der Panther diese Welt verlassen? Oder hatte | + | Hatte der Panther diese Welt verlassen? Oder hatte [[Temora]]s Bruder einfach aufgegeben und |
beobachtete resigniert das Treiben seiner Orks und Letharen? Was wurde aus Gabriel, der | beobachtete resigniert das Treiben seiner Orks und Letharen? Was wurde aus Gabriel, der | ||
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+ | = Die Schöpfungsgeschichte in der Fassung des Alatarischen Reiches = | ||
+ | Neben der weitläufig bekannten Schöpfungsgeschichte gibt es eine weitere Interpretation der Geschehnisse. Diese wird vornehmlich in den Gebieten des Alatarischen Reiches erzählt und weiter getragen und in den örtlichen Tempeln gelehrt. | ||
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+ | == Die Erschaffung der Welt == | ||
+ | Die Erschaffung der Welt Alathair durch die Göttin Eluive ist eine bekannte Geschichte, die im Laufe der Jahre vielfach niedergeschrieben und wiederholt wurde. Doch in jede Schrift, die entstand und von Generation zu Generation verbreitet wurde, mischten sich die Vorstellungen, Wünsche und Ängste derer, die die Wahrheit nicht akzeptieren wollten. Zuletzt wurde die Verbreitung der angeblichen Geschichte durch die Priester Temoras als Mittel zum Zweck missbraucht, um die Menschen blind an ihren Weg zu fesseln. Wie ein Märchen, das in seiner Ausgestaltung abschreckend und warnend formuliert ist, um dem naiven Kind für die Zukunft jede Suche nach der Wahrheit zu verderben. So wurde es in Angst vor dem was geschehen könnte an die Gunst einer womöglich wohlmeinenden Göttin, die als einziger Hoffnungsschimmer für das eigene Leben die letzte Rettung ist, gekettet. | ||
+ | |||
+ | Übereinstimmend berichten alle Geschichten von der Erschaffung der Welt durch Eluive, aus ihrer Melodie entstanden, Berge, Meere, Land und Weite, so wie die Pflanzen, die Tiere und schließlich den Mensch geformt wurde aus ihrer Hand. Auch wir sind überzeugt von dieser Schaffenskraft und dem guten Willen Eluives, ein Heim für ihre göttlichen Kinder Alatar und Getares zu schaffen. Zu diesem Zweck begab sie sich in den Berg, den wir heute Nilzadan nennen, der Götterberg, um ihren Erstgeborenen zur Welt zu bringen. Getares, von der Gestalt her gefiedert wie ein Vogel, einem in allen Farben leuchtenden Federkleid, doch mit menschlichem Gesicht. Ihm übertrug sie die Herrschaft über die von ihr geschaffenen Menschen. Während Getares sich ein Bild über seine neue Herrschaft machte, gebar Eluive im Götterberg ihr zweites Kind und nannte es Alatar, was übersetzt 'Freier Gedanke' bedeutet. Ihm übertrug sie die Obhut über die Tiere und Pflanzen ihrer geschaffenen Welt Alathair. | ||
+ | |||
+ | == Der Preis der Freiheit == | ||
+ | Alatar nahm sich seiner Aufgabe gewissenhaft an, beobachtete und studierte, was ihm zur Obhut übergeben worden war. Darüber hinaus widmete er sich der Erforschung seiner eigenen Kräfte, um diese zielgerichteter und fokussierter einsetzen zu können. So kam es, dass sich in Alatar das Ziel manifestierte, seine Fähigkeiten zu meistern und sie zu erweitern. Er übertrug diesen Willen auf seine Schützlinge, denn er wusste, dass Stillstand und Stagnation die Wesen verkümmern lassen würde. Ein Mangel an Aufgaben und Herausforderungen würde die Schöpfung Eluives alsbald in Belanglosigkeit, Tristesse und Monotonie verkommen lassen. Getares indes erfreute sich am immer gleichen Leben der Menschen, an den immer gleichen Wegen, an der immer gleichen Anbetung seiner Gestalt. | ||
+ | |||
+ | Alatar beobachtete die Menschen unter Getares Herrschaft und begann sein Werk an Tieren und Pflanzen. Den Tieren brachte er den freien, starken Willen. Gab ihnen Instinkt und die Leidenschaft zu überleben, mehr noch, das Leben weiter zu tragen und eigenständig zu neuen Blüten zu führen. So geschah es, dass heute selbst in den unwirtlichsten Regionen Alathairs Tiere und Pflanzen gedeihen. Instinktiv der Lehre Alatars folgend zu gedeihen, sich Herausforderungen zu stellen, sich anzupassen und sich zu verbessern. Sei es in den höchsten Höhen der Berge, wo kaum ein Baum je wachsen könnte und doch eine reiche Blütenpracht zwischen den Steinen zu finden ist, oder in den trockensten und heißesten Wüsten, in denen doch Skorpione und andere Tiere den Bedingungen trotzen, erblühen und überleben. Tiere und Pflanzen hatten dank ihres Schutzherrn den Instinkt in sich, dass zum Überleben jeder Kampf und jedes Mittel zu nutzen ist. | ||
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+ | So kam es, dass alsbald die Tiere und Pflanzen eine Bedrohung für die Menschen wurden. Was über lange Zeit still und monoton nebeneinander her gelebt hatte, war nun ins Ungleichgewicht gekommen, da Alatars Lehre der von Getares voraus war. Pflanzen rankten sich um die einfachen Gebäude der Menschen, bisweilen rissen deren Wurzeln ganze Häuser im Laufe der Jahre aus ihren Fundamenten und brachten Mauern zum Einsturz, um sich neuen Raum für ihr Wachstum zu schaffen. Wölfe, Bären und andere Tiere forderten die Menschen heraus und die Menschen fürchteten sich, denn sie hatten dem wenig entgegen zu setzen. | ||
+ | |||
+ | In ihrer Angst und Verzweiflung, wandten sich die Menschen an Getares, doch er wünschte nichts an dem bestehenden Lauf der Dinge zu verändern. Alatar indes vernahm die Klagen der Menschen und wusste, dass auch sie in der Lage wären, ihre eigene Kraft zu erkennen und sich selbst in ihrem Leben ihren Platz zu schaffen. So suchte er, unbemerkt von Getares, den Menschen seine Lehren näher zu bringen. Die Menschen jedoch glaubten Getares hätte ihnen geholfen und dankten ihm in vielen Gebeten. | ||
+ | |||
+ | So wandte sich Alatar an Eluive wies auf Getares Unvermögen hin, die Menschen auf die richtigen Pfade zu leiten. Sie jedoch war eng verbunden mit ihrem erstgeborenen Sohn und forderte Alatar auf Tiere und Pflanzen auf das zu beschränken, was sie früher einmal gewesen waren. So ist es noch heute Tradition in den Landen, in denen Eluive und Temora verehrt werden, dass dem Erstgeborenen meist Recht zugesprochen wird, unabhängig von seiner Fähigkeit oder Eignung, ebenso wie seinem Wort zu folgen ist. Man sagt, dass das Recht des Erstgeborenen auf jene erste Entscheidung Eluives zurückzuführen ist. | ||
+ | |||
+ | In seinem Gram die Menschen in ihrer ungebrochenen Monotonie beobachten zu müssen, verdunkelte sich das farbenfrohe Fell von Alatars Panthergestalt von Tag zu Tag. Schließlich entschied er sich aus der Stadt Varuna die Jungfrauen der Menschen mit sich zu führen, auf dass sie eine neue, befähigte Generation von Menschen beginnen mochten. Diese jedoch waren vollständig von Getares strahlender Gestalt eingenommen, dass sie in ihrer Verblendung nichts anderes als dessen blindes Gefolge sein wollten. Trotz seiner Enttäuschung, gewährte Alatar ihnen jene Gunst und formte ihre Körper zu Gestalten, die Getares gleichkamen. Halb Vögel, halb Mensch verfielen die Kreaturen alsbald dem Hochmut und der Eitelkeit, ihrem verehrten Gott gleicher zu sein als alle anderen. So begannen sie die Siedlungen und Städte der Menschen anzugreifen und wollten sie unter ihre Macht zwingen, da sie als Gottähnliche über allen anderen stehen sollten. Jene Wesen sind bis heute bekannt als die Schicksalstränen Varunas. | ||
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+ | Alatar wurde bewusst, dass er die Menschen, die seit Anbeginn der Zeit auf dem falschen Weg waren, langsamer und behutsamer auf die richtigen Pfade lenken musste. Zu tief saß der Irrweg der Untätigkeit, der Willenlosigkeit und der Monotonie in ihnen, zu tief saß die Versuchung von Hochmut und Eitelkeit. Es begab sich, dass Alatar die Siedlung Fetrali aufsuchte. Er erwählte eine junge Frau des Dorfes, die Schönste unter den ihren, um seine Saat zu tragen. Als die Menschen des Dorfes sahen, dass die junge Frau schwanger war, wurden sie misstrauisch, denn sie hatte keinen Mann. Als ihre Schwangerschaft länger dauerte als es normalerweise üblich war, lenkte Getares seine voller Aufmerksamkeit auf sie. Getares hatte schon lange seinen Blick auf jene Frau geworfen, denn er war ihrer Schönheit verfallen. Als jener erkannte, dass sie die Saat Alatars in sich trug, verzweifelte er. In seiner Verzweiflung wollte er nicht ertragen, dass er sie an seinen Bruder verloren hatte. So wartete er bis sie das Kind Alatars zur Welt brachte. Obgleich er als Gott die Macht gehabt hätte ihr Leben zu retten, ließ er sie sterben, denn er wollte sie lieber tot wissen, als mitansehen zu müssen wie sie seinem Bruder folgte. Ihren Leichnam trug er mit sich und zog sich in den Götterberg Nilzadan zurück. Dort haderte er mit seinem Schicksal, da er es nicht ertragen konnte, nicht von allen Menschen bedingungslos geliebt zu werden. Die Zukunft der Menschen vergaß er über seine eigene gekränkte Eitelkeit vollends. Erneut vergab ihm Eluive seine Zweifel und sein Zaudern. | ||
+ | |||
+ | Die Menschen des Dorfes jedoch hatte Getares zuvor beeinflusst und sie gewarnt vor dem Kind und der Saat, die es mit sich trug. So taten sich die Bürger des Dorfes zusammen und überließen das Kind dem Tode, sobald sie dessen habhaft wurden. Getares Abwesenheit blieb den Menschen jedoch nicht verborgen und mehr und mehr von ihnen wurde gewahr, dass er lediglich seinen eigenen Gelüsten und Motiven folgte. Viele wandten sich Alatar zu, der ihnen seine Lehre nahe brachte. Die Menschen gewannen an Stärke, an eigenem, freien Willen. Schon bald erhoben sich die Menschen, um sich aus der selbstsüchtigen Herrschaft Getares zu befreien. | ||
+ | |||
+ | Das, was heute der Bruderkrieg genannt wird, entbrannte zwischen den Menschen. Getares scharte jene um sich, die bereit waren ihm blind zu folgen, um den alten Zustand der Stagnation wiederherzustellen. Viele Menschen jedoch, die ihre Augen geöffnet hatten und nicht in ihre Ketten zurückkehren wollten, folgten Alatar. So geschah es, dass sich Alatar und Getares auf dem Schlachtfeld begegneten. Der Panther richtete seinen Zorn gegen Getares und tötete ihn im Zweikampf, ein Opfer, das er für die Freiheit der Menschen bringen musste, da es keinen anderen Ausweg mehr gab. Eluive eilte an den Ort des Geschehens und weinte bittere Tränen um ihren erstgeborenen Sohn, dessen Fehler sie nie hatte sehen wollen. Sie nahm ihren toten Sohn mit sich in den Götterberg und, wie Getares zuvor, kümmerte sie sich nicht um ihre Schöpfung oder deren Schicksal, da allein der Verlust des Erstgeborenen ihren Geist umnebelte. Derweil kehrte, ob der Abwesenheit von Eluive und Getares, auf der Welt Frieden ein. Der Krieg zwischen den Menschen endete unter der Führung Alatars. | ||
+ | |||
+ | == Die Bewahrung des Lebens == | ||
+ | Alatar indes spürte, dass seine Macht deutlich gestiegen war, nachdem er Getares Macht in sich aufgenommen hatte. Er ahnte, dass Eluives Verzweiflung über den Tod ihres Erstgeborenen sie zu unvorstellbaren Taten treiben würde. Er wusste, dass sie immer noch die Macht hatte, sich ihm entgegen zu stellen, ihre Schöpfung rückgängig zu machen oder die Menschen gar ganz vom Antlitz Alathair zu tilgen. So erweiterte er seine Lehre, denn um den Lauf der Dinge aufzuhalten würde er sich eines Hinterhalts bedienen müssen. Eluive fasste indes im Götterberg den Plan, sich für den Tod ihres Erstgeborenen zu rächen. Sie wusste, dass Götter lediglich zwei Kinder gebären konnten ohne an Macht zu verlieren. Dennoch erschuf sie aus sich Temora, deren einziger Zweck es sein sollte, Alatar, seine Lehren und alle Menschen, die jenen folgten, auszulöschen, um den alten Zustand wiederherzustellen. | ||
+ | Obgleich Alatar wusste, dass Eluive die Menschen, Tiere und Pflanzen allesamt vernichten und neu erschaffen konnte, würde sie doch niemals die Schöpfung ihrer Welt gefährden. Er begab sich auf den Grund des Meeres, wo er mit seiner neuen Macht einen Riss erschuf, der vermeintlich drohte die Welt zu vernichten. Wie erwartet eilte Eluive herbei und tappte in die Falle, um ihre Welt zusammen zu halten. So gelang es Alatar schließlich sie im Riss der Welt gefangen zu halten, wo ihr Einfluss und ihre Macht begrenzt waren und sie keine Gelegenheit bekam, die Menschen, die ihre Freiheit erlangt hatten, zu vernichten. | ||
+ | |||
+ | Temora spürte die Verbannung ihrer Mutter und wusste, sie wäre nicht in der Lage, Alatar allein gegenüber zu treten. So wandte sie sich an Horteras, den Sternenvater, der neben Eluive einer der ersten Götter war. Sie forderte Gefolgschaft und Hilfe von ihm ein, um Alatar vernichten zu können. Horteras beugte sich und entsandte schließlich seine beiden Söhne Cirmias und Phanodain nach Alathair, die Temora zur Seite stehen sollten. Unter Temoras Befehl stehend, leisteten sie ihr Gefolgschaft und ordneten sich dem Ziel unter die Welt in den alten Zustand zurück zu führen. | ||
+ | |||
+ | Cirmias machte sich sogleich an die Arbeit und schuf das Volk der Kaluren, die seitdem auf seinen Befehl hin den Götterberg bewachen. Noch immer hatten viele Götter eine irrationale Furcht davor jenen, für sie so heiligen Berg zu verlieren. Phanodain hingegen schuf das Volk der Elfen, deren Lebensspanne erst dann enden sollte, wenn sie sich selbst dazu entscheiden oder durch Gewalt aus dem Leben gerissen wurden. Auch sie folgten seinen Weisungen, denn die Götter wussten, dass sie auch zu dritt gegen Alatar nicht standhalten würden. | ||
+ | |||
+ | == Die Verbreitung der Erkenntnis == | ||
+ | Alatar hatte die Schaffung der Elfen beobachtet und, obgleich er jederzeit die Macht besessen hätte, die Taten von Cirmias und Phanodain zu beenden, ließ er sie gewähren in der Hoffnung, dass sie einmal erkennen würden, dass ihre Schöpfung nach mehr verlangen würde als schlichter Monotonie. Und so wie es Alatar vorhersah, geschah es. Sieben der Elfen, der Geschöpfe Phanodains, wurden auf Alatar aufmerksam. Sie wünschten von ihm zu lernen. Doch Alatar antwortete ihnen zunächst nicht. Erst nachdem die Neugier und der Wille mehr zu lernen in den Elfen so heiß brannte wie Feuer, offenbarte er sich ihnen. Sie schworen seinen Lehren zu folgen, wenn er sie nur unterrichten würde und Alatar gewährte ihnen ihren Wunsch. Er führte die Sieben in ferne Abgeschiedenheit und unterrichtete sie in seiner Sprache und seinen Lehren, intensiver und länger als es zuvor bei jedem Menschen der Fall gewesen war. Sie waren wissbegierig und willensstark und mit der Zeit wurden aus ihnen die ersten Letharen, die Kinder des All-Einen. Unerbittlich, hart, kompromisslos und anpassungsfähig. Die erste Weisung Alatars an sie war sich zu vermehren. Und so taten sie es, indem die Sieben sich menschliche Frauen suchten. | ||
+ | Einer unter ihnen jedoch zögerte. Er war unsicher, ängstlich und wurde so wieder empfänglich für die Einflüsterungen Phanodains. Dieser trachtete danach ihn wieder von den seinen zu entfernen und nahm ihm die Fähigkeit die neu erlernte Sprache Alatars zu sprechen. | ||
+ | |||
+ | Derweil trug sich ein Kampf zwischen den Magiern Alathairs zu. Eine Gruppe strebte danach das Wissen lediglich zu bewahren und zu sichern. Die andere, die man Arkorither nannte, strebte nach immer neuen Fähigkeiten, der Erweiterung ihrer Kräfte und der Vervollkommnung dieser. Bald schon fürchtete man die Arkorither und es kam zum Kampf, bei dem lediglich einer der Arkorither überlebte. Jener traf auf seiner Flucht auf Alatar selbst, der den Arkorither schon lange beobachtet hatte. Der Panther sah mit Wohlwollen, dass sich unter den Arkorithern instinktiv seine Lehre verbreitet hatte und das Streben nach Perfektion in ihrem Wesen verankert war. Er rettete das Leben des Arkorithers, der daraufhin Alatars Wegen folgte. | ||
+ | |||
+ | Alatar brachte den Arkorither zu den Letharen und wies diese an, einen Schüler für ihn zu finden, auf dass der Magier jenen in seinen Wegen unterrichten konnte. Während sich die Letharen jener Aufgabe annahmen, wurde dem Panthergott der Zauderer in ihren Reihen bewusst. So geschah es, dass Alatar den Verräter, der sich Phanodain in Furcht erneut unterworfen hatte, zu Boden schmetterte und dessen Energie auf den neu gefundenen Schüler übertrug. Lange Zeit unterwies der letzte Arkorither die Letharen in den Lehren der Magie und des Liedes, ebenso wie seinen gefunden Schüler. | ||
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+ | == Der Krieg um Alathair == | ||
+ | Im Laufe der Zeit wurde Alatar sich bewusst, dass es nur einen Weg geben würde die neu gewonnene Freiheit der Menschen dauerhaft zu schützen und ihre freie Entfaltung zu gewährleisten. In einem Ritual unter der Leitung des letzten Arkorithers und der Letharen rief er die Kreatur, der er den Namen Kra‘thor gab. Ein Wesen, das sich im Schatten bewegt und dessen von Alatar gegebene Aufgabe es war, all jene heimzusuchen, die die Menschen versklaven und in Ketten legen wollten. Gleichzeitig erhielten die Letharen von ihm den Auftrag, den Krieg erneut aufzunehmen. Dieser Krieg sollte gegen die Anhänger der drei schwachen Götter gerichtet werden, um das Joch der Unterdrückung und Unfreiheit endgültig von Alathair zu beseitigen. All jene, die ihm folgten, wussten, dass Alatar mittlerweile die Macht dazu gehabt hätte, all jenes selbst umzusetzen. Doch wussten sie ebenso, dass sie für die Welt, in der sie leben wollten, selbst würden streiten müssen, da sonst aller Sieg wertlos wäre. Sie mussten sich die Freiheit, die sie wollten, selbst nehmen. Die Vorbereitungen zur letzten Schlacht waren getroffen. | ||
+ | |||
+ | Kra‘thor ließ nicht viel Zeit verstreichen und suchte die Menschen heim. Er ließ die Toten aus ihren Gräbern auferstehen, um an seiner Seite zu kämpfen, denn auch ihre Pflicht war noch nicht getan und ihr Einsatz würde die Leben vieler freier Menschen bewahren. Vor allem gegen Varuna brandeten die Wellen der toten Heere und auch ehemalige Magier der Arkorither, die während der Kämpfe unter den Magiern getötet wurden, standen nun an der Seite Kra‘thors. So dauerte es nicht lange bis Varuna befreit war und Kra‘thors Heere gesiegt hatten. Derweil stellten sich die Armeen der Menschen, die den falschen Göttern folgten, und die Streitmacht der Elfen dem gerechten Kampf in getreuer, blinder Gefolgschaft ihrer Götter. | ||
+ | |||
+ | Die Elfen stellten sich Kra‘thor selbst entgegen und wollten ihn vernichten, versagten jedoch gegenüber der Macht, die er bis zu diesem Zeitpunkt erlangt hatte. So wagte sich schließlich, in Anbetracht der Vernichtung ihrer Gefolgsleute, Temora selbst aus ihrem Versteck in letzter Verzweiflung. Ohne dass sie es hätte ahnen können, wurde sie sogleich von Alatar attackiert, der sie im Kampf leicht niederringen und zu Boden schmettern konnte. | ||
+ | |||
+ | In jenem Moment wurde sich Alatar gewahr, dass er sein Ziel allen Lebewesen die neue Freiheit zu schenken nicht dadurch erringen konnte, indem er Temora und ihr Gefolge mit einem Hieb seiner Pranke von der Welt tilgte. Seine Stärke war auf dem Höhepunkt seiner Macht, nachdem er die Kraft seines Bruders in sich aufgenommen hatte, Temora hingegen war die schwache Drittgeborene. Dennoch hob jene in jenem Augenblick seiner Erkenntnis trotz ihrer unterlegenen Position das winzige Schwert eines Elfen und verwundete ihn. Alatar bezwang seinen Zorn ob ihrer Anmaßung und verschonte sie und ihre Heere. | ||
+ | Denn es war seine Lehre, dass die Menschen, die seinem Weg folgten, diesen Sieg durch eigene Anstrengung, eigenen Schweiß und eigenes Blut erringen mussten. Nur so wäre der Sieg etwas wert, nur so würden sie sich erinnern und nie wieder zurückfallen in den Status der Monotonie und Belanglosigkeit. | ||
+ | Kra’thor wurde an jenem Tag, nach dem Abzug Alatars, von Temora unterworfen und gezwungen ihr zu dienen. Allerdings befreite er sich aus eigener Kraft von den Fesseln Temoras und offenbarte damit selbst die Stärke jener Lehren zur Selbstbestimmung von Alatar. | ||
+ | |||
+ | == Die Tochter des All-Einen == | ||
+ | Alatar nutzte seine Macht, die er im Kampf nicht genutzt hatte, klug und tat etwas, was Temora, Cirmias und Phanodain unmöglich ist: Er erschuf ein göttliches Kind. Ahamani, seine Tochter, sowie das von ihr geschaffene Volk der Rashar fügten einen gänzlich neuen Aspekt zu der neuen Freiheit hinzu, für die Alatar bis heute steht: Einigkeit, Kenntnis und Stärke. Bei ihrem ersten Erscheinen wies ihr Vater Ahamani an im Sinne des großen Ganzen die Einheit der Rassen unter ihren Gläubigen zu stärken und zu stützen. Sie selbst hielt ihre Gläubigen dazu an ihr Wissen zu mehren und zu differenzieren, anstatt andere Lehren schlicht zu verbieten oder für falsch zu deklarieren wie es bei den sogenannten „Lichtgläubigen“ durchaus üblich war. So ruhte in Ahamani bereits bei ihrer Erschaffung eine erhabene Reife, die aus den Erfahrungen ihres Vaters erwachsen war. Ihre Loyalität zu Alatar stand niemals in Frage. | ||
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+ | [[Kategorie:Hintergrundgeschichte]] |
Aktuelle Version vom 11. Oktober 2024, 15:40 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Kapitel Eins - Der Gesang der Götter
- 2 Kapitel Zwei - Nilzadan
- 3 Kapitel Drei - Paia und die Saat
- 4 Kapitel Vier - Der Bruderkrieg
- 5 Kapitel Fünf - Das Schicksal Alathairs
- 6 Kapitel Sechs - Die Seherin
- 7 Kapitel Sieben - Der Pakt des Lichtes
- 8 Kapitel Acht - Die Magier von Tirell
- 9 Kapitel Neun - Die Sieben. Der Eine. Und das Bündnis.
- 10 Kapitel Zehn - Die Flut
- 11 Kapitel Elf - Apokalypse
- 12 Die Schöpfungsgeschichte in der Fassung des Alatarischen Reiches
Die Geschichte der Welt Alathair beginnt mit der Schöpfungsgeschichte, die die Erschaffung der Welt durch die Göttin Eluive beschreibt. Diese Geschichte erzählt auch von der Entstehung der verschiedenen Rassen und Völker sowie dem ewigen Konflikt zwischen den Gottheiten Alatar und Temora. In dieser Erzählung wird die Grundlage für die mythologischen und kosmischen Kräfte gelegt, die das Schicksal von Alathair und seinen Bewohnern bestimmen.
Die Schöpfungsgeschichte von Alathair ist in einem rollenspielerischen Stil verfasst und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder absolute Wahrheit, sondern dient als mythologische Grundlage für die Welt.
Für Interessierte steht die Geschichte nicht nur im Wiki zur Verfügung, sondern kann auch als PDF Datei heruntergeladen werden.
Kapitel Eins - Der Gesang der Götter
Dort, wo sich Dunkelheit und Stille zusammengefunden hatten, weilte Eluive und lauschte dem Nichts. Wie die Noten eines Liedes reichten sich ihre Gedanken die Hände und formten eine Melodie, die sich wie ein Sonnenstrahl einen Weg durch die Finsternis bahnte und das leere Schweigen mit Leben erfüllte. Eluive sang zu dieser Melodie und die harmonischen Klänge verneigten sich zu Gestein.
"Es hat also begonnen", dachte Horteras, als er den Gesang seiner Schwester in der Ferne hörte. Er hatte sie gewarnt – und doch war die Melodie so schön, dass sie seine zweifelhaften Gedanken bannten und er in Frieden den Klängen lauschen konnte.
Und Eluive sang weiter, denn sie erwartete zwei Kinder. Sie wusste, dass der Klang ihrer Stimme dazu gemacht war, neue Welten zu formen. So wollte sie eine Welt schaffen, auf der ihre beiden Kinder leben und aufwachsen könnten. Das Gestein nahm Form als, als ihr Gesang weiter durch ihn durchdrang. Wie ein Wurm fraß er sich durch das harte Material; übrig blieben Berge, Höhlen und Täler. Als Eluive der Melodie gebot, sich niederzulegen, gehorchte sie. Flüsse und Sehen entstanden, deren Plätschern noch heute daran erinnert, wie der schöpferische Gesang klang.
Eluive betrachtete das Werk ihrer Musik und sie war zufrieden. Ihre Kreativität war jedoch lange nicht ausgeschöpft. Gestirne hatten sich aus den Klängen gebildet, die weit zu hören gewesen waren. Ihnen gebot Eluive, Instrumente zu spielen. In der göttlichen Harmonie mit dem Wasser und den Instrumenten der Gestirne wurde das Land fruchtbar und Eluive gebot den Pflanzen, in die Höhe zu wachsen. Gräser, Sträucher, und Kräuter wuchsen so heran. Sie war angetan von der Vielfalt der Pflanzen und erschuf größere Pflanzen, die alle anderen überragten. Eluive schenkte ihnen sogar ein eigenes Lied, das Lied des Waldes.
Entzückt von ihrer Schöpfung betrachtete Eluive die neue Welt. Doch etwas fehlte in der harmonischen Landschaft. Leben. Es fehlte Leben, welches Veränderung bringen sollte. So schuf Eluive die Tiere in ihrer Vielfalt und ein jedes auf seine eigene Art und Weise fähig, mit dem Leben und seiner Umwelt unbefangen umgehen konnte. So schien die Welt im ersten Moment perfekt.
Doch Eluive wollte mehr. So wagte sie den Schritt, vor dem sie ihr Bruder Horteras eindringlich gewarnt hatte. Eluive nahm ein Stück Erde und etwas ihrer lieblichen Melodie und formte daraus ein weiteres Geschöpf. Sie gab ihm den Namen ›Mensch‹. Es war ein Mensch wie Du und ich; nur von seiner Schönheit her war er perfekt. Aber der Mensch war einsam.
Eluive spürte sein Verlangen. Zwar hatte er ein Heim, das einem Paradies glich, dennoch sehnte er sich nach einem Gleichgesinnten, mit dem er reden, singen und sich freuen konnte. So gab Eluive dem Bedürfnis ihres Geschöpfes nach und erschuf seinem Abbild nach einige Männer und Frauen. Außerdem verlieh sie ihnen die Kraft, sich selbst fortzupflanzen. Horteras trat an seine Schwester heran. Ihm stand die Bewunderung ins Gesicht geschrieben, als er die Welt betrachtete, die Eluive geschaffen hatte.
"Eluive", sprach der dann zu ihr. "Du solltest sie nicht namenslos lassen."
"Recht hast du, Bruder", antwortete die Göttin. "Ich nenne die Welt so, wie die Melodie beschaffen ist. Harmonie ... ›Harmonie‹."
"Ala'thair", sagte Horteras, als er den Planeten mit Frohsinn besah. "Freie Harmonie."
"So sei es", sagte Eluive und fortan war Alathair der Name dieser Schöpfung; eine Welt, die
Eluive für ihre Kinder geschaffen hatte. Und bald war es so weit und sie würde gebären.
Alathair würde bereit sein müssen.
Kapitel Zwei - Nilzadan
Es waren friedliche Zeiten, als die Menschen Alathair bevölkerten. In ihrer Kreativität zeigten sie, dass sie wahrlich Geschöpfe Eluives waren. Sie erfanden simple Werkzeuge, um sich die Arbeit zu erleichtern. Sie pflanzten wunderschöne Gärten an, in denen die Pflanzen blühten und gediehen. Und sie dankten Eluive in ihren Gebeten für ihre Existenz. Alles war gut, wie es war.
Die Menschen sollten aber nicht mehr Eluive selbst huldigen, sondern ihrer Kinder, die die Schutzpatrone und Fürsorger von Alathair sein sollten. Eluive macht sich zu einem Berg auf, den die Menschen Nilzadan (Geburt) oder auch Götterberg tauften. Es war nicht der einzige Ort, dem sie einen Namen gaben. Die Menschen benannten ganze Länder mit den schönsten Namen. Eluive fand Gefallen daran, dass ihre Geschöpfe aus ihrer Sprache eine Kunst entwickelten.
Eluive verweilte in den Höhlen Nilzadans für ein Jahr der Götter. Und dort gebar sie ihr erstes Kind. Sein Name war Getares (der Erste). Getares hatte ein menschliches Gesicht; seine
Gestalt glich aber der eines großen Vogels. Obwohl das Geschöpf wie alle Gottheiten ohne
Geschlecht war, erschien es den Menschen eher männlich denn weiblich. Standhaft war sein
Gefieder, das in jeder Farbe glänzte. Je nachdem von welcher Seite aus man Getares betrachtete, erschien es so, als würde das Farbspektrum wechseln. Die Gestalt Getares war für die
Menschen dennoch nicht greifbar, da er nicht aus Fleisch und Blut bestand.
Getares wusste noch nicht sonderlich viel von seinen göttlichen Mächten, lernte sie aber mit der Zeit kennen. So schaffte er es, durch den Raum zu wandeln, sich für das Auge einfacher Geschöpfe unsichtbar zu machen. Eluive schenkte ihm außerdem Verstand und trug ihm die Verantwortung über die Menschen auf. Ihr Sohn nahm den Auftrag entgegen und erkundete Alathair. Die Melodien der Gestirne verrieten ihm dabei alles, was er über die Menschen wissen sollte.
Eluive begab sich währenddessen ein zweites Mal nach Nilzadan. Sie gebar ihren zweiten Sohn Alatar (Freier Gedanke). Alatar hatte den Körper einer Raubkatze. Ihr Fell schimmerte und wechselte jede Sekunde die Farbe.
Alatar erhielt von seiner Mutter einen Auftrag. Er sollte für das Wohlbefinden der Tierund Pflanzenwelt sorgen. So erhielt auch Alatar den nötigen Verstand, um seine Mission erfüllen zu können. Er dankte seiner Mutter und begann mit der Erforschung Alathairs, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.
Beide Kinder Eluives waren zunächst sehr damit beschäftigt, ihre eigenen göttlichen Kräfte kennenzulernen. Es lag ihnen sehr am Herzen, sich um ihre Schützlinge so fürsorglich kümmern zu können wie nur möglich. Eluive verweilt derweil in der Sphäre um Alathair und gab ihren Kindern Zeit, ihre Fähigkeiten zu schulen und für die Bewältigung ihrer Aufgaben zu
wachsen.
Kapitel Drei - Paia und die Saat
Nach wenigen Götterjahren merkte Alatar, dass seine Kräfte von seiner Aufgabe niemals
vollkommen ausgeschöpft werden würden. Außerdem sah er, wie die Menschen Getares anbeteten und ihm dafür dankten, was er für sie tat. Alatar aber blieb frei von dieser Gunst, als
wäre es der Tier- und Pflanzenwelt egal, was er für sie tat.
Fortan kümmerte er sich deshalb nicht mehr um sie, sondern begann damit, sich in die Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Doch seine guten Taten dankten sie nicht ihm,
sondern weiterhin seinem Bruder Getares; wussten sie doch nicht, dass es Alatars Handeln
war.
Viele Tiere spürten, dass Alatar ihnen keine Aufmerksamkeit mehr widmete. Sie wurden zornig. In ihrem Hunger überfielen sie Siedlungen und griffen die Menschen an. Doch Alatar
zeigte dafür kein Interesse mehr. Er besuchte seine Mutter und bat darum, ebenfalls den
Menschen dienen zu dürfen.
"Aber warum kommst du nicht deiner eigenen Aufgabe nach?", fragte Eluive. "Warum lässt
du die Tiere zornig werden?"
Alatar wandte sich sodann ab von seiner Mutter. Sein Fell verlor das farbige Schimmern und
wurde von Tag zu Tag immer dunkler; bis dass es nur noch schwarz glänzte.
In seinem Zorn raubte Alatar Jungfrauen aus Varuna, einer der größten Siedlungen der Menschen. Er stahl ihnen den Verstand, entstellte ihre Gesichter und misshandelte ihre Körper
so, dass sie wie Vögel aussahen. Alatars anfänglicher Neid war zu Hass herangewachsen; so
hatte er den Frauen unbewusst die Gestalt seines Bruders Getares gegeben. Als Alatar dies
bewusst wurde, tötete er ein Drittel der Kreaturen. Die anderen ließ er entfliehen, damit sie
bei den Menschen Angst und Schrecken verbreiten konnten. Die Wesen sind seither als die
Schicksalstränen Varunas bekannt.
Alatar wurde mit der Zeit immer zorniger und stellte einen Plan auf, um die Menschen für
sich zu gewinnen. Sie sollten ihm folgen, nicht seinem Bruder.
So begab sich Alatar zu der Siedlung Fetrali und suchte sich eine junge Frau, um sie zu
schwängern. Ihr Name war Paia und ihre Schönheit war einzigartig auf Alathair. Ihr Haar
glänzte schwarz und ihre Haut war von der Sonne selbst gezeichnet. Paia schlief, als Alatar
sich an ihr verging und die Saat des Hasses in ihre Gebärmutter pflanzte.
Ein Götterjahr dauerte die Schwangerschaft Paias. Die anderen Bewohner Fetralis machten
sich große Sorgen um die junge Frau, denn sie hatte keinen Mann und es war unüblich, dass
eine unverheiratete Frau ein Kind erwartete – vor allem über einen so langen Zeitraum. So
erklärten einige Menschen aus der Siedlung, man sollte sie verbrennen, weil etwas Böses von ihr ausging. Andere aber bestanden darauf, dass man Getares rief, um ihren Patron um Rat
zu fragen.
Und schließlich riefen sie Getares, den Freund der Menschen, um Hilfe. Als er in Fetrali erschien, betrachtete er Paia und erkannte sofort die Ursache des Problems. Tränen rollten das
menschenähnliche Gesicht herab, als er um die Tat Alatars weinte. Er wusste, dass Paia die
Saat seines Bruders so tief in ihr trug, dass es nicht möglich war, sie zu entfernen, ohne die
Frau dabei zu töten. Getares aber brachte es nicht über sein Herz, Paias Leben zu beenden,
denn ihre Schönheit war der einer Göttin gleich. So weinte er und die Tränen ließen den Boden gefrieren. Getares entschied sich zu warten, bis Paia die Saat ausgetragen hätte. In dieser
Zeit kümmerte sich Getares besonders um die Siedlung Fetrali. Aber auch andere Menschen
brauchten seine Hilfe, denn die Schicksalstränen Varunas fielen oft über Bauern und Reisende her und zerrissen ihre Körper wie wilde Tiere.
Die Zeit Paias war gekommen und sie gebar das Kind Alatars. Die Schmerzen, die sie dabei
hatte, waren so groß, dass sie von ihnen aufgefressen wurde und Paia sterben ließen. Die
Menschen Fetralis riefen nach Getares. Ihre verzweifelte Trauer wandelte sich in Zorn und
sie töteten das Kind Alatars.
Und so hatte Alatar den Hass in die Welt gebracht. Er ließ die Menschen taub werden für die
Melodien, die die Gestirne spielten. Aus Liebe wurde Misstrauen. Die Menschen hatten
Angst, dass Alatar unter ihnen war, denn sie kannten seine Gestalt nicht.
Getares nahm Paias Körper mit zum Nilzadan und beweinte die Tote dort für eine lange Zeit.
Er bat Eluive, sich an seinem Bruder rächen zu dürfen.
"Du willst eines meiner Kinder töten", fragte sie ihn, "so, wie er eines deiner Kinder tötete?"
Getares erkannte seinen Fehler und bat seine Mutter um Verzeihung. Er blieb ein Götterjahr
in Nilzadan und wachte über den Leib Paias.
Alatar aber blieb in dieser Zeit nicht untätig. Er hatte es geschafft, die von Zorn und Hass
erblindeten Menschen für sich zu gewinnen, indem er ihnen Lügen über Getares und Eluive
erzählte. Er schürte ihren Hass immer weiter. Die Menschen, die er in seinen Bann ziehen
konnte, wollten schließlich gegen Getares in den Krieg ziehen und ihn von dieser Welt verbannen oder sogar töten.
Kapitel Vier - Der Bruderkrieg
Die Menschen fürchteten sich, denn niemand konnte wissen, welche Teufeleien Alatar und
seine Anhänger als Nächstes im Schilde führen würden. Er hatte schon viele Menschen in
den Tod gerissen und die Angst fraß sich in ihren Verstand. Einige entschieden sich daher,
Alatar anzubeten, um dem Tod zu entrinnen. Doch ebenso viele wandten sich an Getares und
baten um Schutz.
Riss fuhr durch die Menschheit. Dörfer bekriegten sich untereinander und selbst innerhalb dieser Gemeinden war man sich nicht immer einig, welcher der Götterbrüder der Patron
des Dorfes werden sollte. Diese Zeitperiode trägt heute noch den Titel Bruderkrieg. Nicht
nur Alatar und Getares bekämpften einander, auch ihre Anhänger schreiben Geschichten in der Sprache der Gewalt. Selbst innerhalb von Familien erntete Alatar seine bösartigen Früchte des Hasses.
Unter Feuer und Asche war dies eine Zeit des Elends und der Not. Doch aus diesem Leid sollte neue Hoffnung geschöpft werden.
Die Angurer
Aus den Trümmern eines Dorfes im Norden, welches den Namen Bal'thar trug und im Bruderkrieg durch Alatar vollkommen zerstört wurde, erhoben sich drei Männer; Angur, Irias
und Björn. Sie waren mittleren Alters und den Verhältnissen des Nordens entsprechend kräftig und zäh gebaut.
Aus den Überresten Angurs machten sie ein Lagerfeuer und beredetet, was sie tun sollten.
Ihre Frauen und Verwandten waren verbrannt oder wurden von den Dienern Alatars verschleppt. Hass keimte in ihren Herzen. Sie hassten Alatar, weil er ihre Angehörigen umgebracht hatte. Sie hassten aber auch Getares, weil er seinen Bruder nicht aufgehalten hatte.
Angur und Irias waren zwar nur Bauern und Björn ein Hirte, aber wer mit einem Hirtenstab
umgehen konnte, der würde das sicherlich auch mit einer Axt oder einer Hellebarde schaffen.
In der Vergangenheit hatte man ihnen einmal alles genommen; in der Zukunft würden sie
vorbereitet sein.
Angur nahm sich eine Axt, Irias einen Bogen und Björn ein Breitschwert. Sie wirkten von
Weitem wie eine Räuberbande, doch wenn man sich ihnen näherte, konnte man den Schmerz
in ihren Gesichtern lesen, der sie zu dem gemacht hatte, was sie nun waren.
Langsam und ohne Ziel trotteten sie vor sich hin. Ihr Weg führte sie nordwärts bis in das
nächste Dorf, welches dicht an der Vegetationsgrenze lag. Sie fanden Unterkunft in einem
verlassenen Haus und ein Lagerfeuer half ihnen, die Nacht zu überstehen.
Die Dorfbewohner waren von den Ereignissen des zerstörten Bal'thar erschüttert, als sie von
dessen Schicksal erfuhren. Sie baten die Männer, bei ihnen zu bleiben und Teil ihrer Gemeinschaft zu werden. Die Anwesenheit der drei und die Kunde über das Ende von Bal'thars sorgten dafür, dass sich die Streitereien in dem Dorf kurzzeitig legten. Hass und Neid waren vorerst vertrieben.
Es dauerte aber nicht lange – Angur, Irias und Björn hatten sich erst eingelebt –, da keimte
erneut Misstrauen unter den Bewohnern auf. Der Hass hatte zurückgefunden und zerstörte
die jüngst gewonnene Einigkeit des Dorfes.
Angur forderte die Menschen auf, einzuhalten und sich an Bal'thar zu erinnern, doch nur
wenige schenkten ihm Gehör. Ein stämmiger Mann namens Ulf stellte sich Angur entgegen
und beschimpfte ihn als Anhänger Getares'. Angur aber hegte noch immer seinen Hass gegen
beide der Götterbrüder. Wut stieg in ihm auf, als er die Anschuldigung hörte, doch er zähmte
sie.
"Weder Alatar, noch Getares, nenne ich meine Herren", antwortete er Ulf mit friedfertiger
Stimme.
sahen die Menschen nun zu ihm auf. Bisher hatten sie nie daran gedacht, keinen der
Götter zu verehren. Diese Sichtweise erweiterte ihren Horizont.
Ulf aber wurde zorniger und zorniger. Alatars Hass hatte sich schon zu tief in sein Herz gefressen. So griff der Mann nach einer Keule, die an einer Hauswand lehnte, und stürmte brüllend auf Angur zu. Kurz bevor die Waffe Angur treffen sollte, kreuzte ein Breitschwert ihren
Weg. Holz splitterte und die Klinge des Schwertes blieb in der großen Keule stecken.
Nachdem sich Ulf von der Überraschung erholt hatte, hob er erneut seine Waffe. Das Schwert
löste sich und landete hinter ihm auf der Erde, während die Umstehenden davor zurückwichen.
Der darauf folgende Schlag traf Björn mit voller Wucht.
Eine gespenstische Stille folgte, als Björn leblos zusammensackte. Ein Windhauch wehte
Björns langes Haar in die Blutlache, die sich langsam unter seinem toten Körper bildete.
Ulf begann zu lachen. Es war eine Genugtuung für ihn, Björn tot vor sich liegen zu sehen,
doch gleichzeitig wuchs der Durst nach mehr; mehr Blut für Alatar. Angur, sein eigentlicher
Gegner, lebte noch und sollte das nächste Opfer werden.
Ulf nahm den Griff des Schwertes und ging nun mit beiden Waffen auf Angur zu. Dieses Mal
behielt er auch den zweiten Freund besser im Auge. Iras zielte bereits mit seinem Bogen auf
ihn und warnte davor, noch einen Schritt weiterzugehen. Als der Hüne nicht stoppte, ließ er
den Pfeil los. Doch der ungeübte Schütze hatte kein Glück und verfehlte Ulf ein paar Daumenbreiten. Zu spät wich der Schütze dem Schwerthieb aus. Blut quoll aus der Wunde an
seinem Arm und vom Schock gelähmt starrte Irias der Keule entgegen, die ihn als Nächstes
treffen sollte.
Angur blieb nicht tatenlos und schwang seine Axt. Er erwischte Ulf am Hals und brach ihn
zum Stürzen. Rippen brachen und Irias' Luft wurde abgeschnürt, als der Körper des Hünen
auf ihn fiel und den Schützen unter sich begrub. Ulfs Kopf kullerte über den harten Erdboden
und blieb auf dem Stumpf liegen. Das Gesicht des Toten war noch immer hasserfüllt und
kalt.
Mit Mühen befreite Angur seinen Freund Irias von Ulfs Rumpf. Als er vorsichtig seinen Kopf
anhob, erkannte Angur aber schon, dass der Lebensodem Eluives seinen Freund bereits verließ. Angur weinte und schloss die Augen seiner beiden Freunde. Seine Tränen strich er
ihnen auf die Stirn.
Dann sah Angur sich um.
Es herrschte betretenes Schweigen ihm ihn herum. Von den drei Fremden, die das Dorf einst
aufgenommen hatte, wurden zwei von einem der ihren umgebracht.
"Seht euch an, was euch eure Götter bringen!", sprach Angur laut und fordernd. "Ist es das,
was ihr wollt? Nicht weiter als den Tod?"
Ein älterer Mann trat hervor. "Sag und, was wir tun können! Wir stehen in deiner Schuld!"
"Mich hält hier nichts mehr." Angur schüttelte den Kopf. "Lebt euer Leben und denkt an
meine Worte. Entsagt den Göttern oder sterbt mit ihnen zusammen." Er bahnte sich einen
Weg aus dem Menschenkreis heraus, als der Alte erneut sprach.
"Deine Worte sind weise. Lass mich dich begleiten."
Seufzend schaute Angur zurück und seine Blicke schweiften umher, während sich immer
mehr Menschen zu dem Alten stellten. Dort, wo sein Blick von einem anderen Augenpaar
gestreift wurde, erntete er ein sachtes Nicken. Kein einziger Bewohner des Dorfes wollte sich
den Machenschaften von Alatar weiterhin aussetzen.
"Ich gehe dorthin, wo kein Mensch je zuvor gewesen ist. In die Eiswüste."
Seine Worte wurden erneut mit einem Nicken beantwortet. Angur begann zu verstehen. Dieses Dorf voller Männer, Frauen und Kinder wollte seinem Beispiel folgen. Doch hatten sie
allein nicht die Kraft, den Göttern zu entsagen. Sie brauchten einen Führer, der bis dahin
offensichtlich Ulf gewesen war.
So erteilte Angur seine ersten Anweisungen. Proviant wurde eingepackt, Zelte wurden hergestellt und Pferde wurden beladen. Innerhalb von drei Tagen waren die Vorbereitungen der
Wanderung abgeschlossen und die Menschen hatten ein neues Ziel. Es ging voran, niemand
empfand mehr Neid, Hass oder Angst. Und schließlich konnte die Reise beginnen.
Die Anhänger Angurs zogen weit in den Norden. Die Eiswüste war eine Halbinsel und nur
über einen schmalen Pass betretbar. Es dauerte einen und einen halben Tag, bis alle Angurer
den kalten Ort erreichten. In der Nacht fegte ein gewaltiges Gewitter über den Norden
Alathairs hinweg. Blitze durchzuckten die Nacht und trennten die Halbinsel vom Festland.
Der nächste Morgen war erfüllt von verzweifeltem Jammern. Der ›Heimweg‹ war abgeschnitten; der Punkt ohne Wiederkehr war erreicht. Aber Angur schenkte ihnen neue Hoffnung, indem er ihnen versprach, dass Alatar ihnen niemals hierher folgen würde und sie nun
Frieden hätten.
Ein großes Lager wurde errichtet und ein Feuer entfacht. Die Kälte war zwar lebensfeindlich,
aber die Angurer waren Kälte gewohnt, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Mit der Zeit gewöhnten sie sich daran, dicke Kleidung zu tragen. Angur beschäftigte sich lange damit, Riten
zu erschaffen, mit welchen man Alatars Hass aus seinem Herzen verbannen konnte. Er wurde zu einem mächtigen Führer des Nordens. Seine Anhänger nannten sich seitdem mit Stolz
Angurer.
Todesschreie
Alatar hatten unterdessen ganz Alathair in einen Krieg geworfen. Frauen waren heimatlos
und Kinder weinten. Es herrschte Chaos.
Alatar erfreute sich an dem Anblick und verhöhnte Getares.
"Sieh her, wie du deine Menschen unter Kontrolle hast", rief er seinem Bruder zu. "Sie haben
Angst!"
Doch Getares antwortete nicht. Zu sehr war er damit beschäftigt, Kraft zu sammeln, um Alatar die Macht über die Menschen zu nehmen.
Alatar lachte laut auf, als er sah, was Getares versuchte. Er nahm einen großen Felsen und
schleuderte ihn gegen seinen Bruder. Stark taumelte Getares und fiel zu Boden. Seine Flügel
waren geknickt und nicht mehr zu gebrauchen.
Nun sah Alatar seine Chance. Wenn er Getares endgültig beseitigen würde, könnte er über
alles und jeden herrschen. Er nahm den Felsen und formte daraus einen großen Speer mit
Widerhaken. Bevor Getares erahnte, was Alatar vorhatte, durchbohrte ihn die Spitze in der
Höhe, wo bei einem normalen Vogel das Herz zu erwarten war.
Getares schrie auf. Seine Rufe waren bis zu den Gestirnen zu hören bis auch seine letzte Kraft
auf Alatar übergegangen war. Der übrig gebliebene Bruder sog die Kraft in sich auf, wie ein
Durstiger kühles Wasser trank.
Eluive erschrak, als sie die Schreie Getares' hörte, waren sie doch so grell und noch nie zuvor
zu hören gewesen. Augenblicklich begab sie sich an den Ort, vom dem die Schreie ausgingen.
Alatar sah seine Mutter kommen und versuchte, sich hinter einem großen Berg zu verstecken.
Eluive weinte. Sie weinte lang und ausgiebig und verstand nun, warum Horteras sie einst
gewarnt hatte. Ihre Tränen sammelten sich um Getares und zogen ihn in die Tiefe. Gezeichnet von diesem Ereignis würde dieser Ort für lange Zeit kein schmackhafte Früchte bringen
oder Lebewesen beherbergen.
Eluive spürte etwas Seltsames. Sie hatte eine grausame Vorahnung, was passieren würde,
wenn Alatars Macht gewachsen wäre und zu was er fähig wäre. Sie zog sich zurück nach Nilzadan, dem Ort, dem selbst Alatar einen gewissen Respekt entgegenbrachte und ihn mied.
Auch die Menschen hörten Getares' Todesschreie und alle Streitereien waren für kurze Zeit
vergessen, denn die Schreie reinigten ihren Geist und es kehrte Frieden ein, der von der
Trauer um Getares' Tod überschattet war.
Die Menekaner
Im Süden Alathairs spielte sich eine ähnliche Szene wie im Norden ab.
In den schweren Zeiten waren die Anhänger Eluives eine Minderheit. Einer von ihnen mit
dem Namen Saajid begann damit, Gleichgesinnte um sich zu sammeln. Er zog von Dorf zu
Dorf und erzählte von einer Vision, die er hatte. Sie sprach davon, wie Eluive ein neues Land
für die Menschen bereithielt.
Einige Menschen glaubten ihm, andere verspotteten ihn und vertrieben ihn aus den Dörfern.
So hatte Saajid eine kleine Schar von fünfzig Männern und Frauen um sich gesammelt und
begab sich mit ihnen auf Wanderschaft. Er selbst wusste nicht, wohin die Reise gehen sollte,
doch hielt er seine Jünger in dem Glauben, dass Eluive selbst ihn führen würde. Sie wanderten sie einige Monate umher.
Als Alatar seinem Bruder Getares das Leben nahm, ergoss sich plötzlich ein gigantischer Regen; die Tränen Eluives. Saajid und seine Schar sahen den Niederschlag von Weitem und sie
waren die einzigen Zeugen dieses Ereignisses. Der Regen befeuchtete die Erde, welche sich in
den Himmel erhob. So entstanden die Salzberge von Cantar.
Saajid und seine Schar fielen auf die Knie, beteten zu Eluive und dankten ihr für das Zeichen.
Frischen Mutes gingen sie auf ihr neues Land zu. Der Regen dauerte ein halbes Götterjahr.
Die Wiesen und Felder wurden salzig und die Früchte, die sich hervorbrachten, ungenießbar.
In den ersten Monaten dieser Zeit waren die Bewohner von Menek'Ur (Neues Land) unglücklich darüber, denn mehr und mehr drohte ihnen eine Hungersnot. Und als der Regen nachließ, verdorrte das bis dahin grüne Land und wurde zu seiner steinigen Steppe.
Saajid erklärte, dass Eluive auch weiterhin für sie sorgen würde und dass es nur eine vorübergehende Zeit der Trockenheit wäre. Doch es kam anders. Die Menschen fühlten sich
immer unwohler mit der Zeit und ihr Führer Saajid war in die Höhlen der Berge verschwunden. Die Sonne brandmarkte ihre Haut. Der Wüstensand verbrannte ihre Füße. All diese Einflüsse veränderten die Menschen und über die Zeit hinweg lernten sie das Überleben in dieser Wüste von Menek'Ur. Wasser ›ernteten‹ sie aus Kakteen. Wüstenfrüchte und Tiere stellten die tägliche Nahrung dar.
Aber das genügte den Menschen nicht. Sie waren das Warten leid und beschimpften Saajid.
Sie wollten ihn umbringen. Saajids Söhne aber hielten die Menekaner zurück und erzählten
ihnen, dass ihr Vater das Geschenk Eluives gefunden hätte. Es war genau das, was das Leben
in diesem Land so unerträglich gemacht hatte. Das Salz.
Saajid hatte in den Bergen die Salzvorkommen gefunden. Es hatte nur etwas gedauert, bis er
verstanden hatte, wie das Salz einzusetzen war. Es dauerte ein halbes Götterjahr, aber endlich konnte Saajid seinem Volk erklären, wie man Salz abbaute und wozu man es gebrauchen
konnte.
Kapitel Fünf - Das Schicksal Alathairs
Alatar streunte in der Welt umher.
Überall schienen die Menschen wieder Frieden gefunden zu haben. Zwar gab es noch immer
hier und da Streitigkeiten, aber nichts, was man dem Anderen nicht verzeihen konnte. Alatars Werk schien durch den Tod Getares' zerstört worden zu sein. Wut stieg in dem Panther
auf und in seinem Zorn verfluchte er ganz Alathair.
Eluive hatte sich nach Nilzadan zurückgezogen, um zu trauern, wie der Peiniger Getares'
vermutete. Ihm war es nur Recht. So hatte er Zeit, größerer Pläne zu schmieden und dieses
Mal würden sie von niemandem durchkreuzt werden.
Alatar hatte Getares' Macht in sich aufgenommen und er begann zu spüren, wie mächtig er
werden könnte, wenn er genug Zeit hätte. Er tauchte in das Wasser Alathairs ein und sein
gegenstandsloser Körper versank ohne eine einzige Welle.
Unten, in den Tiefen des Meeres, wo es nicht mehr weit bis zum Mittelpunkt der Welt war,
bereitete Alatar seinen Plan vor.
Eluive weilte in Nilzadan, doch war sie keineswegs untätig. Sie spürte, dass Alatar sich von
diesem Ort fernhalten würde und damit war eines klar – wenn sie ein neues Kind in die Welt
setzen würde, wäre es an diesem Ort am sichersten.
So gebar sie ihr drittes Kind Temora (Befreier), eine Tochter. Temoras Gestalt glich einem
Menschen, wenngleich auch sie geschlechtslos war und nur ihre Züge weiblich anmuteten.
Nun war die Zeit gekommen. Im Geschlecht der Götter war es üblich, nur zwei Kinder zu
gebären. Eluive merkte, warum dies so war. Sie spürte, dass sie an Macht verloren hatte. Daher war es wichtig, dass Temora erst einmal ihre Macht entdeckte, bevor sie Alatar gegen-
überstehen würde.
Eluive suchte nach Alatar, denn je eher sie ihren Sohn finden würde, desto länger könnte sie
versuchen, ihn von Temora abzulenken und ihn wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Vielleicht war noch eine Tür in seinem Herzen nicht durch Neid und Hass verschlossen.
Eluive durchstreifte Wälder und Wiesen; Berge und Täler. Wo sie auch hinkam, hatten die
Menschen ihn entweder vergessen oder lange Zeit nicht mehr gesehen.
Die Göttin begann zu zweifeln. Hatte Alatar während ihrer Suche nun doch Nilzadan mit seiner bösartigen Anwesenheit entweiht und Temora womöglich schon getötet? Schnell eilte sie
zurück und fand ihre Tochter unversehrt vor. Gleißendes Licht trat aus Temoras Augen und
ruhig sprach sie zu Eluive.
"Er ist auf dem Meeresgrund, Mutter. Er bereitet das Ende vor."
Eluive glaubte ihr. Selten wurde von sogenannten Sehern gesprochen im Geschlecht der Götter. Aber es gab sie und Temora war eine von ihnen. Sie hatte die Gabe, Gedanken zu lesen
und in die Zukunft zu sehen.
Eilig suchte Eluive das Meer und tauchte tief in das Gewässer, bis sie Alatar entdeckte, der
mit seinen Tatzenhänden auf den Meeresgrund einschlug und sich ein gewaltiger Riss zwischen ihnen auftat.
Eluive tauchte um Alatar herum und in den Spalt hinein, bis dieser den Mittelpunkt Alathairs
erreicht hatte und die Welt zu zerreißen drohte. In diesem Moment gab Eluive ihren Körper
auf und hielt mit all ihrer Energie ihre Schöpfung zusammen. Ein gewaltiges Beben folgte
und der Riss wurde von Erde und Schlamm zugeschüttet. Eluives Körper wurde in seiner
Mitte begraben.
Alatar verfluchte seine Mutter und auch Horteras verfluchte er, als sein Plan vereitelt wurde.
Als er das Festland wieder erreichte, rief er sein Klagen zu den Gestirnen hinauf.
Kapitel Sechs - Die Seherin
Auch Temora fühlte das Erdbeben.
Sie wurde von tiefster Trauer und Wut ergriffen, als sie den Verlust ihrer Mutter verspürte.
Eluive war zwar nicht tot, doch konnte sie den Mittelpunkt Alathairs nicht verlassen, ohne
dass dies den Untergang der Welt bedeuten würde.
Es war die erste Erfahrung, die Temora in ihrem jungen Dasein erleben musste. Sie schwor
sich, dass sie alles tun würde, um den Willen ihrer Mutter zu erfüllen. Aber die Seherin war
schwach und ihre Fähigkeiten würden noch nicht für einen Kampf gegen Alatar ausreichen,
der irgendwo auf Alathair wütete.
Nilzadan war zwar ein sicherer Ort, aber würde er so lange sicher bleiben, bis Temora gelernt
hatte, ihre Kräfte einzusetzen? Hatte Alatar eventuell schon geahnt, dass sie hier war? Ihre
Macht konnte es ihr nicht sagen. Sie wusste es nicht. Sie würde Hilfe brauchen, denn alleine
würde sie gegen ihren Bruder nicht bestehen können.
Da kam ihr ein rettender Gedanke.
Temora hatte ein anderes Götterwesen in der Sphäre Alathairs gespürt. Horteras. Bittend
versuchte sie, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
"Horteras, ich bitte dich. Hilf mir! Diese Welt braucht deinen Schutz und deine Macht!"
e du, Temora, bin auch ich ein Seher", antwortete Horteras sodann. "Ich warnte deine
Mutter vor der Erschaffung dieser Welt. Ich prophezeite ihr, was kommen würde und was sie
opfern müsste. Doch ihre eigene Musik betörte sie so sehr, dass ich sie nicht überzeugen
konnte. Nun sieh sie dir an! Gefangen in ihrer eigenen Schöpfung! Verbannt, das Erdenreich
von unten zu sehen!"
"Was siehst du, wenn du in die Zukunft siehst?", fragte Temora erstaunt. "Welche Hoffnung
hat Alathair?"
Horteras schwieg. Er wusste, was gesehen würde, wenn er nichts tat. Für seine Enthaltung
war es schon zu spät, war es doch, der das Festland geteilt hatte, um den Angurer Sicherheit
zu verschaffen. Horteras haderte mich sich selbst. Die Entscheidung fiel ihm sehr schwer.
"Entsende sie!", flehte Temora ihn an. "Schicke Phanodain und Cirmias!" Sie hatte schon
längst gesehen, um welche Entscheidung Horteras' Gedanken kreisten.
Und so entsandte Horteras seine beiden Söhne Phanodain und Cirmias. Phanodains Gestalt
glich einem Fuchs und sein Verstand war weise, sein Handeln klug. Cirmias dagegen ähnelte
einem Bären, der aber menschliche Hände hatte, die geschickt und stark waren.
So gelangten die Söhne Horteras' zu Temora, um sich mit ihr zu beraten. Die Tochter Eluives
schilderte die Lage Alathairs. Ein Pakt des Lichts war geschlossen.
Kapitel Sieben - Der Pakt des Lichtes
Cirmias hatte den Auftrag, Nilzadan zu versiegeln. Alatar sollte diese Stätte nicht entweihen
können. Doch Cirmias hatte nicht vor, Nilzadan sich selbst zu überlassen. Er erschuf deshalb
Wesen, welche den Berg bewachen sollten. Klein waren sie, damit sie sich durch die Tunnel
des Berges schlagen konnten. Stark und geschickt waren sie, damit sie sich den Berg als Lebensraum zu eigen machen konnten. Cirmias erschuf zehn Dutzend dieser Wesen und nannte sie Khaz-Aduir (Wächter des Berges; Zwerge).
Dann versiegelte er den Berg und suchte die Städte der Menschen auf, um ihnen das Verständnis der Handwerkskunst zu geben. Auch die Nachfolger Angurs und die Bewohner des
Wüstenreiches segnete er mit dem Wissen des Handwerks. Die Menschen schrieben alles
nieder, wie die großen Bibliotheken heute noch bezeugen können.
Phanodain erschuf Geschöpfe, die den Menschen ähnlich waren. Sie hatten zwar nicht deren
Stärke, doch ihre Gewandtheit ist nach wie vor unübertroffen. Phanodain erschuf sie im Einklang mit der Melodie der Gestirne und vererbte den Geschöpfen seine Weisheit. Er war zufrieden mit seinem Werk und gab ihnen die Aufgabe, das Gleichgewicht der Magie Alathairs
zu wahren. Er nannte seine Geschöpfe die Edhil (Bewahrer des Wissens; Elfen) und hauchte
ihnen den Gesang des ewigen Lebens ein. Kein Edhil sollte sterben, bevor er selbst dazu bereit war, zu einem Teil der Melodie zu werden, aus der er erschaffen wurde; so er nicht gewaltsam dem Klang der Weltenmusik entrissen wurde.
Dann begab auch Phanodain sich nach vollendetem Werk – ebenso wie Cirmias – zu den
Völkern der Menschen, um ihnen ein wenig Wissen mit auf den Weg geben zu können.
Alatar war auf das Treiben der Söhne Horteras' aufmerksam geworden. Er hatte die Erschaffung der Edhil ungesehen beobachten können. Da kam ihm ein neuer Gedanke. Doch sein
Plan musste erst reifen.
Er wartete bis sieben der von Phanodain geschaffenen Wesen alleine waren. In der Form
eines Panthers suchte Alatar sie auf. Die Edhil waren ohne Kleidung und erkundeten die Umgebung. Alatar folgte ihnen auf leisen Pfoten, überholte sie dann geschwind und stolzierte
vor ihnen her.
Die Edhil erfreuten sich über den Anblick des Panthers, dessen Fell so herrlich in allen Farben schimmerte; irgendwie aber immer dunkel und mysteriös erschien. Sie folgten ihm eine
Weile und ignorierten die harmonischen Klänge der Gestirne, die sie warnen wollten.
Tief in den Wald führte Alatar die Gruppe bis zu einer Lichtung. Dort verschwand er auf
einmal spurlos und ließ die Edhil allein. Nur sein Flüstern konnten die Sieben hören, doch
verstanden sie es nicht. Wie konnte man diese Sprache sprechen? Wer war dieser rätselhafte
Panther? All diese Fragen hätte die Melodie der Gestirne beantworten können, doch die Edhil standen noch immer unter dem Bann Alatars und blieben taub.
Ihr Drang nach Wissen war so stark ihn ihnen, dass sie sich mit ihrer eigenen Neugier fesselten.
"Panther, lehre uns deine Sprache!", rief einer der Gruppe.
Es kam keine Antwort und wieder rief der Edhil: "Lehre uns deine Sprache, Panther!"
Die Sieben sahen sich im Wald um. Die Ruhe war ungewöhnlich. Alle Tiere hatten den Wald
verlassen, als sie die Anwesenheit des Panthers spürten. Nur die Bäume sprachen in tiefen
knarrenden Geräuschen miteinander.
"Panther, bitte erhöre uns! Lehre uns deine Sprache!" Bald wurde aus dem Rufen ein Flehen.
Nun kam Alatar auf die Lichtung zurück. Er hob den Kopf und antwortete ihnen: "Lernt
meine Sprache und tut, was ich euch gebiete!"
Zuerst waren die Edhil skeptisch und berieten sich untereinander.
"Lehre uns deine Weisheiten, Panther", kam schließlich die Antwort, "und wir geloben, dir
zu dienen."
Die Bäume um die Lichtung herum beklagten sich mit langem und lautem Knarren. Ein
Wind fegte über den Wald hinweg. Plötzlich froren die sieben Edhil am ganzen Leib. Sie beschlossen, ein Feuer zu machen.
Alatar freute sich daran, denn die Geschöpfe waren ein großes Geschenk für seine Sache. So
lehrte er sie eine neue Sprache, die sie für die Harmonien der Gestirne taub machte. Immer
wieder hörten sie nur die Stimme Alatars, deren giftige Melodie ihre Herzen und ihren Verstand verkümmern ließ. Schließlich waren die Sieben blind für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit. Sie beteten Alatar an, ihnen eine Aufgabe zu geben. Doch der Panther versteckte sie
im Wald und versprach, dass ihre Zeit kommen würde.
So kehrte auf Alathair ein wenig Ruhe ein. Die Menschen wandten sich an die Weisen, wenn
sie Probleme hatten. Selbst bei Rechtsprechungen war das Wort eines Edhil immer sehr geschätzt. Es war eine Zeit, in der die Welt aufblühte. Und so wurden auch die sieben vermissten Verführten nach einiger Zeit vergessen.
Kapitel Acht - Die Magier von Tirell
Ruhe war eingekehrt.
Oberflächlich betrachtet erweckte es tatsächlich diesen Anschein. Die Menschen entwickelten
sich. Sie schrieben Erfahrungen auf, bereisten die Welt, errichteten prachtvolle Bauten und
sammelten Wissen.
Es entstanden zwei Gemeinschaften, die sich der Magie widmeten. Die einen bevorzugten,
das Wissen zu sammeln und dieses nur an ausgewählte und verantwortungsvolle Menschen
weiterzugeben. Diese wurden die Magier von Tirell genannt. Die anderen waren nur daran
interessiert, wie sie den größten Nutzen aus der Magie schaffen könnten. Es stellte sich heraus, dass Drohungen mit Magie in der Hinsicht durchaus wirkungsvoll waren. Die Zauberkundigen dahinter gaben sich selbst den Namen Arkorither.
Beide Gemeinschaften wussten von der Gewalt, die in der Magie steckte, doch der Orden der
Arkorither gierte geradezu nach der Macht, die sich ihnen offenbarte. Kein Experiment ließen sie aus, um die Effektivität ihrer Zauber zu erhöhen. So verschwanden hier und da vereinzelt Nutztiere von Bauern – oder gar selten kleine Kinder. Schnell wuchs der Respekt, den
die Menschen den Arkorither zollten. Sie fürchteten sich gar vor ihnen und wollten nichts mit
dem Orden zu tun haben.
Korow, der Anführer der Arkorither und einer der bösartigsten Menschen seiner Zeit, erkannte diese Angst. Doch auch ihm war es nicht bewusst, dass er eigentlich unter der Gnade
Alatars stand, die ihn so mächtig werden ließ.
"Lasst uns die Bauern unterjochen!", sprach Korow zu seinen Arkorithern. "Wer uns nicht
dienen will, wird sterben oder kampfunfähig gemacht! Bei Morgengrauen brechen wir auf."
Die Arkorither hatten eine grausame Tradition. Sie schnitten sich am Abend vor einem
Kampf in die Hand und bestrichen ihre Waffen mit ihrem eigenen Blut. Oft hatten sie damit
schon vor der Schlacht eine ungeheure Angst bei ihren Gegnern ausgelöst. Die Schnittwunden heilten sie mittels ihrer Magie, wenn sie schliefen.
Der Klang von aufeinandertreffendem Stahl und Entladungen von Energie, die durch die Luft
zuckten, waren an diesem Tag die Morgenmelodie für das Dorf Tonia. Viele unterwarfen sich
der erschreckenden Gewalt der Arkorither. Wer zu fliehen versuchte, musste mit seinem Blut
oder gar seinem Leben bezahlen.
Die schreckliche Nachricht um das Dorf verbreitete sich schnell. Die Botschaft schürte Angst,
die sich Korow zunutze machen wollte. Ein ängstlicher Hund bellt. Hunde, die bellen, beißen
nicht. So wollte er wieder zuschlagen, um sich das nächste Dorf zu eigen zu machen – je
schneller, desto besser.
Aber die Menschen in den umliegenden Dörfern reagierten. Die Schwerter, Speere und
Schilder, die ihre Behausungen beschützen sollten, mehrten sich. Außerdem entsandte man
Boten zum Orden von Tirell. Wenn sie die Arkorither stoppen wollten, dann würden sie das
nur gemeinsam schaffen. Man erwartete den nächsten Angriff am nächsten Morgen.
Als es Mitternacht schlug, fand ein Pferd seinen Weg in Tonias Nachbardorf Varuna. Das
Ross zog einen verkohlten Sattel hinter sich her, an dem der Unterleib eines Spähers zu erkennen war. Es wurde Alarm geschlagen und ein weiterer Reiter nach Tirell entsandt.
"Lasst sie nur kommen!" Die Bewohner Varunas bereiteten sich auf den Kampf vor. "Wir
werden unsere Vettern aus Tonia rächen!"
So versuchten sich die Menschen aus Varuna Mut zuzusprechen. Sie stellten Schützen auf,
schickten Frauen und Kinder auf den Weg zum Fischerdorf Bajard im Süden.
Die Arkorither bewegten sich wie ein Schatten in der Nacht. Die Bogenschützen von Varuna
fanden zuerst kein Ziel, doch endlich waren auch die Magier aus Tirell eingetroffen. Ein Feuerball am Himmel erhellte die Nacht. Das flackernde Licht enttarnte die anrückenden Arkorither und sie wurden mit Pfeilen beschossen. Und schon fielen die ersten beiden der schwarz
gekleideten Zauberkundigen.
Gleichzeitig jagte ein gewaltiger Energieball einen der Schützenstände hoch. Durch die Explosion fing das geschichtete Stroh Feuer. Für den Schützen, den die Salve frontal erwischt
hatte, war jede Hilfe zu spät.
Wild rufend stürzten sich die Krieger Varunas auf die Arkorither, während die Schützen eine
zweite und letzte Salve auf die Schwarzmagier feuerten. Die Magier von Tirell unterstützten
die Krieger. Die Schlacht war nun in vollem Gange. Bis zum Morgengrauen kämpften sie gegeneinander. Das Feld füllte sich mit den Körpern der gefallenen Arkorither und ihren Widersachern, bis die Männer aus Varuna die überhand gewannen.
Cherom, ein stämmiger Mann, der die Krieger Varunas in den Kampf geführt hatte, versenkte schließlich sein Schwert in die Schulter von Korow. Dieser schrie auf und konzentrierte
seine letzte Kraft auf den Varunesen. Die Energie umschlang den Krieger und ließ seine Haut
in weißen Flammen aufglühen.
Als die anderen Arkorither erkannten, dass ihr mächtiger Führer zu Boden sank, überkam sie
die Furcht. Die meisten der Kriegsmagier flüchteten in ihrer Angst. Diejenigen, die stur weiterkämpften, wurden von den Kämpfern Varunas geschlagen.
Nachdem die Arkorither überwältigt waren, traten die Soldaten Varunas und die Magier aus
Tirell zum Gegenangriff an. Als sie bei der Festung des Ordens ankamen, hatten sich die Arkorither dort verschanzt. Die Tirellmagier schickten Flammen bis in die höchsten Zinnen der
Burg, sodass sie nach und nach in sich zusammenfiel.
Sie fanden vier leblose Körper der Kriegsmagier. Es gingen Gerüchte umher, dass einer entkommen wäre. Dennoch war die Bedrohung beseitigt. Der Orden der Arkorither wurde nie
wieder errichtet und der Überlebende existierte nur in einem Mythos weiter.
em Kampf nannten die Magier von Tirell den Sitz ihres eigenen Ordens Halle der
Macht. Sie legten strengen Wert darauf, nur Auserwählte zu einem Magier auszubilden. Mit
dem Sieg über die Arkorither blieb den Menschen das Echo einer einzigen Frage: Würde die
Zeit der Kriege niemals aufhören?
Kapitel Neun - Die Sieben. Der Eine. Und das Bündnis.
Alatar saß stolz auf einem Bergkamm.
Er sah auf die Sieben herab, die sich in ihrer neu erlernten Sprache unterhielten. Sein Werk
war vollendet. Die Letharen (Vergifter) waren geschaffen. Ihr verkümmertes Herz war bereit
für den Auftrag, den Alatar für sie hatte.
"Wo bist du, schwarzer Panther?", riefen sie nach Alatar. "Wo bist du, Gebieter der Sieben?"
"Ich bin hier", erschallte die Antwort.
"Gib uns eine Aufgabe, schwarzer Panther! Wir wollen dienen!"
"Ihr müsst euch vermehren", sprach Alatar.
"Wie sollen wir das machen? Wir sind alle Männer!"
"Geht und sucht Menschenfrauen, die euch gefallen. Schleppt sie hier her. Sie sollen eure
Kinder gebären. Verführt sie, aber nutzt nicht die Sprache, die ich euch lehrte!"
Sie verließen die Letharen die Lichtung und entführten sieben Frauen der Menschen,
schwängerten sie uns sicherten damit den Fortbestand ihres Volkes.
Die Zeit kam, in der sich einer der Vergifter, Rhad'il, krank fühlte. Er verstand die Sprache
der Letharen nur noch stückweise und konnte sie selbst nicht mehr richtig sprechen.
Phanodain, der Herr der Edhil, suchte nach den vermissten Sieben. Es war Rhad'il, dessen
Geist er zuerst gefunden hatte. Phanodain gab ihm erneut die Möglichkeit, Eluives Lied zu
hören, sodass er sich besinnen konnte und wieder ein Edhil wurde. Aber Alatar hatte stets ein
Auge auf die Sieben und es entging ihm nicht, was Phanodain vorhatte.
"Rhad'il", sprach der Panther, "höre nicht auf ihn. Er vergiftet deinen Verstand mit Musik.
Merkst du nicht, wie er versucht, dein Hirn zu erweichen?"
Rhad'il nickte Alatar zu. Der Angstschweiß stand auf seiner Stirn, denn Eluives Lied war bis
zu seinem Herzen durchgedrungen und hatte ihm gezeigt, dass er dem falschen Weg folgte.
Der schwarze Panther schlich um ihn herum und starrte ihn Furcht einflößend an, bis er
plötzlich abdrehte und in der Dunkelheit verschwand.
Die anderen sechs Letharen redeten zwar mit Rhad'il, doch dieser verstand kein einziges
Wort mehr. Sein Herz weitete sich und Phanodains Lebenshauch kam zurück zu ihm. Rhad'il
aber sagte nichts aus Furcht, wie die anderen darauf reagieren würden.
An einem anderen Ort plagte sich der letzte Arkorither durch den Dschungel.
Er kämpfte sich vorwärts und fürchtete, nach wie vor verfolgt zu werden. Die Angst trieb ihn
und er stolperte.
"Alatar, hilf mir!", rief er in den Himmel. "Nimm mich zu dir! Ich will dir dienen, wenn du
mein Leben rettest!"
Und Alatar hörte auch diesen Ruf. Er ließ eine Feuerbrunst um den letzten Arkorither entstehen und schmetterte ein Loch in den Boden, das so tief in die Erde ragte, wie der Berg Nilzadan in den Himmel schoss. An der tiefsten Stelle der Erde offenbarte sich Alatar dem letzten Kriegsmagier.
s gibst du mir, damit ich dich verschone?"
"Ich bin einer der Arkorither", ertönte die Antwort. "Ich fürchte, ich bin der Einzige, der
entkommen ist. Ich biete dir meine Dienste an! Ich erfülle dir einen Gefallen!"
Alatar lachte und die Erde bebte stark. Lava stieg aus dem Boden langsam an. "Einen Gefallen? Das klingt interessant, doch reicht es mir nicht. Gib mir dein Leben und ich werde dir
einen Schüler schenken, dem du deine Weisheiten lehren kannst."
Der Arkorither zögerte. Zwar war er kein guter Mensch, aber Alatar sein Leben zu übergeben,
war ihm auch nicht geheuer. Andererseits hätte Alatar ihn einfach zerquetschen können oder
in der ansteigenden Lava verbrennen lassen. Als die heiße zähe Flüssigkeit fast die Füße des
Arkorithers erreicht hatten, fällt dieser seine Entscheidung.
"Ich willige ein! Mein Leben gehört von nun an dir! Ich will tun, was du gebietest, wenn du
mich rettest."
Alatar schnappte mit seinem Maul nach dem Arkorither und sprang mit ihm zusammen aus
dem Erdloch heraus. Er brachte den Magier zu seinen Letharen.
"Sucht einen Menschenjungen", wies er sie an, "nehmt ihm das Bewusstsein und bringt ihn
hierher."
Die Letharen folgten ihrer Weisung sofort. Sie brachten ihm einen Jungen, der Gabriel genannt wurde. Als Alatar mit dem Menschen in der vergifteten Sprache redete, wurde der
Geist des Jungen ausgelöscht. Alatar drehte sich zu Rhad'il um.
"Du, komm her!"
Rhad'il stockte. Hatte Alatar sein Geheimnis herausgefunden? Mit einem Hieb von Alatars
rechter Pranke fiel er neben Gabriel auf den Boden.
"Haltet ihn fest!", befahl der Panther die anderen Letharen. Er legte dann eine Tatze auf den
Mund Gabriels, die andere auf den Mund Rhad'ils, der sich vergebens wehrte.
"Du hast versagt, Rhad'il", sprach der Panther.
Das Leuchten verschwand aus den Augen des ehemaligen Letharen und der Lebenshauch
Phanodains ging auf den jungen Gabriel über. Der letzte Arkorither, der die Zeremonie beobachtete, musste sich übergeben, denn Rhad'ils Körper glich plötzlich einer vertrockneten
Weintraube, als Alatar seine Tatzen von den beiden Männern nahm.
"Dies soll dein Schüler sein", sprach der Panther und verließ mit diesen Worten das Geschehen.
Die Letharen betrachteten den Arkorither genauer und redeten über ihn in ihrer vergifteten
Sprache. Je länger sie sich unterhielten, desto aggressiver wurde der Arkorither. Plötzlich
griff er die Gruppe an. Blaues Feuer hüllte ihn ein und die Letharen wichen von ihm zurück.
"Hört auf zu sprechen!", schrie der Arkorither und der Feuerball in seinen Händen wuchs zu
einer beachtlichen Größe heran.
Gelächter erschallte und wie aus dem Nichts stand der Panther wieder zwischen ihnen.
"Sehr gut. Sehr gut." Er wandte sich an die Letharen. "Sprecht mit den Menschen nur in
dieser Sprache, wenn ihr sie vergiften wollt. Achtet aber darauf, mit wem ihr sprecht ... Nun
Arkorither. Deine Macht kann mir von Nützen sein. Du wirst zuerst den Jüngling unterrichten und dann deine sechs Peiniger."
Mit einem Nicken beugte sich der Arkorither und bot den Letharen seine Dienste an. Diese
waren von seiner Macht ergriffen und willigten ein. Von da an verhielten sie sich dem Arkorither gegenüber unterwürfig, da sie die Macht der Magie erlernen wollten. Der Pakt war geschlossen, aus dem die Bruderschaft der Klaue erwuchs.
Kapitel Zehn - Die Flut
Jahre später.
Wie an jedem Morgen ging die Sonne auf. Ihr seltsames Rot ergoss sich über die Landschaften Alathairs. Nichts davon erschien außergewöhnlich, bis dieser rote Farbton über den Tag
hinweg an einer bestimmten Stelle verweilte. Die farbigen Strahlen kamen aber nicht mehr
aus dem Himmel, sondern von unten aus dem Erdenreich.
Dieser Ort, an dem der Arkorither einst den Pakt mit Alatar einging, war nie erloschen. Die
Lava waberte umher und nur zwei schmale Wege, die sich kreuzten, führten durch das heiße
Gestein.
Im Zentrum stand der Arkorither. Um ihn herum versammelten sich die Letharen. Außerdem war der Mann anwesend, den man einst Gabriel genannt hatte. Er stand abseits der Zeremonie und beobachtete das Wirken der anderen. Die Letharen hatten ihre Hände erhoben
und man konnte meinen, dass diese grün leuchten würden. Ihre Handinnenflächen deuteten
in Richtung des Arkorithers. Um sie herum schlich der Panther.
Jeder von ihnen murmelte die gleichen Worte. Worte, die Alatar sie gelehrt hatte. Sie wiederholten das Ritual Tag für Tag und Nacht für Nacht. Schließlich ritzte sich der Arkorither
einen Schnitt in seine Hand und ließ das Blut in alle vier Lavabecken tropfen. Es zischte und
sofort verdampfte das Blut, als es in Berührung mit der zähflüssigen Masse kam.
Es stieg ein Qualm auf, der die Umrisse einer hässlichen Fratze illustrierte. Die Silhouette
stürzte sich plötzlich auf den Arkorither und nahm in völlig ein, bis der Kampfmagier leblos
zu Boden sank. Immer wieder zog der Rauch durch den Körper und es schien so, als würde
die Fratze sich daran satt fressen.
Die Letharen verstummten und schauten verunsichert zu. Sie wussten nicht, was genau sie
beschworen hatten. Gabriel blickte seinen nunmehr toten Lehrer mit gefühlskalten Augen an.
Der Körper des Arkorithers zuckte noch zweimal auf und erneut wurde er von dem Qualm
durchdrungen. Die Fratze verschwand dann im Erdenreich.
Plötzlich blutete der tote Arkorither aus jeder Pore. Ein Krachen begleitete diese Erscheinung
und die Knochen traten aus der Haut hervor, bis sie brachen und wieder zu Boden sanken.
Aus der Masse des Toten erhob sich die Fratze und bedeckte sich mit einem Blutfilm. Größer,
als je zuvor, baute sie sich über den Letharen auf und schaute auf sie herab. Das Blut tropfte
in die Lavabecken und mit jedem Kontakt stieg neuer Qualm auf, der die Fratze nur noch
größer und mächtiger werden ließ.
"Kra'thor (Tod)", sprach Alatar, der sich vor das Wesen stellte. "Dies soll dein Name sein,
Dämon!"
Die Fratze nickte mit einem boshaften Grinsen in den Gesichtszügen, blieb jedoch stumm.
"Geh hin zu den Menschen", sagte der Panther, "saug ihnen ihre Kraft aus. Friss dich satt an
ihnen und komm zu mir zurück, sodass ich dir neue Befehle erteilen kann!"
Kra’thor zögerte nicht und machte sich auf den Weg.
Alatar wandte sich den Letharen zu, die über die Jahre hinweg immer zahlreicher wurden.
"Für euch habe ich eine andere Aufgabe. Zerstört, was Eluive liebt. Bäume, Felder; Menschen und Tiere. Tötet alles, was euch begegnet." Er deutete auf den Wald, der ihren Ritualort umschloss. "Fangt hier an!"
Die Schar der Letharen rief zur Schlacht. Sie rüsteten sich mit Fackeln, die sie an der Lava
entzündeten. Dann trugen sie das dunkle Feuer in die Schöpfung Eluives.
Zu dieser Zeit spürten die Edhil, dass etwas Grausames nach neuer Nahrung suchte. Eluives
Lied sprach davon, dass es der Tod selbst warm der auferweckt wurde, um die Sterblichen
schon vor ihrer Zeit zu sich zu holen.
Die Edhil berieten sich und die Entscheidung war schnell gefällt. Sie würden den Menschen
helfen. Zwar war ihre Aufgabe das Bewahren von Wissen, doch ohne die Menschen würde es
kaum noch jemanden geben, der dieses Wissen nutzen könnte.
So bereiteten sich die Edhil auf einen Kampf vor, den sie mit den Menschen zusammen bestreiten würden. Sie sandten Boten zu den Siedlungen und Städten aus und warnten die Geschöpfe Eluives.
Im Süden stieg Rauch auf und die Wälder brannten. Der Ruf des ältesten Edhil hallte über
die Berge hinweg und wenig später fanden sich einige Einhörner am Fuß der blauen Berge.
Auch die Tiere waren bereit, mit den Edhil in den Krieg zu ziehen.
Der Qualm, der aus den Wäldern aufstieg, ließ manche Edhil unruhig werden. Das Lied Eluives klang plötzlich ungewohnt und traurig. So trennte sich die Elfenschar und ein Teil von
ihnen ritt dem Feuer entgegen, in dem die Letharen schon auf sie warteten. Die Edhil stiegen
von ihren Einhörnern ab und ließen sie am Waldrand stehen. Dann betraten sie den Wald zu
Fuß ...
Kra'thor war zuerst nach Menek'Ur gegangen. Er durchstreifte die Insel der Toten und wurde
von den Menekanern nur als Schatten wahrgenommen, der sich über ihr Land zog. Doch als
sich plötzlich die Toten aus ihren Gräbern erhoben, erschraken die Wüstenbewohner und
flohen in ihre Stadt. Auch der Palast wurde evakuiert und die Stadt als letzte Bastion gegen
die Toten verteidigt.
Auf Fuachtero, der kalten Insel des Norden, streifte Kra'thor den Berg, wo die drei Begründer
der Angurer und weitere Angehörige des Volkes bestattet wurden. Auch sie standen in ihrer
Verwesung wieder auf und suchten die Lebenden heim.
Die größte Auferweckung der Verstorbenen fand jedoch in den Städten Varuna und Rahal
statt. Hunderte stiegen aus den Gräbern auf und sammelten sich vor den Stadttoren. Die Ansammlung von längst verstorbenen Freunden, Bekannten und Geliebten trieb den Menschen
die Tränen in die Augen. Ihre Moral war gebrochen. Niemand wagte es, einen Pfeil auf die
Toten zu schießen, kannten sie doch die meisten von ihnen.
Zuletzt bäumte sich Kra'thors große Fratze vor der Stadt Varuna auf und schickte seine leblosen Diener in Richtung der Stadtmauer. Nur eine kleine Schar der Toten verblieb an Ort und
Stelle. Sie trugen die Gewänder der Arkorither ... Und die Menschen aus Varuna erschraken. Sie waren doch tot ... teilweise verbrannt. Wie konnten sie nun ... Plötzlich pochte es an dem
Stadttor.
"Feuer!", rief der Kommandant der Garde und Pfeile rasselten auf die wandelnden Toten
herunter. Die Geschosse schlugen in die Körper ein oder flogen zwischen den Knochen der
Skelette hindurch.
Nichts passierte. Die Toten schlugen noch immer gegen das Stadttor, doch das Eisen blieb
standhaft und gab nicht nach.
Schließlich näherte sich Kra'thor selbst der Stadt und ließ das Tor wie ein Streichholz zerbarsten. Der Weg für die Toten war frei. Die leblosen Arkorither schickten ihre Blitze auf die
Stadtmauer los, deren Energie viele der Schützen von den Zinnen fegte. Der Kampf war nun
vollends entfacht und Kra'thor labte sich an den Schmerzen, welche die Menschen ertragen
mussten. Jeder Gefallene stand nach einigen Momenten einfach wieder auf und zog gegen
die Menschen in den Kampf, die eben noch ihre Gefährten waren.
Der Graf von Varuna, ein Nachfahre von Cherom, der den Arkoritherführer Korow bezwungen hatte, ließ die Fanfaren blasen. Er versuchte damit, die Moral seiner Leute zu stärken.
Insgeheim hoffte er aber auch, dass die Klänge einen Hilferuf bis zu den blauen Bergen tragen würden.
Verbittert kämpften Menschen auf der ganzen Welt gegen ihre Widersacher – ihre eigenen
toten Brüder, Schwestern und Freunde.
Der Teil der Edhil, der sich in die Wälder aufgemacht hatte, traf auf die Letharen, welche
Feuer zwischen den Bäumen legten. Sie waren zahlenmäßig ebenbürtig und standen sich in
zwei Reihen gegenüber. Hinter den Letharen wütete ein Wall aus Rauch und Flammen.
"Haltet ein, Fremde!", sprach der vorderste der Edhil. "Ich werde ..."
Der Sprecher verstummte. Ein Speer hatte ihn seitlich in Höhe des Brustkorbes durchbohrt.
Die anderen Elfen hoben ihre Schilder und Bögen, um den Letharen Einhalt zu gebieten.
Unerwartet und schnell rannten Kreaturen durch die Feuerwand. Ihre Körper waren unförmig und stämmig, der Teint ihrer Haut braun und sie erinnerten ein wenig an die Kreuzung
von Wildschweinen und Menschen. Mit lautem Gebrüll rannten sie zwischen den Bäumen
hindurch. Während die einen Kurs auf die Menschenstädte machten, von denen die Töne der
Fanfaren zu hören waren. Eine Gruppe der Ungeheuer ließ aber auch die Edhil nicht außer
Acht und stürzten sich auf sie wie wild gewordene Eber. Aber die Elfen setzten sich zur Wehr.
Kapitel Elf - Apokalypse
Die Orks rannten, ohne sich von irgendetwas aufhalten zu lassen.
Auf einen zerstörerischen Gedanken beschränkt, waren sie der sichere Untergang der Menschen. Das gerade erst errichtete Königreich stand kurz vor seinem Ende. Die Stadt Manor
war der erste Stein, über den die dunkle Brandung der Orks schwemmte. Nichts als Ruinen,
Asche und Blut hinterließ der scheinbar unendliche Strom aus konzentriertem Hass.
Mit Jubelschreien, die wie grunzende Schweine klangen, feierten die Orks die erste Stadt, die
sie in ihre ›Kontrolle‹ gebracht hatten. Doch plötzlich übertöne sie ein seltsames Geräusch.Ein gewaltiger Wind wehte um die Orks herum. Wie eine Windhose schloss er sie ein und
verdeckte für einen außenstehenden Beobachter die Sicht auf das Heer. Die Orks quiekten
laut und ängstlich. Was genau an diesem Ort geschah, ist bis heute nicht bekannt, aber die
Windhose zerstreute die Kreaturen in alle Teile des Landes. Sie fanden nie zu ihrer einstigen
Stärke zurück.
Die Edhil in den Wäldern hielten stand und konnten die anderen Orks in die Flucht schlagen.
Als die Ungeheuer besiegt waren, zogen sich auch die Letharen zurück, jedoch nicht, ohne
ihre Fackeln in die Bäume zu werfen.
Die Edhil sicherten den Wald. Sie schlugen brennende Äste ab. Magier beschworen einen
Eisregen, der die Flammen löschen sollte und Bogenschützen eilten zu den nächsten Seen,
um Löschwasser zu schöpfen. Sie bargen die gefallenen Elfen und warfen die Körper ihrer
Gegner in die heiße Glut, die im Wald zurückgeblieben war. Die Schöpfung Eluives war gerettet, auch wenn der Wald viel erleiden musste. Das größte Übel aber konnte abgewendet werden. Die Edhil schlugen ihr Lager im Wald auf, um ihn schützen zu können, sollten die Letharen jemals zurückkehren.
Varuna wurde in der Zwischenzeit noch immer von den Untoten gestürmt. Auch hatte sich
eine Schar in Richtung des Fischerdorfs Bajard im Süden aufgemacht. Die leblosen Arkorither sendeten Geister durch die Wände der Häuser. Es dauerte nicht lange und es gab in
Varuna und Rahal keinen Mann und keine Frau mehr, die am Leben waren. Die Toten
herrschten langsam aber sich über das Menschenreich auf der Insel Gerimor.
Die Edhil auf ihren Einhörnern trafen zu spät ein. Kra'thor schaute auf sie mit einer Macht
herab, die einer Gottheit ebenbürtig war. Er deutete mit einem Fingerzeig auf die Elfen und
wies damit einige Geister an, sich die Seelen der Edhil zu holen. Doch die Zauber der Geschöpfe Phanodains hielten die Untoten zurück.
Kra'thor wurde nervös. Er entsandte die wandelnden Toten der Schlacht zu den Edhil, doch
die Elfen blieben furchtlos und schlugen die Willenslosen zu Boden. Einer der Edhil ritt auf
die Fratze zu.
"Gib auf, Dämon", sprach der Elf. "Deine Macht hat hier ein Ende. Nimm die Leben mit dir,
die du den Menschen genommen hast, und begib dich zur Ruhe, auf dass man dich nie wieder wecken soll."
Die Worte verhallten auf dem Schlachtfeld. Die Toten wanken leicht hin und her, als wären
sie Marionetten, die an einem einzigen Faden hingen und von Kra'thors Willen gesteuert
wurden. Der Seelenfresser blieb stumm, bis sich ein gleißendes Licht zwischen ihm und den
Edhil auftat. Nun schrie Kra'thor auf. Seine Dämonenfratze verschwand im Boden und das
Blut, das seinen Körper umhüllte, blieb auf dem Gras liegen. Es versteinerte augenblicklich.
Das helle Licht formte sich zu einer Gestalt, während auch die Toten und Geister zu fliehen
versuchten. Die Edhil stiegen von ihren Einhörnern und verbeugten sich.
Es war Temora selbst, die dort stand.
Wie auch ihr, bin ich zu spät gekommen, um den Stadtbewohnern zu helfen", sprach sie mit
dröhnender Stimme. "In meinem Namen ... Sucht die Überlebenden und schützt sie mit Eurem..."
Auf einmal erschien der schwarze Panther. Er stürzte sich auf die Reihe der Elfen und
zerquetschte ein Drittel von ihnen. Als er mit der Pranke ausholte, hielt Temora dagegen. Für
einen offenen Kampf war sie nicht stark genug. Sie hatte einen Angriff von Alatar selbst nicht
vorhergesehen. Nun war es zu spät.
Der Kampf der Götter war gewaltig. Die Pranken des Panthers trafen auf die bloßen Hände
von Temora. Jedes Mal, wenn sie getroffen wurde, spien Blitze aus ihrer Haut, die sich in
Alatars Körper brannten. Dort, wo der Kampf sie hinführte, hinterließen die beide eine
Schneise der Verwüstung. Bäume knickten um, Felsen wurden verschoben und selbst das
Wasser wich beiseite.
Nicht lange kämpften sie und den beiden Gottheiten wurde mehr und mehr deutlich, dass
Alatar seiner Schwester überlegen war. Das gleißende Licht Temoras wurde schwächer und
schließlich lag die Göttin erschöpft am Boden. Alatar bäumte sich über ihr auf.
"Weißt du, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe?", fragte der Panther. "Ganz
Alathair wird sich meinem Willen beugen. Und Eluive, gefangen im steinernen Herzen dieser
Welt, wird nichts gegen den Untergang ihrer Schöpfung tun können." Er fing an zu lachen.
"Kannst du dir die Qualen vorstellen, die sie erleiden muss, wenn sie daran denkt, wem all
ihre Geschöpfe nun dienen werden?"
Gelmir Ancalime, einer der Edhil, fasste ein Herz. Er rannte los, um Temora zu Hilfe zu
kommen. Zwar konnte er selbst sicher nicht viel gegen den Hasseigner ausrichten, doch sein
Mut trug ihn immer schneller zu Temora. Gelmir Ancalime verdeckte sein Schwert, als er bei
ihnen ankam. Als Alatar auf ihn aufmerksam wurde, fegte er den Elf mit seiner Pranke weg,
als er in Reichweite war, und schleuderte ihn in die Reihe der übrigen Edhil, die dort gebannt
der Dinge harrten. Durch den gewaltigen Aufprall starb nicht Gelmir, auch einige andere
Elfen wurden in den Tod gerissen.
Sein Schwert konnte Gelmir aber noch in Richtung Temora schleudern, bevor er von Alatar
getroffen wurde. Die Göttin war aufmerksam genug, um die Waffe zu fangen. Es war zwar
nicht groß, verglichen mit der Hand Temoras. Aber es reichte aus, um Alatar mit einem Stich
arg zu verletzen.
Der Panther schrie auf. Sein Zorn erstarb in ohnmächtiger Schwäche, die der Schmerz in ihm
auslöste. Die Klinge des Schwertes glühte auf, als Temora sie aus der Wunde herauszog.
Alatar zog sich zurück. Er war zu stark verletzt, um weiterkämpfen zu können. Er war unendlich zornig über seine erneute Niederlage. Das Jaulen des Panthers ward noch bis tief in die
Nacht hinein gehört.
Gelmir Ancalime war tot. Er hatte zwei weitere Edhil mit sich gerissen, als er in der Elfenreihe aufgeschlagen war. Temora aber hatte dank der Hilfe des Elfen gesiegt. Das Schwert glühte noch immer und es würde noch so lange glühen, bis alles Klagen über diesen Krieg verstummt war.
"Kra'thor!", rief die Göttin.
Die Fratze kroch langsam aus dem Erdboden hervor. Ängstlich versuchte sie, an Temora vorbeizublicken und sie nicht direkt anzusehen. Das machte ihre Gesichtsausdrücke nur noch
hässlicher.
Seelenfresser", sprach Temora. "Der, der dich rief, ist besiegt. Von nun an wirst du tun, was
ich dir gebiete!"
Ein markerschütternder Schrei erfüllte das Schlachtfeld. Doch als Temora das Schwert hob,
erstarb der Ruf klanglos.
"Was gebietest du?", fragte der Seelenfresser mit geisterhafter Stimme.
"Von nun an bist du der Seelenhüter. Doch hole sie nicht vor ihrer Zeit. Solltest du dagegen
verstoßen, wird es keine Alternative zu deinem eigenen Tod geben. Entsage deinem Beschwörer und gelobe mir deine Treue. Oder gehe hinab zu Eluive und verbrenne in ewigem
Feuer."
Ein erneuter gequälter Schrei bestätigte Temoras Forderungen und die Fratze löste langsam
ihre Gestalt und nahm die Form eines großen Raben an. Der Vogel erhob sich in die Lüfte
und war seither nicht mehr gesehen.
Die Edhil brachten ihre Toten zur Ruhe und beweinten ihr Schicksal. Anschließend ritten sie
durch das Land und suchten die Menschen zusammen, die immer noch klagend umherirrten
und vor den lebenden Toten flüchteten. Die Elfen brachten sie zurück in die Städte, wo ein
gewisser Schutz gewährleistet war. Zwar wandelten die Toten noch immer umher, doch hatten sie kein Ziel mehr, auf das sie sich konzentrieren konnten.
Der Wiederaufbau begann und der Schrecken wurde in ein Denkmal gebannt, welches den
Bund zwischen den Elfen und den Menschen beschrieb.
Eluive verweilte noch immer im Herzen Alathair, damit die Welt nicht auseinanderbrechen
konnte. Sie segnete die Edhil, die ihre Wälder beschützt hatten und an ihrer Genesung halfen. Fortan erhörten die Bäume und Pflanzen der Wälder die Bitten dieser Edhil – ein Zusammenspiel, das die Elfen nicht mehr los ließ. Sie waren gebannt von dem Einklang, der
sich ihnen nun offenbarte.
Die Letharen aber verfluchte Eluive. Nie wieder würden die vergifteten Geschöpfe auch nur
einen Ton ihres Liedes hören dürfen. Die Göttin brandmarkte die Letharen mit der Farbe der
Nacht, auf dass man sie schnell erkennen und sich vor ihnen in acht nehmen würde.
Auch auf den Inseln Menek'Ur und Fuachtero waren die Verluste der Menekaner und Angurer groß. Die Toten hatten einen hohen Tribut gefordert, den es nun auszugleichen galt.
Die Jahre des Wiederaufbaus begannen. Generationen gingen und neue kamen. Und je stiller
die Jahre ins Land zogen, desto mehr geriet Alatar in Vergessenheit.
Hatte der Panther diese Welt verlassen? Oder hatte Temoras Bruder einfach aufgegeben und
beobachtete resigniert das Treiben seiner Orks und Letharen? Was wurde aus Gabriel, der
vom letzten Arkorither unterrichtet wurde? Was würde der nächste Streich der vergifteten
Letharen sein?
Die Zeit würde es zeigen ...
Die Schöpfungsgeschichte in der Fassung des Alatarischen Reiches
Neben der weitläufig bekannten Schöpfungsgeschichte gibt es eine weitere Interpretation der Geschehnisse. Diese wird vornehmlich in den Gebieten des Alatarischen Reiches erzählt und weiter getragen und in den örtlichen Tempeln gelehrt.
Die Erschaffung der Welt
Die Erschaffung der Welt Alathair durch die Göttin Eluive ist eine bekannte Geschichte, die im Laufe der Jahre vielfach niedergeschrieben und wiederholt wurde. Doch in jede Schrift, die entstand und von Generation zu Generation verbreitet wurde, mischten sich die Vorstellungen, Wünsche und Ängste derer, die die Wahrheit nicht akzeptieren wollten. Zuletzt wurde die Verbreitung der angeblichen Geschichte durch die Priester Temoras als Mittel zum Zweck missbraucht, um die Menschen blind an ihren Weg zu fesseln. Wie ein Märchen, das in seiner Ausgestaltung abschreckend und warnend formuliert ist, um dem naiven Kind für die Zukunft jede Suche nach der Wahrheit zu verderben. So wurde es in Angst vor dem was geschehen könnte an die Gunst einer womöglich wohlmeinenden Göttin, die als einziger Hoffnungsschimmer für das eigene Leben die letzte Rettung ist, gekettet.
Übereinstimmend berichten alle Geschichten von der Erschaffung der Welt durch Eluive, aus ihrer Melodie entstanden, Berge, Meere, Land und Weite, so wie die Pflanzen, die Tiere und schließlich den Mensch geformt wurde aus ihrer Hand. Auch wir sind überzeugt von dieser Schaffenskraft und dem guten Willen Eluives, ein Heim für ihre göttlichen Kinder Alatar und Getares zu schaffen. Zu diesem Zweck begab sie sich in den Berg, den wir heute Nilzadan nennen, der Götterberg, um ihren Erstgeborenen zur Welt zu bringen. Getares, von der Gestalt her gefiedert wie ein Vogel, einem in allen Farben leuchtenden Federkleid, doch mit menschlichem Gesicht. Ihm übertrug sie die Herrschaft über die von ihr geschaffenen Menschen. Während Getares sich ein Bild über seine neue Herrschaft machte, gebar Eluive im Götterberg ihr zweites Kind und nannte es Alatar, was übersetzt 'Freier Gedanke' bedeutet. Ihm übertrug sie die Obhut über die Tiere und Pflanzen ihrer geschaffenen Welt Alathair.
Der Preis der Freiheit
Alatar nahm sich seiner Aufgabe gewissenhaft an, beobachtete und studierte, was ihm zur Obhut übergeben worden war. Darüber hinaus widmete er sich der Erforschung seiner eigenen Kräfte, um diese zielgerichteter und fokussierter einsetzen zu können. So kam es, dass sich in Alatar das Ziel manifestierte, seine Fähigkeiten zu meistern und sie zu erweitern. Er übertrug diesen Willen auf seine Schützlinge, denn er wusste, dass Stillstand und Stagnation die Wesen verkümmern lassen würde. Ein Mangel an Aufgaben und Herausforderungen würde die Schöpfung Eluives alsbald in Belanglosigkeit, Tristesse und Monotonie verkommen lassen. Getares indes erfreute sich am immer gleichen Leben der Menschen, an den immer gleichen Wegen, an der immer gleichen Anbetung seiner Gestalt.
Alatar beobachtete die Menschen unter Getares Herrschaft und begann sein Werk an Tieren und Pflanzen. Den Tieren brachte er den freien, starken Willen. Gab ihnen Instinkt und die Leidenschaft zu überleben, mehr noch, das Leben weiter zu tragen und eigenständig zu neuen Blüten zu führen. So geschah es, dass heute selbst in den unwirtlichsten Regionen Alathairs Tiere und Pflanzen gedeihen. Instinktiv der Lehre Alatars folgend zu gedeihen, sich Herausforderungen zu stellen, sich anzupassen und sich zu verbessern. Sei es in den höchsten Höhen der Berge, wo kaum ein Baum je wachsen könnte und doch eine reiche Blütenpracht zwischen den Steinen zu finden ist, oder in den trockensten und heißesten Wüsten, in denen doch Skorpione und andere Tiere den Bedingungen trotzen, erblühen und überleben. Tiere und Pflanzen hatten dank ihres Schutzherrn den Instinkt in sich, dass zum Überleben jeder Kampf und jedes Mittel zu nutzen ist.
So kam es, dass alsbald die Tiere und Pflanzen eine Bedrohung für die Menschen wurden. Was über lange Zeit still und monoton nebeneinander her gelebt hatte, war nun ins Ungleichgewicht gekommen, da Alatars Lehre der von Getares voraus war. Pflanzen rankten sich um die einfachen Gebäude der Menschen, bisweilen rissen deren Wurzeln ganze Häuser im Laufe der Jahre aus ihren Fundamenten und brachten Mauern zum Einsturz, um sich neuen Raum für ihr Wachstum zu schaffen. Wölfe, Bären und andere Tiere forderten die Menschen heraus und die Menschen fürchteten sich, denn sie hatten dem wenig entgegen zu setzen.
In ihrer Angst und Verzweiflung, wandten sich die Menschen an Getares, doch er wünschte nichts an dem bestehenden Lauf der Dinge zu verändern. Alatar indes vernahm die Klagen der Menschen und wusste, dass auch sie in der Lage wären, ihre eigene Kraft zu erkennen und sich selbst in ihrem Leben ihren Platz zu schaffen. So suchte er, unbemerkt von Getares, den Menschen seine Lehren näher zu bringen. Die Menschen jedoch glaubten Getares hätte ihnen geholfen und dankten ihm in vielen Gebeten.
So wandte sich Alatar an Eluive wies auf Getares Unvermögen hin, die Menschen auf die richtigen Pfade zu leiten. Sie jedoch war eng verbunden mit ihrem erstgeborenen Sohn und forderte Alatar auf Tiere und Pflanzen auf das zu beschränken, was sie früher einmal gewesen waren. So ist es noch heute Tradition in den Landen, in denen Eluive und Temora verehrt werden, dass dem Erstgeborenen meist Recht zugesprochen wird, unabhängig von seiner Fähigkeit oder Eignung, ebenso wie seinem Wort zu folgen ist. Man sagt, dass das Recht des Erstgeborenen auf jene erste Entscheidung Eluives zurückzuführen ist.
In seinem Gram die Menschen in ihrer ungebrochenen Monotonie beobachten zu müssen, verdunkelte sich das farbenfrohe Fell von Alatars Panthergestalt von Tag zu Tag. Schließlich entschied er sich aus der Stadt Varuna die Jungfrauen der Menschen mit sich zu führen, auf dass sie eine neue, befähigte Generation von Menschen beginnen mochten. Diese jedoch waren vollständig von Getares strahlender Gestalt eingenommen, dass sie in ihrer Verblendung nichts anderes als dessen blindes Gefolge sein wollten. Trotz seiner Enttäuschung, gewährte Alatar ihnen jene Gunst und formte ihre Körper zu Gestalten, die Getares gleichkamen. Halb Vögel, halb Mensch verfielen die Kreaturen alsbald dem Hochmut und der Eitelkeit, ihrem verehrten Gott gleicher zu sein als alle anderen. So begannen sie die Siedlungen und Städte der Menschen anzugreifen und wollten sie unter ihre Macht zwingen, da sie als Gottähnliche über allen anderen stehen sollten. Jene Wesen sind bis heute bekannt als die Schicksalstränen Varunas.
Alatar wurde bewusst, dass er die Menschen, die seit Anbeginn der Zeit auf dem falschen Weg waren, langsamer und behutsamer auf die richtigen Pfade lenken musste. Zu tief saß der Irrweg der Untätigkeit, der Willenlosigkeit und der Monotonie in ihnen, zu tief saß die Versuchung von Hochmut und Eitelkeit. Es begab sich, dass Alatar die Siedlung Fetrali aufsuchte. Er erwählte eine junge Frau des Dorfes, die Schönste unter den ihren, um seine Saat zu tragen. Als die Menschen des Dorfes sahen, dass die junge Frau schwanger war, wurden sie misstrauisch, denn sie hatte keinen Mann. Als ihre Schwangerschaft länger dauerte als es normalerweise üblich war, lenkte Getares seine voller Aufmerksamkeit auf sie. Getares hatte schon lange seinen Blick auf jene Frau geworfen, denn er war ihrer Schönheit verfallen. Als jener erkannte, dass sie die Saat Alatars in sich trug, verzweifelte er. In seiner Verzweiflung wollte er nicht ertragen, dass er sie an seinen Bruder verloren hatte. So wartete er bis sie das Kind Alatars zur Welt brachte. Obgleich er als Gott die Macht gehabt hätte ihr Leben zu retten, ließ er sie sterben, denn er wollte sie lieber tot wissen, als mitansehen zu müssen wie sie seinem Bruder folgte. Ihren Leichnam trug er mit sich und zog sich in den Götterberg Nilzadan zurück. Dort haderte er mit seinem Schicksal, da er es nicht ertragen konnte, nicht von allen Menschen bedingungslos geliebt zu werden. Die Zukunft der Menschen vergaß er über seine eigene gekränkte Eitelkeit vollends. Erneut vergab ihm Eluive seine Zweifel und sein Zaudern.
Die Menschen des Dorfes jedoch hatte Getares zuvor beeinflusst und sie gewarnt vor dem Kind und der Saat, die es mit sich trug. So taten sich die Bürger des Dorfes zusammen und überließen das Kind dem Tode, sobald sie dessen habhaft wurden. Getares Abwesenheit blieb den Menschen jedoch nicht verborgen und mehr und mehr von ihnen wurde gewahr, dass er lediglich seinen eigenen Gelüsten und Motiven folgte. Viele wandten sich Alatar zu, der ihnen seine Lehre nahe brachte. Die Menschen gewannen an Stärke, an eigenem, freien Willen. Schon bald erhoben sich die Menschen, um sich aus der selbstsüchtigen Herrschaft Getares zu befreien.
Das, was heute der Bruderkrieg genannt wird, entbrannte zwischen den Menschen. Getares scharte jene um sich, die bereit waren ihm blind zu folgen, um den alten Zustand der Stagnation wiederherzustellen. Viele Menschen jedoch, die ihre Augen geöffnet hatten und nicht in ihre Ketten zurückkehren wollten, folgten Alatar. So geschah es, dass sich Alatar und Getares auf dem Schlachtfeld begegneten. Der Panther richtete seinen Zorn gegen Getares und tötete ihn im Zweikampf, ein Opfer, das er für die Freiheit der Menschen bringen musste, da es keinen anderen Ausweg mehr gab. Eluive eilte an den Ort des Geschehens und weinte bittere Tränen um ihren erstgeborenen Sohn, dessen Fehler sie nie hatte sehen wollen. Sie nahm ihren toten Sohn mit sich in den Götterberg und, wie Getares zuvor, kümmerte sie sich nicht um ihre Schöpfung oder deren Schicksal, da allein der Verlust des Erstgeborenen ihren Geist umnebelte. Derweil kehrte, ob der Abwesenheit von Eluive und Getares, auf der Welt Frieden ein. Der Krieg zwischen den Menschen endete unter der Führung Alatars.
Die Bewahrung des Lebens
Alatar indes spürte, dass seine Macht deutlich gestiegen war, nachdem er Getares Macht in sich aufgenommen hatte. Er ahnte, dass Eluives Verzweiflung über den Tod ihres Erstgeborenen sie zu unvorstellbaren Taten treiben würde. Er wusste, dass sie immer noch die Macht hatte, sich ihm entgegen zu stellen, ihre Schöpfung rückgängig zu machen oder die Menschen gar ganz vom Antlitz Alathair zu tilgen. So erweiterte er seine Lehre, denn um den Lauf der Dinge aufzuhalten würde er sich eines Hinterhalts bedienen müssen. Eluive fasste indes im Götterberg den Plan, sich für den Tod ihres Erstgeborenen zu rächen. Sie wusste, dass Götter lediglich zwei Kinder gebären konnten ohne an Macht zu verlieren. Dennoch erschuf sie aus sich Temora, deren einziger Zweck es sein sollte, Alatar, seine Lehren und alle Menschen, die jenen folgten, auszulöschen, um den alten Zustand wiederherzustellen. Obgleich Alatar wusste, dass Eluive die Menschen, Tiere und Pflanzen allesamt vernichten und neu erschaffen konnte, würde sie doch niemals die Schöpfung ihrer Welt gefährden. Er begab sich auf den Grund des Meeres, wo er mit seiner neuen Macht einen Riss erschuf, der vermeintlich drohte die Welt zu vernichten. Wie erwartet eilte Eluive herbei und tappte in die Falle, um ihre Welt zusammen zu halten. So gelang es Alatar schließlich sie im Riss der Welt gefangen zu halten, wo ihr Einfluss und ihre Macht begrenzt waren und sie keine Gelegenheit bekam, die Menschen, die ihre Freiheit erlangt hatten, zu vernichten.
Temora spürte die Verbannung ihrer Mutter und wusste, sie wäre nicht in der Lage, Alatar allein gegenüber zu treten. So wandte sie sich an Horteras, den Sternenvater, der neben Eluive einer der ersten Götter war. Sie forderte Gefolgschaft und Hilfe von ihm ein, um Alatar vernichten zu können. Horteras beugte sich und entsandte schließlich seine beiden Söhne Cirmias und Phanodain nach Alathair, die Temora zur Seite stehen sollten. Unter Temoras Befehl stehend, leisteten sie ihr Gefolgschaft und ordneten sich dem Ziel unter die Welt in den alten Zustand zurück zu führen.
Cirmias machte sich sogleich an die Arbeit und schuf das Volk der Kaluren, die seitdem auf seinen Befehl hin den Götterberg bewachen. Noch immer hatten viele Götter eine irrationale Furcht davor jenen, für sie so heiligen Berg zu verlieren. Phanodain hingegen schuf das Volk der Elfen, deren Lebensspanne erst dann enden sollte, wenn sie sich selbst dazu entscheiden oder durch Gewalt aus dem Leben gerissen wurden. Auch sie folgten seinen Weisungen, denn die Götter wussten, dass sie auch zu dritt gegen Alatar nicht standhalten würden.
Die Verbreitung der Erkenntnis
Alatar hatte die Schaffung der Elfen beobachtet und, obgleich er jederzeit die Macht besessen hätte, die Taten von Cirmias und Phanodain zu beenden, ließ er sie gewähren in der Hoffnung, dass sie einmal erkennen würden, dass ihre Schöpfung nach mehr verlangen würde als schlichter Monotonie. Und so wie es Alatar vorhersah, geschah es. Sieben der Elfen, der Geschöpfe Phanodains, wurden auf Alatar aufmerksam. Sie wünschten von ihm zu lernen. Doch Alatar antwortete ihnen zunächst nicht. Erst nachdem die Neugier und der Wille mehr zu lernen in den Elfen so heiß brannte wie Feuer, offenbarte er sich ihnen. Sie schworen seinen Lehren zu folgen, wenn er sie nur unterrichten würde und Alatar gewährte ihnen ihren Wunsch. Er führte die Sieben in ferne Abgeschiedenheit und unterrichtete sie in seiner Sprache und seinen Lehren, intensiver und länger als es zuvor bei jedem Menschen der Fall gewesen war. Sie waren wissbegierig und willensstark und mit der Zeit wurden aus ihnen die ersten Letharen, die Kinder des All-Einen. Unerbittlich, hart, kompromisslos und anpassungsfähig. Die erste Weisung Alatars an sie war sich zu vermehren. Und so taten sie es, indem die Sieben sich menschliche Frauen suchten. Einer unter ihnen jedoch zögerte. Er war unsicher, ängstlich und wurde so wieder empfänglich für die Einflüsterungen Phanodains. Dieser trachtete danach ihn wieder von den seinen zu entfernen und nahm ihm die Fähigkeit die neu erlernte Sprache Alatars zu sprechen.
Derweil trug sich ein Kampf zwischen den Magiern Alathairs zu. Eine Gruppe strebte danach das Wissen lediglich zu bewahren und zu sichern. Die andere, die man Arkorither nannte, strebte nach immer neuen Fähigkeiten, der Erweiterung ihrer Kräfte und der Vervollkommnung dieser. Bald schon fürchtete man die Arkorither und es kam zum Kampf, bei dem lediglich einer der Arkorither überlebte. Jener traf auf seiner Flucht auf Alatar selbst, der den Arkorither schon lange beobachtet hatte. Der Panther sah mit Wohlwollen, dass sich unter den Arkorithern instinktiv seine Lehre verbreitet hatte und das Streben nach Perfektion in ihrem Wesen verankert war. Er rettete das Leben des Arkorithers, der daraufhin Alatars Wegen folgte.
Alatar brachte den Arkorither zu den Letharen und wies diese an, einen Schüler für ihn zu finden, auf dass der Magier jenen in seinen Wegen unterrichten konnte. Während sich die Letharen jener Aufgabe annahmen, wurde dem Panthergott der Zauderer in ihren Reihen bewusst. So geschah es, dass Alatar den Verräter, der sich Phanodain in Furcht erneut unterworfen hatte, zu Boden schmetterte und dessen Energie auf den neu gefundenen Schüler übertrug. Lange Zeit unterwies der letzte Arkorither die Letharen in den Lehren der Magie und des Liedes, ebenso wie seinen gefunden Schüler.
Der Krieg um Alathair
Im Laufe der Zeit wurde Alatar sich bewusst, dass es nur einen Weg geben würde die neu gewonnene Freiheit der Menschen dauerhaft zu schützen und ihre freie Entfaltung zu gewährleisten. In einem Ritual unter der Leitung des letzten Arkorithers und der Letharen rief er die Kreatur, der er den Namen Kra‘thor gab. Ein Wesen, das sich im Schatten bewegt und dessen von Alatar gegebene Aufgabe es war, all jene heimzusuchen, die die Menschen versklaven und in Ketten legen wollten. Gleichzeitig erhielten die Letharen von ihm den Auftrag, den Krieg erneut aufzunehmen. Dieser Krieg sollte gegen die Anhänger der drei schwachen Götter gerichtet werden, um das Joch der Unterdrückung und Unfreiheit endgültig von Alathair zu beseitigen. All jene, die ihm folgten, wussten, dass Alatar mittlerweile die Macht dazu gehabt hätte, all jenes selbst umzusetzen. Doch wussten sie ebenso, dass sie für die Welt, in der sie leben wollten, selbst würden streiten müssen, da sonst aller Sieg wertlos wäre. Sie mussten sich die Freiheit, die sie wollten, selbst nehmen. Die Vorbereitungen zur letzten Schlacht waren getroffen.
Kra‘thor ließ nicht viel Zeit verstreichen und suchte die Menschen heim. Er ließ die Toten aus ihren Gräbern auferstehen, um an seiner Seite zu kämpfen, denn auch ihre Pflicht war noch nicht getan und ihr Einsatz würde die Leben vieler freier Menschen bewahren. Vor allem gegen Varuna brandeten die Wellen der toten Heere und auch ehemalige Magier der Arkorither, die während der Kämpfe unter den Magiern getötet wurden, standen nun an der Seite Kra‘thors. So dauerte es nicht lange bis Varuna befreit war und Kra‘thors Heere gesiegt hatten. Derweil stellten sich die Armeen der Menschen, die den falschen Göttern folgten, und die Streitmacht der Elfen dem gerechten Kampf in getreuer, blinder Gefolgschaft ihrer Götter.
Die Elfen stellten sich Kra‘thor selbst entgegen und wollten ihn vernichten, versagten jedoch gegenüber der Macht, die er bis zu diesem Zeitpunkt erlangt hatte. So wagte sich schließlich, in Anbetracht der Vernichtung ihrer Gefolgsleute, Temora selbst aus ihrem Versteck in letzter Verzweiflung. Ohne dass sie es hätte ahnen können, wurde sie sogleich von Alatar attackiert, der sie im Kampf leicht niederringen und zu Boden schmettern konnte.
In jenem Moment wurde sich Alatar gewahr, dass er sein Ziel allen Lebewesen die neue Freiheit zu schenken nicht dadurch erringen konnte, indem er Temora und ihr Gefolge mit einem Hieb seiner Pranke von der Welt tilgte. Seine Stärke war auf dem Höhepunkt seiner Macht, nachdem er die Kraft seines Bruders in sich aufgenommen hatte, Temora hingegen war die schwache Drittgeborene. Dennoch hob jene in jenem Augenblick seiner Erkenntnis trotz ihrer unterlegenen Position das winzige Schwert eines Elfen und verwundete ihn. Alatar bezwang seinen Zorn ob ihrer Anmaßung und verschonte sie und ihre Heere. Denn es war seine Lehre, dass die Menschen, die seinem Weg folgten, diesen Sieg durch eigene Anstrengung, eigenen Schweiß und eigenes Blut erringen mussten. Nur so wäre der Sieg etwas wert, nur so würden sie sich erinnern und nie wieder zurückfallen in den Status der Monotonie und Belanglosigkeit. Kra’thor wurde an jenem Tag, nach dem Abzug Alatars, von Temora unterworfen und gezwungen ihr zu dienen. Allerdings befreite er sich aus eigener Kraft von den Fesseln Temoras und offenbarte damit selbst die Stärke jener Lehren zur Selbstbestimmung von Alatar.
Die Tochter des All-Einen
Alatar nutzte seine Macht, die er im Kampf nicht genutzt hatte, klug und tat etwas, was Temora, Cirmias und Phanodain unmöglich ist: Er erschuf ein göttliches Kind. Ahamani, seine Tochter, sowie das von ihr geschaffene Volk der Rashar fügten einen gänzlich neuen Aspekt zu der neuen Freiheit hinzu, für die Alatar bis heute steht: Einigkeit, Kenntnis und Stärke. Bei ihrem ersten Erscheinen wies ihr Vater Ahamani an im Sinne des großen Ganzen die Einheit der Rassen unter ihren Gläubigen zu stärken und zu stützen. Sie selbst hielt ihre Gläubigen dazu an ihr Wissen zu mehren und zu differenzieren, anstatt andere Lehren schlicht zu verbieten oder für falsch zu deklarieren wie es bei den sogenannten „Lichtgläubigen“ durchaus üblich war. So ruhte in Ahamani bereits bei ihrer Erschaffung eine erhabene Reife, die aus den Erfahrungen ihres Vaters erwachsen war. Ihre Loyalität zu Alatar stand niemals in Frage.